Leibertingen gehört zu den besonders stark verschuldeten Gemeinden in Baden-Württemberg. Zwar ist der Schuldenstand seit einigen Jahren rückläufig, dennoch steht Leibertingen weiterhin mit rund 4,6 Millionen Euro in der Kreide. Bürgermeister Stephan Frickinger und der Gemeinderat wollen runter von den Schulden. Doch wie das geschehen soll, darüber sind offenbar einige Gemeinderäte uneins mit dem Bürgermeister – wie der Debatte im Gemeinderat um den Leibertinger Haushalt für das Jahr 2022 zu entnehmen war.

Planung in unsicheren Zeiten

Daniel Bahr, Mitarbeiter der Kämmerei Meßkirch, präsentierte das aktuelle Zahlenwerk dem Leibertinger Gemeinderat.
Daniel Bahr, Mitarbeiter der Kämmerei Meßkirch, präsentierte das aktuelle Zahlenwerk dem Leibertinger Gemeinderat. | Bild: Heinrich Sturm

Die Haushaltsplanung für das Jahr 2022 der Gemeinde Leibertingen basiert auf Steuerschätzungen des Landes Baden-Württemberg aus dem November 2021. Seit diesem Zeitpunkt hat sich die Weltlage wesentlich verändert. Von Normalität könne keine Rede sein, erklärte Daniel Bahr, der als Mitarbeiter der Kämmerei Meßkirch das aktuelle Zahlenwerk gegenüber dem Gemeinderat präsentierte. Der Haushalt stehe vor großen globalen Herausforderungen, wie die noch nicht ganz überwundene Corona-Pandemie und dem aktuellen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, sagte Bahr.

Zuwächse bei Einkommensteuer und Zuweisungen

Einkommensteuer und Schlüsselzuweisungen machen den größten Anteil an den Einnahmen der Gemeinde aus. Hier erwartet Bahr für 2022 hohe Mehreinnahmen. „Insbesondere der Einkommensteueranteil und die Schlüsselzuweisungen steigen gewaltig an“, sagte der Finanzexperte im Gemeinderat. Rund 1,4 Millionen Euro aus der Einkommensteuer sollen nach Bahrs Schätzungen 2022 in der Gemeindekasse landen. Bei den Schlüsselzuweisungen erwartet Bahr etwas mehr als 1,1 Millionen Euro. Insgesamt werden die Einnahmen aus Zuweisungen – inklusive jene für die Kindergärten – bei knapp 1,8 Millionen Euro liegen. An Steuern und Abgaben wird Leibertingen laut Planung rund 2,5 Millionen Euro erhalten. Bei der Gewerbesteuer plant Daniel Bahr „vorsichtig“. Im aktuellen Haushaltsjahr will die Gemeinde 600 000 Euro aus ihrem Anteil an der Gewerbesteuer einnehmen. Zum Vergleich: 2021 betrugen die Einkünfte der Gemeinde hier rund 880 000 Euro.

Investitionen von knapp 4,5 Millionen Euro

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Der Finanzhaushalt stellt in der doppischen Haushaltsführung dar, wie viel Geld für einzelne Investitionen die Gemeinde einplant sind. 4,5 Millionen Euro will Leibertingen in aktuelle und neue Projekte 2022 investieren. Zu den größten Posten gehören die Erschließung des ersten Abschnitts des Baugebiets „Kreenheinstetten West“ mit knapp 1,3 Millionen Euro, der Anbau an das Kinderhaus in Leibertingen mit etwas über 700 000 Euro sowie der Anschluss der Ortsteile Altheim und Thalheim an die Kläranlage in Meßkirch mit knapp 640 000 Euro. Für die Luftfilteranlagen für die Kinderhäuser sowie die Wildensteinschule sind etwas über 340 000 Euro veranschlagt. Für einen neuen Dorfplatz im Ortsteil Altheim sollen 320 000 Euro ausgegeben werden. Für den Umbau des Kinderhauses in Thalheim sind etwa mehr als 290 000 eingeplant. Die Finanzierung der genannten Projekte soll laut Planung hauptsächlich durch Fördermittel geschehen, aber auch durch den Verkauf von Baugrundstücken. Diese Einnahmen reichen aber nicht aus, um alle Projekte zu finanzieren, deshalb hat die Gemeinde dazu eine Kreditaufnahme von 500 000 Euro für 2022 vorgesehen. Finanzexperte Bahr rechnet damit, dass die Pandemie-Lage und der Krieg in der Ukraine in Bezug auf die Finanzplanung Leibertingens „zusätzlich Handlungsbedarf aufwerfen werden“. Er empfiehlt außerdem, dass „das Investitionstempo mit Augenmaß auf das Notwendige ausgerichtet sein sollte“.

Den Rotstift früher ansetzen

„Wenn die Verwaltung uns ankündigt, dass der Haushaltsplan 2023 vom Rotstift beherrscht wird, frage ich mich, warum wir das nicht ...
„Wenn die Verwaltung uns ankündigt, dass der Haushaltsplan 2023 vom Rotstift beherrscht wird, frage ich mich, warum wir das nicht schon 2022 machen und die schmerzhaften Streichungen auf zwei oder drei Jahre verteilen“, meinte Gemeinderat Guido Amann. | Bild: Heinrich Sturm

„Wenn die Verwaltung uns ankündigt, dass der Haushaltsplan 2023 vom Rotstift beherrscht wird, frage ich mich warum wir das nicht schon 2022 machen und die schmerzhaften Streichungen auf zwei oder drei Jahre verteilen“, brachte Gemeinderat Guido Amann in die Diskussion um den Haushalt ein. Es sei schwierig noch im laufenden Jahr den Rotstift anzusetzen, außerdem fehle noch die Eröffnungsbilanz um die gesamte Finanzsituation zu bewerten, meinte Bürgermeister Frickinger dagegen. Wir werden, wenn wir den Haushalt für nächstes Jahr aufstellen, den Rotstift ansetzen, versprach er.

„Wir trauen uns an Gebührenerhöhungen nicht ran“, sagte Gemeinderat Klaus Buck.
„Wir trauen uns an Gebührenerhöhungen nicht ran“, sagte Gemeinderat Klaus Buck. | Bild: Heinrich Sturm

Gemeinderat Klaus Buck bemerkte, dass neben Einsparungen bei den Investitionen auch die Einnahmeseite bedacht werden muss: „Wir trauen uns an Gebührenerhöhungen nicht ran“, sagte Buck. Er sprach sich dagegen aus, „weitere Haushalte mit neuen Schulden zu gestalten“ und wies darauf hin, dass er sich bei der heutigen Abstimmung zur Haushaltssatzung enthalten werde. Der Haushalt wurde am Ende der Beratung mehrheitlich vom Rat angenommen. Neben Gemeinderat Buck enthielt sich auch Gemeinderat Markus Bugge.