Gemeindereferentin Sybille Konstanzer

Als Jugendliche habe ich ein Gebetsbuch bekommen mit dem Titel: „Beten geht unter die Haut“. Eine Geschichte mit dem Titel „Der Drahtkorb“ hat mich damals schon angesprochen und begleitet mich bis heute. Sie lautet: „Ein junger Mann, der sich schon lange bemüht hatte, beten zu lernen und auch zu meditieren, stellte fest, dass einfach keine Erfahrung da war, die blieb. Er behielt nichts in den Händen zurück, es zerronn ihm alles wie Wasser zwischen den Fingern. Er war schon ganz verzweifelt und wollte damit aufhören, da hörte er von einem Weisen, der in der Wüste lebte. Und er machte sich auf den Weg, fand den Weisen und fragte ihn: „Du bist doch ein Meister im Gebet und Meditation, lehre mich so beten, dass für mich auch ein Erfolg dabei herauskommt.“ Und der Weise sagte zu ihm: „Siehst du den dreckigen Drahtkorb dort liegen? Nimm ihn und hole damit Wasser.“ Der junge Mann nahm den Drahtkorb, schöpfte am Brunnen Wasser und machte sich auf den Weg zurück zum Weisen. Doch bis er dort angekommen war, war alles Wasser aus dem Drahtkorb herausgelaufen. Der Weise forderte ihn erneut auf Wasser zu holen. Und er machte sich zum zweiten Mal auf den Weg, doch der Erfolg war genau derselbe.

Der Weise forderte ihn ein drittes Mal auf: „Geh und hol´ Wasser!“ Und das wiederholte sich noch einige Male, bis der junge Mann ungeduldig wurde und zu dem Weisen sagte: „Du siehst doch, mit dem Drahtkorb kann man kein Wasser holen, es läuft alles heraus.“ Da sagte der Weise: „Genauso ist es mit dem Gebet, du hast zwar kein Wasser zu mir gebracht, aber der Drahtkorb, der am Anfang dreckig war, ist jetzt sauber, und so verhält es sich auch beim Beten. Wenn du beim Gebet nicht die Erfahrung hast, etwas in den Händen zurückzubehalten, so hat dich doch das Beten und das Meditieren gereinigt.“

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Als Jugendliche habe ich die Geduld des jungen Mannes nicht verstanden. Es liegt doch logisch auf der Hand, dass das nicht funktioniert. Mutig, dass er es immer wieder versucht hat, bevor er seine Zweifel äußert. Heute, durch viele Erfahrungen reicher, habe ich verstanden, dass es nicht immer um den sichtbaren Erfolg geht, dass viele, auch schmerzhafte Erfahrungen, ihren „Sinn“ erst später erkennen lassen.

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Manches und aktuell das Durchleben der Pandemie zeigt uns, dass uns vieles wie Wasser in den Händen zerrinnt. Unser Planen, Überlegen, Organisieren und Nachdenken wird durch das Virus infrage gestellt, oft sind wir „leer“ und bleiben ohne erfolgreiche Perspektive auf uns gestellt. Mir persönlich hilft es, genau diese Situation im Gebet vor Gott zu bringen und ihn zu bitten, dass ich erkenne, was im Moment „Wesentlich“ ist. Vieles werden wir erst im Nachhinein erkennen, aber ich wünsche Ihnen allen, dass Ihr Gebet, mit dem, was Sie gerade brauchen „unter die Haut geht“, und Sie immer mehr erkennen, was Gott in Sie hineingelegt hat.