Rund 30 Personen sind der Einladung von Pfarrer Uwe Reich-Kunkel gefolgt, sich im Paul-Gerhardt-Saal der evangelischen Kirchengemeinde Meßkirch zu treffen, um sich über die mögliche Einrichtung einer Vesperkirche zu informieren. Denn die Evangelische Kirchengemeinde möchte zum Herbst/Winter 2023 oder zum Frühjahr 2024 eine Vesperkirche organisieren. Bei dieser Aktion soll es für mehrere Tage kostenfreies Essen und vieles mehr im Paul-Gerhardt-Saal für jedermann geben. Wie Pfarrer Reich-Kunkel sagte, soll die Vesperkirche in ökumenischer Zusammenarbeit vorbereitet und durchgeführt werden.

Gut besucht war der Infoabend im Paul-Gerhardt-Saal der evangelischen Kirchengemeinde Meßkirch. Vanessa Lang, Referentin für ...
Gut besucht war der Infoabend im Paul-Gerhardt-Saal der evangelischen Kirchengemeinde Meßkirch. Vanessa Lang, Referentin für Armutsdiakonie und Ehrenamt, berichtete über ihre Erfahrungen mit der Vesperkirche anderswo und den Aufbau einer solchen in Meßkirch. | Bild: Susanne Grimm

Alle Glaubensrichtungen seien hierbei eingeladen, mitzumachen, aber auch Menschen, „die mit Kirche nicht viel am Hut haben, aber sozial tätig sein wollen“, so der Pfarrer. „Nur mit vielen Händen kann so ein Projekt gestemmt werden“. Die Aussage des Geistlichen unterstrich Vanessa Lang, Referentin für Armutsdiakonie und Ehrenamt von den Zieglerischen, die über die Erfahrungen mit dieser Aktion in Sigmaringen und Ravensburg berichtete. Eine Vesperkirche sei viel mehr als eine Suppenküche. Hier sollen Menschen nicht einfach verköstigt werden, sondern mit gutem Essen in gepflegter Umgebung und ohne Wertung ihrer Herkunft oder ihres Status Wertschätzung erfahren.

Dazu können je nach Verfügbarkeit auch zusätzliche Angebote gemacht werden, wie zum Beispiel Beratungen in sozialen oder medizinischen Angelegenheiten. Auch „Barber-Angels“, wie Friseure, die in der Vesperkirchenzeit ehrenamtlich ihre Dienste zur Verfügung stellen, können auf ihre Art dazu beitragen, dass Menschen, deren Etat ein regelmäßiger Haarschnitt nicht zulässt, sich besser fühlen. Vanessa Lang berichtete von einem Besucher einer Vesperkirche. „Das macht was mit einem Menschen“, betonte die Referentin, die in ihrem Berufsfeld viel mit Armut zu tun hat.

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An diesem Informationsabend zeigte sie in einer Präsentation, was alles dazugehört, eine Vesperkirche zu organisieren, aber auch, wie die Idee dazu zustande kam. Martin Friz hieß der Mann, der 1994 in Stuttgart die Initiative dazu ergriff, „Menschen zusammenzubringen, die sich sonst nie begegnen würden“. Seine Fragestellung „was eignet sich am Besten, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen“, beantwortete sich fast von selbst: „Beim gemeinsamen Essen“. Dazu an einem Ort, der neutral ist, friedlich stimmt und sozial eingestellt ist, also Kirchen.

Die Idee der Vesperkirche verbreite sich derweil über Baden-Württemberg hinaus, wobei in anderen Bundesländern der Begriff „Vesper“ erst einmal erklärt werden musste, so Lang schmunzelnd. Einmal begonnen, ziehe die Vesperkirche weite Kreise. Lang erzählte von der Vesperkirche in Sigmaringen, erstmals 2021 veranstaltet, bei der jeden Tag mehr Essen geordert werden mussten. „Wir haben mit 80 Essen angefangen, schlussendlich waren es 170, die nachgefragt worden sind“.

Bis es in Meßkirch soweit ist, wird es noch eine Weile dauern, denn neben den Anwesenden, darunter Karin Lehmann von der Caritas-Sozialberatung, Sabine Schleinitz von der Stadt Meßkirch, Thomas Haueisen, katholischer Gemeindereferent für Sauldorf-Meßkirch, Armin Seifried vom Meßkircher Roten Kreuz und andere, die diese Aktion unterstützen wollen, braucht es noch mehr helfende Hände, Sponsoren und Spender, soll dieses Unterfangen erfolgreich werden.

„Das finde ich richtig toll“, zeigte sich Ulrike Löffler aus Rengetsweiler begeistert. Die vierfache Mutter hatte die Vesperkirche schon einmal in Pfullendorf erlebt, was sie tief beeindruckt und als sinnvoll erlebt hat. Aus den Reihen der Gäste kamen viele Vorschläge, was angeboten werden könnten, doch Pfarrer Reich-Kunkel holte sie an den Anfang zurück, „in dem wir uns gerade erst befinden“. Ein Organisationsteam muss gegründet, weitere Ehrenamtliche gefunden, Sponsoren gesucht, monetäre und dienstleistende Spender akquiriert, Dienst- und Einsatzpläne sowie Netzwerke erstellt, Hygieneschulungen für die Helfer installiert und vieles weitere auf die Beine gestellt werden. „Wir brauchen jede helfende Hand, auch wenn es nur stundenweise ist“, rief der Pfarrer alle Meßkircher zur Hilfe auf. Jeder solle in seinem Umfeld Werbung machen, dennoch müsse auch professionelle Hilfe genutzt werden, beispielsweise um Plakate und Flyer zu drucken.

Breite Schichten der Bevölkerung sollen sich durch die Vesperkirche angesprochen fühlen, nicht nur die am unteren Ende der Einkommenskette. „Es soll ein buntes Miteinander aller Gesellschaftsgruppen sein, dass sich hier nicht nur zum Mithelfen, auch zum gemeinsamen Essen und zu Gesprächen trifft“, so der Pfarrer. „Auch die Politik hat hier die Möglichkeit, mit allen Wählerschichten in Kontakt zu kommen“ – allerdings nur außerhalb von Wahlkampfzeiten.