Die gebürtige Ukrainerin Oksana Makovetska (31) unterrichtet seit Ende Juni aus ihrem Heimatland geflüchtete Kinder im Grundschulalter an der Meßkircher Conradin-Kreutzer-Schule. Montags, mittwochs und freitags bringt sie den ukrainischen Kindern in einer Vorbereitungsklasse die deutsche Sprache bei. Dabei arbeitet sie mit Nadine Knaus zusammen, die sich bereits seit vier Jahren an der Conradin-Kreutzer-Schule um Kinder kümmert, die eine sprachliche Förderung benötigen, um in ihren Klassenstufen mithalten zu können.
Für Rektorin Gabriele Weiß ist es „Gold wert“, dass es gelungen sei, Oksana Makovetska einzustellen. Gabriele Weiß ist voll des Lobes über das Engagement der Ukrainerin, die neben ihrer Muttersprache auch russisch, deutsch und englisch spricht. Die 31-Jährige habe bis jetzt sehr wertvolle Dienste in der Schule geleistet, als es etwa darum gegangen sei, Briefe an die Eltern der Flüchtlingskinder zu übersetzen, sagte Weiß gegenüber dem SÜDKURIER. Wobei der bürokratische Weg bis zu ihrer Einstellung nicht so einfach gewesen sei, wie sich dies zunächst dargestellt habe, so die Rektorin. Beim nötigen Papierkram habe Makovetska viel geholfen, da sie die nötigen Dokumente schnell bereitstellen konnte.
Verlängerung des Arbeitsvertrags geplant
Der aktuelle Arbeitsvertrag der 31-jährigen Ukrainerin ist bis zum Ende des Schuljahrs befristet. Es geht Oksana Makovetska wie deutschen Lehrkräften in Baden-Württemberg mit ähnlichen Verträgen, die während den Sommerferien vom Land nicht beschäftigt werden. Die Rektorin der Conradin-Kreutzer-Schule hat aber bereits einen Antrag für das kommende Schuljahr gestellt. Denn Gabriele Weiß geht davon aus, dass die Zahl der ukrainischen Kinder relativ stabil bleiben wird. Zudem sollen an der Meßkircher Grundschule auch in Nachbargemeinden wie Wald oder Sauldorf lebende ukrainische Flüchtlingskinder betreut werden. Die für Grundschüler ansonsten üblichen und bindenden Schulbezirke werden in diesem Fall aufgehoben. Für die Rektorin ist klar, dass die Unterstützung des Lehrerkollegiums durch die 31-jährige Ukrainerin dringend nötig ist, auch um den Flüchtlingskindern gerecht zu werden. Als die ersten Flüchtlingskinder nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine in der Kreutzer-Schule aufgenommen wurden, stemmten die Lehrkräfte diese neue Aufgabe zunächst alleine. Dass jetzt Oksana Makovetska eingestellt werden konnte, sei ein Glücksfall für die Schule, sagte die Rektorin gegenüber dieser Zeitung.
Für Nadine Knaus wäre es ideal, wenn Oksana Makovetska nicht nur wie bisher dreimal in der Woche für insgesamt neun Stunden vormittags unterrichtet, sondern jeden Vormittag da ist. Die 31-Jährige, die in der Domizil Wohnbau GmbH in Illmensee beschäftigt ist, kann sich vorstellen, halbtags in der Meßkircher Kreutzer-Schule zu arbeiten, wie sie während unseres Besuchs in einer Unterrichtsstunde gegenüber dieser Zeitung sagte. Die Arbeit mit den Kindern mache ihr viel Freude. Inzwischen hat sie in Igelswies eine Wohnung gefunden. Der Kontakt zu Rektorin Weiß kam über die achtjährige Tochter der Ukrainerin zustande, denn diese besucht auch die Kreutzer-Schule. Wie Oksana Makovetska erzählte, unterrichtet ihre Mutter seit 35 Jahren in der Schule in ihrem Heimatdorf Cherche in der Westukraine. Die 31-Jährige hat dort auch erste Erfahrungen im Unterricht sammeln können. An der Uni in Kiew hat sie Philologie studiert. Cherche liegt in der Grenzregion zu Polen und Belarus.
Krieg ist kaum ein Thema im Unterricht
Der Krieg in der Ukraine sei während des Unterrichts unter den Flüchtlingskindern kaum ein Thema, berichten Nadine Knaus und Oksana Makovetska. Allerdings berichtete erst kürzlich ein Mädchen, das aus der noch vor Kurzem heftig umkämpften Stadt Mariupol stammt, spontan im Unterricht von Bombenangriffen auf diese Stadt. Es sei für die Kinder wichtig, dass sie sich in der Schule wohlfühlen und einen geschützten Raum erleben könnten, schilderte Nadine Knaus, als wir die ukrainische Klasse besuchen. Es gehe auch darum, lebenspraktische Dinge zu lernen, wie etwa die deutschen Bezeichnungen für Lebensmittel. Daneben sei es auch wichtig, dass die Kinder Kontakt zu anderen Schülern bekommen. Dazu trage auch der Sportunterricht bei – Nadine Knaus bietet beispielsweise auch eine Schwimm-AG an. Wenn sie über ihre Arbeit an der Conradin-Kreutzer-Schule berichtet, ist ihr die Freude daran anzumerken. Sie sagt auch: „Ich kann auch immer wieder etwas von den Kindern lernen.“
Dank der Unterstützung durch ihre ukrainische Kollegin, sei es möglich gewesen, die Vorbereitungsklasse so aufzuteilen, dass die ukrainischen Flüchtlingskinder an drei Tagen in der Schulwoche unter sich sein können. Auf spielerischem Weg, etwa mit einem Memory-Spiel, würden die Kinder mit der deutschen Sprache vertraut gemacht. Das Erlernen der Sprache steht nicht immer an erster Stelle, oft ginge es auch darum, dass die Grundschüler begreifen lernen, wie es in einer deutschen Schule zugeht.
Aktuelle Lage in der Stadt
Zurzeit leben 117 Flüchtlinge aus der Ukraine in Meßkirch, sagte Hauptamtsleiter Matthias Henle am Donnerstag auf Anfrage dieser Zeitung. Einige hätten Meßkirch bereits wieder verlassen, andere seien neu gekommen, sodass die Zahl etwa stabil bleibe. Immer mal wieder seien nötige Wohnungswechsel sein Thema, schilderte Henle. Es gebe zwar wenige, aber immer noch Wohnangebote, die bei der Stadt eingingen.
Ukrainischer Flüchtling verstorben
Nur wenige Wochen nach seiner Flucht starb kurz vor seinem 61. Geburtstag der Ukrainer Hennadiin Bekker in Meßkirch. Er war von Beruf Lokomotivführer und bereits verrentet. Seine Frau, seine Tochter und zwei Enkelkinder waren schon seit April in einer Flüchtlingsunterkunft in Meßkirch untergebracht. Einige Wochen später kam auch er aus Dnipro nach Meßkirch. Seine beiden erwachsenen Söhne sind in der Ukraine geblieben. Bekker starb nach einem plötzlichen Schlaganfall. Beigesetzt wurde er am Dienstag auf dem Meßkircher Friedhof, begleitet von einem achtköpfigen Männerchor der Freien Evangeliums-Christengemeinde.
Neue Spendenaktion für die Ukraine
Thomas Nuding, Unternehmer und Stadtrat der Freien Wähler in Meßkirch, wirbt für weitere Spenden für einen erneuten Transport in die Ukraine. Die gespendeten Artikel sollen über bestehende Kontakt mit einem erneuten Hilfstransport in das vom Krieg gebeutelte Land gefahren werden, sagte er dem SÜDKURIER.
- Das ist gefragt: Spenden für einen solchen Transport können im Meßkircher Kleiderlager neben dem Optikgeschäft Sauter abgegeben werden. Das Lager ist mittwochs und freitags von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Nach den Angaben von Nuding sind folgende Artikel gefragt: Bettwäsche wie Kissenbezüge und Matrazenschoner, aber keine Bettdecken, Wolldecken, Handtücher, Hygieneartikel wie Seifen, Zahnpasta, Shampoo, Zahnbürsten, Deos, Windeln für Kinder, Sommerkleidung (auch große Größen) für Männer und Frauen, Unterwäsche, Socken, Kinderkleidung in den Größen 120 bis 154, Hüte, Wasserkocher, Fahrradzubehör, Schreibblöcke, Brettspiele, Tiernahrung für Hunde und Katzen. Die gespendeten Sachen sollten am besten in Kartons verpackt abgegeben werden.
- Kontakte bestehen: Die Spenden sollen, so Nuding gegenüber dieser Zeitung, über die bereits bestehenden Kontakte der in Pfullendorf lebenden Angela Klug in die Ukraine transportiert werden. Angela Klug hat seit Kriegsausbruch Hilfstransporte aus der Region in die Ukraine maßgeblich organisiert. Sie wurde unter anderem von der evangelischen Diakonie Überlingen/Pfullendorf unterstützt. Über die Kontakte von Angela Klug wurde jüngst auch ein Fahrzeug der Meßkircher Feuerwehr nach Kiew gebracht. Ein Foto belegt, dass das Einsatzfahrzeug dort ankam und von der dortigen Feuerwehr genutzt wird.