Mit einer bemerkenswerten Sonderausstellung mit Szenentheater und sehr amüsanter Modenschau hat das Freilichtmuseum das 100-jährige Bestehen des Kaufhauses Pfeiffer aus Stetten am kalten Markt gefeiert. Den musikalischen Auftakt hierzu machte die Feuerwehrkapelle Stetten a.k.M. unter der Leitung von Tobias Liedtke mit einem mitreißenden Konzert in der Veranstaltungshalle des Museums, dem Schafstall von 1881 aus Obernheim. Das Konzert des Stettener Orchesters hätte eigentlich vor dem Kaufhaus Pfeiffer stattfinden sollen, doch der Guss aus den Wolken verbannte die Festgesellschaft, zum Großteil Stettener Bürger, in den Schafstall.

Riesentorte von der Ochsenwirtin

Freche Lästermäuler behaupteten augenzwinkernd, dass in Anlehnung an die in der Heuberggemeinde ansässige Bockzunft die Stettener Böcke im Schafstall nun die artgerechte Bleibe gefunden hätten. Bestens gelaunt erfreuten sich die Gäste an der festlich geschmückten Halle und der riesigen, gut zweieinhalb Meter langen Geburtstagstorte mit der Aufschrift „100 Jahre Kaufhaus Pfeiffer“. Gebacken hatte diese die neue Wirtin der Museumsgaststätte „Ochsen“, Svitlana Smolyak. Angeschnitten und verteilt wurde sie von Tuttlingens Landrat Stephan Bär und Stettens Bürgermeister Maik Lehn.

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Gefühlt halb Stetten vor Ort

Das Museum stellte bei einer Feier mit vielen Höhepunkten das 100-jährige Jubiläum in den Mittelpunkt der diesjährigen Museumssaison, denn das Kaufhaus ist nach Aussagen des Museumsleiters Jochen Schicht „das Sahnestück“ des Museums, das noch viele Schätze birgt. Bei der Feier dabei war gefühlt halb Stetten, denn für die älteren Bürger der Heuberggemeinde war das Kaufhaus Pfeiffer eine Institution – ein Laden, in dem man so gut wie alles bekommen konnte. Und war etwas nicht vorhanden, Franz Pfeiffer wusste es immer zu beschaffen. Zwar war Franz Pfeiffer zeitlebens ein Einzelgänger, war ledig und lebte sehr sparsam, doch er hatte Verwandtschaft. Mit Neffe Friedrich Pfeiffer – der übrigens im Wohntrakt des Kaufhauses geboren wurde – und Ehefrau Uta, deren Sohn Steffen Pfeiffer und weiteren Familienmitgliedern waren enge Nachfahren von Franz beim Jubelfest anwesend.

Fast wie echt steht Franz Pfeiffer zwischen seinem Neffen Fritz und dessen Frau Uta.
Fast wie echt steht Franz Pfeiffer zwischen seinem Neffen Fritz und dessen Frau Uta. | Bild: Susanne Grimm

Mitreißende Modenschau

Wie das Publikum verfolgten auch sie die perfekt vorbereitete Modenschau, bei der Laienmodelle die im Kaufhaus über Jahrzehnte verwahrte Mode vorführten, moderiert übrigens vom Museumsleiter persönlich. Unter den Klängen der jeweiligen Musikrichtungen des vergangenen Jahrhunderts präsentierten die Mannequins mit sichtlicher Freude die Kleidungsstile der 1950er- bis hinein in die 1990er-Jahre.

Mit einer hinreißenden Modenschau mit Kleidung aus dem damaligen Kaufhaus begeisterte das Museumsteam die Besucher.
Mit einer hinreißenden Modenschau mit Kleidung aus dem damaligen Kaufhaus begeisterte das Museumsteam die Besucher. | Bild: Susanne Grimm

Eine gute Partie

Eine Seniorentheatergruppe hatte zuvor Szenen nachgespielt, die sich einst in Stetten a.k.M. so oder ähnlich ereignet haben dürften. Denn der ledige Franz Pfeiffer wäre mit seinem Kaufhaus eine gute Partie gewesen, um den sich zu streiten gelohnt hätte. Das Buhlen um den begehrten Junggesellen haben die Damen der Theatergruppe in rustikaler Mundart trefflich dargestellt.

Hemd für den Sarg

Die anschließende Begehung des Kaufhauses offenbarte auch für Kenner des Objekts immer wieder Neues. So ließ unter anderem ein unscheinbarer Karton innehalten, auf dem ein Pack Papier zu liegen schien. Doch die Aufschrift auf dem Karton offenbarte, dass es sich um Totenhemden aus Papier handelte, denn, so die Aufschrift weiter, da Kleidung kostbar und teuer war, sollte diese weiter benutzt und nicht mit dem Toten begraben werden. Wie so vieles wies auch dies darauf hin, wie karg das Leben der Landbevölkerung auf dem Heuberg damals gewesen war. Es wurde nichts verschwendet und, wenn möglich, alles wiederverwertet. Der sprichwörtliche Geiz der Schwaben hatte seinen berechtigten Grund – Franz Pfeiffer war dafür das lebende Beispiel. Auch er warf nichts weg, machte nie einen Ausverkauf – „Gott sei Dank“, sagte Jochen Schicht, „Franz Pfeiffer und sein Kaufhaus ist für uns ein echter Glücksfall!“

Der letzte Gang – Totenhemd aus Papier, ein Fund im Kaufhaus Pfeiffer.
Der letzte Gang – Totenhemd aus Papier, ein Fund im Kaufhaus Pfeiffer. | Bild: Susanne Grimm