Falko Hahn

In zweimal 90 Minuten haben am Samstag 50 Besucher aus Pfullendorf die Jahrhunderte ihrer Stadt durchschritten. Stadtbaumeister Jörg-Steffen Peter und Viola Tagscherer vom Konstanzer Architekturbüro Schaudt hatten zum Tag der Städtebauförderung eingeladen, um über die umfassende Umbau- und Sanierungsmaßnahme des ehemaligen Dominikanerinnenklosters mit dem Johnerhaus zu informieren. In fünf Jahren, so die Planung, wird es auch als modernisiertes Verwaltungsgebäude dastehen, wenn die Stadtverwaltung dort wieder einige Räume bezieht.

Das Johnerhaus ist nach dem Pfullendorfer Ratsherrn Christian Johner benannt. Seit 1521 schaut das Ensemble mit fünf Stockwerken gegen die Unterstadt und mit zweien gegen die Pfarrkirche St. Jakobus. "Das Gebäude steht seit vier Jahren in einer vollständigen Sanierung, vom Entwurf bis zur Ausschreibung und Bauleitung mit Abstimmung des Stuttgarter Landesamtes für Denkmalpflege", so Stadtbaumeister Peter. Das Konstanzer Architekturbüro sei im Rahmen einer Machbarkeitsstudie mit der Sanierung beauftragt worden. Als Schauobjekt, so Peter, werde zum Bauende 2020 talseitig ein gläserner Aufzug vorgebaut. "Die Planung sieht als Nutzen für alle in der Stadt einen Durchgang in die Oberstadt vor", erklärt der Stadtbaumeister.

Zu Beginn hatte die Berechnung der Hausstatik gestanden. Was die Beteiligten fast entmutigte: Das Gebäude drohte, in sich zusammenzufallen. Das Personalamt der Verwaltung und Vereine mussten ausziehen. Ein moderner Neubau sei nie zur Debatte gestanden, dem hätte auch das Denkmalamt niemals zugestimmt. Plötzlich stand die Finanzierung infrage, denn "die Stadt hatte im Anwenden der Städtebauförderung zu lange den Atem angehalten, was sich dann zum Glücksfall wendete", erzählte Peter. Bund und Land mit dem Regierungspräsidium sprangen ein. Öde gewordene Innenstädte sollten wieder bürgernah werden.

Die Besucher besichtigten einen Raum in dem entkernten Gebäude, aus dem rund 80 Tonnen Material eimerweise entfernt worden waren. Das Alter der vorhandenen Holzteile des Klosters sei in einer dendrochronologischen Untersuchung auf das Jahr 1686 und des Johnerhauses auf 1728 bestimmt worden. Besucherin Marianne Schweikart erzählte, das Gebäude habe nicht nur geistliches Leben beherbergt. Von 1945 bis 1963 hätte es hier eine bürgerliche Variante gegeben: Im ersten Stockwerk hatten damals ihre Schwiegereltern gewohnt, hier habe sie mit ihrem Mann Josef die Taufe der drei Kinder gefeiert. Der Schwiegervater sei Dirigent der Stadtmusik gewesen. Im Erdgeschoss habe das Büro des Architekten Arno Hartmann gelegen, dazu die Wohnungen des Lehrers Riester und von Frau Bischof.

Hangseitig auf dem Molassefelsen der alten Burg erbaut, drückte Feuchtigkeit in die Mauern, was zu Setzungen führte. In der Sicherungsphase, berichtete Viola Tagscherer, habe das Wasser neue Wege bis in den Keller eines Hauses in der Hauptstraße gesucht. Über Wochen wurde das unter "wahnsinnig vielen Lasten ruhende Gebäude", so Stadtbaumeister Peter, hydraulisch um 34 Zentimeter angehoben. Einzelne Sparren mussten ersetzt oder angekeilt werden. Dazu kam der Hausschwamm. Zur Haus- und Stockwerksicherung wurden Stahlträger eingebaut, wovon das Denkmalamt überzeugt werden musste. Holzstützen wurden mit dicken Sattelhölzern aus Eiche versehen, welche die enormen Einzellasten lotrecht im Gebäude nach unten führen.

Kosten und Gelder

Im Rahmen der Städtebauförderung des Landes und des Bundes bekommt die Stadt Pfullendorf für das Sanierungsobjekt Dominikanerinnenkloster weitere Fördergelder in Höhe von 800 000 Euro. Die vorgesehenen Gesamtkosten belaufen sich auf zirka 5,5 Millionen Euro, nach vorläufiger Kostenschätzung des Architekturbüros Schaudt aus Konstanz. (fah)