Dass Kiesabbau und Juristerei ein kongeniales Paar bilden, das wird den Mitgliedern der „Bürgerinitiative Lebenswertes Göggingen und Umgebung“ immer mehr klar. Die BI um den Vorsitzenden Rainer Ohnmacht wehrt sich seit Jahren gegen die Erweiterungspläne der Kiesfirmen, die in Göggingen weitere 38 Hektar Fläche abbauen wollen. Konkret wollen die Unternehmen Valet & Ott und Baur, die seit Jahren auf der Gemarkung in großem Stil Kies abbauen, nun im Offenlandabbau den Rohstoff ausbeuten.

Ministerpräsident um Unterstützung gebeten

Vom Landratsamt Sigmaringen als Genehmigungsbehörde kam vor einem halben Jahr die Einwilligung, wobei die Bürgerinitiative gegen diese Verwaltungsentscheidung frist- und formgerecht Widerspruch einlegte. Zuvor hatte sich die BI öffentlichkeitswirksam in einem Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann gewandt, der bekanntlich wenige Kilometer entfernt in Laiz wohnt, und ihn eindringlich um Unterstützung in ihrem Kampf gegen die Zerstörung seiner mittelbaren Heimat gebeten.

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Bislang gab es vom Regierungschef noch keine Antwort, allerdings einen Anruf von Ulrich Arndt, Leiter der Stabsstelle der Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung. Fast eine Dreiviertelstunde sprach Ohnmacht mit dem Ministerialbeamten und erläuterte diesem, was die BI und ihre Mitglieder so umtreibt. Letztlich machte der Stabstellenleiter klar, dass sich Kretschmann keinesfalls persönlich einmischen werde und der BI bleibe immer noch der Klageweg, so Ohnmacht gegenüber dem SÜDKURIER.

„Bürgerinitiative ist keine vom Bund anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigung“

Entsetzt sind die Mitglieder BI, als sie vom Landratsamt den Bescheid erhielten, dass ihr Widerspruch quasi keine Bedeutung hat. Gefahndet wird bei der BI auch nach einem Schreiben des Landratsamtes, in dem den Gögginger mitgeteilt worden sei, dass ihrem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne und deshalb dem Regierungspräsidium Tübingen vorgelegt werden soll. Nach Angaben von Rainer Ohmacht hat kein BI-Mitglied dieses Schreiben erhalten. Deshalb haben die Gögginger um die Jahreswende sich schriftlich an Landrätin Stefanie Bürkle gewandt, auch um ihre Fassungslosigkeit über die Argumentation der Behörde bezüglich ihres Einspruches deutlich zu machen. Demnach verneint das Landratsamt die Zulässigkeit des Widerspruchs, denn der BI fehle es an der sogenannten Widerspruchsbefugnis: „Unseres Erachtens ist der Widerspruch bereits unzulässig, da es sich beim Verein Lebenswertes Göggingen und Umgebung nicht um eine vom Bund anerkannte Umwelt- und Naturschutzvereinigigung im Sinne von Paragraf 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz handelt.“

Der Kiesabbau in Otterswang.
Der Kiesabbau in Otterswang. | Bild: Volk, Siegfried

„Umgang der Behörde mit der BI trifft die Menschen sehr“

Dass die Politik lauthals Bürgerbeteiligung postuliere und die BI immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass man ja Widerspruch gegen Entscheidungen einlegen könne, und jetzt werde das Widerspruchsrecht negiert, empört die Mitglieder. „Wenn wir scheinbar kein Widerspruchsbefugnis haben, warum wird der Widerspruch dennoch an das Regierungspräsidium weitergeleitet?“, fragt Ohnmacht in seinem Brief an Landrätin Bürkle. Der Umgang der Behörde mit der BI treffe die Menschen sehr, appellieren die Briefeschreiber an die Kreischefin, die im Schreiben enthaltenen Fragen nicht zu ignorieren, sondern „durch ihr Eingreifen zur Klärung beizutragen und uns darüber zu informieren“.

Regionalplan wird vier Wochen ausgelegt

Bezüglich der Abbaupläne in Göggingen treibt BI-Chef Rainer Ohnmacht und seine Mitstreiter eine andere Idee um. Sie schlagen vor, die geplanten 39 Hektar Fläche in Göggingen im neuen Regionalplan zu streichen und stattdessen jene 75 Hektar Fläche aufnehmen, die im Ostracher Abbaugebiet „Wagenhart“ als Erweiterungsgelände geplant und unstrittig sind. „Dafür müsste eine weitere Verbandsversammlung stattfinden“, weiß Ohnmacht. Zwischen 25. Januar und 26. Februar findet zunächst die zweite Auslegung des Regionalplanes statt. „Hier werden wir selbstverständlich auch eine Eingabe machen“, kündigt Ohmacht namens der BI an und mutmaßt vorab, dass womöglich ein Paragraph aus dem Hut gezaubert werde, der eine solche Eingabe als unberechtigt einstuft.

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Politische Vertreter schalten sich ein

Die BI versucht auf allen politischen Ebenen, die Kiesabbaupläne zu stoppen. So informierte sich die grüne Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden in Vertretung des Ministerpräsidenten bei einem Vororttermin über die Sachlage und hatte sich dann an das Regierungspräsidium Tübingen mit der Bitte gewandt, doch eine Stellungnahme zur Abbaugenehmigung des Landratsamtes abzugeben.

Gemeinde will ihre Wege auf geplanter Abbaufläche nicht verkaufen

Mit dem CDU-Abgeordneten Klaus Burger führten die BI-Vertreter kurz vor Weihnachten ein Gespräch im Rathaus Krauchenwies mit Bürgermeister Jochen Spieß. Denn der Kommune kommt bei den Abbauplänen eine Schlüsselrolle zu. Auf der Fläche gibt es einige Gemeindeverbindungswege und schon vor Jahren hat der Gemeinderat entschieden, diese Wege nicht an die Kiesfirmen zu veräußern. Nach Überzeugung der BI ist damit ein Kiesabbau hinfällig. Sie verweist auf Vorgaben des Regierungspräsidiums beziehungsweise des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben, wonach ein „Wannenbau“ verboten ist, der unumgänglich wäre, wenn die Wege erhalten blieben und man links und rechts davon tiefe Gruben hätte.