Bei der Hauptversammlung des Vereins konstatierte Vorsitzender Rainer Ohmacht in seinem Rechenschaftsbericht: „Wir befinden uns in einer sehr kritischen Phase in Bezug auf die Abbaupläne der kiesabbauenden Unternehmen in unserem Offenland.“
„Keine guten Erfahrungen mit der frühzeitigen Bürgerbeteiligung“
Nahezu seit sechs Jahrzehnten lebten die Gögginger mit dem Kiesabbau, aber als die neuen Abbaupläne vor einem Jahrzehnt bekannt wurden, zogen die Bürger die Reißleine, gründeten eine Bürgerinitiative und hatten dabei stets die Gemeinde Krauchenwies mit Bürgermeister Jochen Spieß an der Seite. Als „Modellprojekt“ für die frühzeitige Information und Einbeziehung der Bürgerschaft wurde das Vorhaben bezeichnet, allein mit der so genannten Bürgerbeteiligung habe man keine guten Erfahrungen gemacht, erinnerte BI-Vorsitzender Ohmacht bei der Hauptversammlung an den Beginn des Widerstandes, der sich in der Gründung der „Interessengemeinschaft gegen weitere Kiesabbauflächen“ in Göggingen und 2012 in der Vereinsgründung „Lebenswertes Göggingen und Umgebung“ manifestierte.
Ziel: „Kein Kiesabbau im Offenland!“
Bei einer Unterschriftensammlung im April/Mai 2011 hatten fast zwei Drittel der Bevölkerung sich gegen einen weiteren Kiesabbau ausgesprochen. Dann wurden Workshops veranstaltet, Bürgerforen abgehalten, stets unter reger Beteiligung der Bevölkerung und dem Ziel: „Kein Kiesabbau im Offenland.“ Es gab Besprechungen, Diskussionsrunden mit Behörden- und Firmenvertretern und Planern sowie öffentliche Informationsveranstaltungen, wobei es keine Annäherung zwischen den Kontrahenten gab. Der Planungsausschuss des Regionalverbandes Bodensee-Oberschwaben hatte 2014 nach einer Besichtigungstour den Offenabbau gleichfalls abgelehnt.
BI prangerte vermeintliche Doppelstrategie der Kiesfirma an
Besonders erbost sind die BI-Mitglieder nach Angaben ihres Vorsitzenden über die vermeintliche Doppelstrategie der Firma Baur, die stets beteuerte, dass ihr Kiesvorkommen in Ettwisweiler, das die Firma seit vielen Jahren ausbeutet, erschöpft sei und man aus wirtschaftlichen Gründen das neue Abbaugebiet in Göggingen benötige. Jetzt soll in Ettisweiler aber weitere acht Jahre Kies gefördert werden, wobei die Raumordnung als Ziel formuliert, dass erst bestehende Flächen komplett ausgebeutet werden müssen, bevor neue Abbaugebiete erschlossen werden dürfen. „Wir haben das Gefühl, dass wir, von vorne bis hinten belogen werden, und bis heute mit falschen Karten gespielt wird. Jedes Vertrauen wird mit Füßen getreten“, resümiert Ohmacht.
„Wannenabbau widerspricht der Raumordung“
In der raumordnerischen Beurteilung von 2016 wird nach seinen Angaben auch mehrfach auf die Bedeutung der Feldwege auf dem Abbaugelände hingewiesen. Wenn Feldwege, beziehungsweise die Kiesvorkommen unter den Feldwegen für den Abbau nicht zur Verfügung stehen, wäre ein zusammenhängender Abbau nicht möglich. Die Wege würden quasi auf Dämmen verlaufen, an die sich rechts und links die Abbaugruben anschließen, und ein solcher „Wannenabbau“ widerspricht der Raumordnung, urteilt die BI.
Krauchenwies wird gemeindeigene Feldwege auf dem Areal nicht verkaufen
Schon 2011 hat der Gemeinderat Krauchenwies entschieden, die kommunalen Wege, die im Interessengebiet liegen, nicht zu verkaufen. Dies hat Bürgermeister Jochen Spieß in einem Brief an das Landratsamt Sigmaringen Ende Juni jetzt nochmals klar gemacht. In dem Schreiben zeigt sich der Rathauschef entsetzt und entrüstet über ein vorheriges Schreiben der Genehmigungsbehörde, dass sie die Abbaupläne der Kiesfirmen billigen wird. Den positiven Bescheid sollen die Unternehmen nach Angaben der Bürgerinitiative nach den Sommerferien bekommen. Dass sich Krauchenwies dem Kiesabbau nicht generell verwehrt, zeigt der Umstand, dass man in Ettisweiler der Firma gemeindeeigene Feldwege verkaufte.
„Wurde die Beurteilung in Absprache mit den Firmen hinter den Kulissen geändert?“
Bürgermeister Spieß fragt sich in seinem Antwortschreiben, ob die raumordnerische Beurteilung für Göggingen im Jahr 2020 zugunsten der Firmen und zu Lasten der Einwohner an allen vorbei in Absprachen mit den Firmen hinter den Kulissen geändert wurde? „Für einen Abbau, der beim ersten Feldweg stoppt, liegt weder ein Abbaukonzept noch ein Rekultivierungskonzept vor. Sagen Sie bitte nicht, dass man das dann später nacharbeiten muss“, formuliert Spieß. Bei der Hauptversammlung der Bürgerinitiative „Lebenswertes Göggingen und Umgebung“ bestätigte der Bürgermeister, dass BI und Gemeinde stets offen, konstruktiv und sachorientiert zusammengearbeitet hätten und man sich weiter gemeinsam gegen die Kiesabbaupläne wehre.
Vorhaben und Raumordnung
Auszüge aus dem Schreiben des Landkreis Sigmaringen „Umwelt und Arbeitsschutz“ an die Gemeinde Krauchenwies wegen der geplanten Kiesabbauerweiterung der Firmen Valet u. Ott GmbH & Co.KG & Martin Baur GmbH auf der Gemarkung Göggingen.
Grundsätzlich ist nach Meinung der Genehmigungsbehörde für das Vorhaben Paragraf 35 des Baugesetzbuchs maßgeblich, da es sich um ein Vorhaben im Außenbereich handelt. Und es sei nicht ersichtlich, dass im Sinne dieses Paragrafen eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange vorliege, „insbesondere widerspricht das Vorhaben nicht den Zielen der Raumordnung.“
„Zudem wird die Baugenehmigung gemäß Paragraf 58 Landesbauordnung für Baden-Württemberg unbeschadet privater Rechte Dritter – wie die von der Gemeinde Krauchenwies vorgebrachten dem vollständigen Abbau entgegenstehenden Eigentumsverhältnisse an diversen Feldwegen – erteilt. Privatrechtliche Belange stehen der Zulassung des beantragten Verfahrens im vorliegenden verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahren nicht entgegen.“
„Da das Vorhaben, auch aus Sicht der Raumordnungsbehörde, genehmigungsfähig ist, wäre die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens mangels Vorliegen eines belastbaren Versagungsgrundes rechtswidrig. Folglich hätte das Landratsamt Sigmaringen als zuständige Genehmigungsbehörde das Einvernehmen zu ersetzen.“