Die Sonne verschwand am Ende des 1,5-stündigen Informationsgesprächs zwischen 40 Göggingern Bürgern und Vertretern der Kiesfirmen Martin Baur und Valet & Ott am Horizont – die Hoffnung auf ein Einvernehmen zwischen Bürgerschaft und Firmen war da schon lange verschwunden. "Die Luft ist raus", konstatierte Bürgermeister Jochen Spieß, der zuvor die Ausführungen der Kieser mehrfach angezweifelt und korrigiert hatte. Zu Beginn erläuterte Planer Thomas Braunsberg den geplanten Kiesabbau, der von Osten von der Waldgrenze folgend nach Westen erfolgen soll. Im Raumordnungsverfahren hatte das Regierungspräsidium Tübingen allerdings die umgekehrte Abbaurichtung vorgegeben – von der bestehenden Kiesgrube auf der gegenüberliegenden Straßenseite von West nach Ost. Planer wie Geschäftsführer führen technische Überlegungen als Grund für die Abweichung an und betonen, dass mit dem geplanten Bau eines Regenrückhaltebeckens von 2000 Kubikmetern der Hochwasserschutz von Göggingen verbessert werde. Entgegen den ursprünglichen Plänen soll das bestehende Kieswerk Richtung Rengetsweiler nicht verlagert werden, sondern das Material der neuen Abbauflächen wird mit einem Förderband dorthin transportiert.

Maximal fünf Hektar Fläche wurden jeweils abgebaut, dann mit der Rekultivierung begonnen, bevor der nächste Abschnitt begonnen würde, wobei die Vorkommen 15 bis 20 Jahre ausreichten. Auf völliges Unverständnis stoßen die Ausführungen bezüglich der Abbautiefe, wo die Firmen zwischen einer Minimal- und Maximallösung wählen können, und als Planer Braunsberg selbstsicher erklärt, dass vor 15 Jahren Fragen des Kaltluftstaus niemand interessiert hätten, verschärft sich die Gesprächsatmosphäre zusehends. Den Lügenvorwurf handeln sich die Geschäftsführer ein, die zunächst erklärten, im Besitz aller Grundstücke zu sein und auf energische Nachfragen zugeben, dass sich zwei Flächen noch im Privateigentum befinden und auch die Gemeinde noch einen schmalen Streifen besitze. Die Kommune besitzt auch noch Feldwege in dem Areal und ein Gemeinderatsbeschluss verbietet deren Verkauf an die Kiesfirmen, was einen Kiesabbau quasi unmöglich macht. Exakt um diese Feldwegeproblematik zu vermeiden, soll der Abbau an anderer Stelle beginnen, mutmaßt Wolfgang Veeser von der Bürgerinitiative "Lebenswertes Göggingen". Deren Vorsitzender Rainer Ohmacht macht klar, dass man den Offenlandabbau ablehne und die Jahrtausende alte Landschaft erhalten will. Er zeigt den Firmenvertretern angesichts ihrer "grandiosen Ignoranz" symbolisch eine rote Karte. Den mangelnden Respekt der Unternehmen gegenüber den Anliegen der Menschen kritisieren viele Einwohner, die einen ehrlichen Umgang mit ihnen vermissen. Als "Salamitaktik" bezeichnet Veeser das Vorgehen der Kiesfirmen, die auch keine Garantie abgeben wollen, dass in zehn Jahren der Abbau endet.

Nach 60 Jahren Kiesabbau hätten die Gögginger genug, fordert eine Bürgerin die Firmen auf, sich nach anderen Abbauflächen umzusehen. Baur-Geschäftsführer Bernd Kempter berichtet von einem Gespräch mit dem Regierungspräsidium, wonach die Behörde kein anderes Gebiet anbieten könne. Er erinnerte an einen Vorschlag, dass die Gemeinde den Firmen die Feldwege zeitweise zur Verfügung stellen könnte, und diese später wieder hergerichtet werden. "Sie wollen die Vorgaben des Regierungspräsidiums aushöhlen", wird Wolfgang Veeser energisch, während Klaus Rinderspacher, Geschäftsführer der Oberschwäbischen-Moräne-Kies, feststellt, dass die Unternehmen mit dem Vorort-Termin ihrer Informationspflicht nachgekommen seien.

Beschluss

Im Januar 2016 wurde das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens von der Tübinger Behörde veröffentlicht und für die Firmen Valet u. Ott / M. Baur eine vertretbare Abbaufläche von 39 Hektar ausgewiesen. Jetzt steht die Genehmigung der Abbaupläne durch das Landratsamt Sigmaringen an. (siv)