Eigentlich wollten die Stegstrecker am gestrigen Montag das neue Aktionsbündnis „Mondays for Martini“ ausrufen, wie Zunftmeister Andreas Narr verriet. Als ihnen dann jedoch klar geworden sei, dass dieses Bündnis höchstens ein Jahr lang bis zur nächsten Martinisitzung Gültigkeit haben würde, entschieden sie sich dafür, ihren beliebten „Narrenbolizei“ Walter Roßknecht um 11.11 Uhr ganz traditionell die Fasnet mit seiner großen Schelle einläuten zu lassen. „In dulci jubilo“, lautet das Motto und die süße (Vor-)freude auf das große Landschaftstreffen am 1. und 2. Februar war bei dieser ganz besonderen Fasneteröffnung im Bindhaus deutlich spürbar.

Blendend aufgelegt, reimte, witzelte, sang und tanzte sich der Zunftmeister durch die Sitzung. 800 Jahre Pfullendorf und fünf Jahre Zunftmeister Andreas Narr, das Jahr 2020 halte einige Jubiläen bereit. „Vor dieser Zeit war ich einfach ein Bengel, jetzt wäre es Zeit, Ihr bestimmt mich zum Engel“, dichtete der Narrenchef in Anspielung auf die anstehende Verleihung des Pfullendorfer Engels und ernte dafür viele Lacher. Rosarote „Stimmungs-Optimierungs-Brillen“ verteilte der Zunftmeister an die Gäste. „Wenn Du mit dieser Brille durch die Stadt läufst, sieht das Obertor wie frisch gestrichen aus, und die Straßen so friedvoll, dass du nicht fassen kannst, dass hier sonst die Autos brennen“, witzelte er. Den anwesenden Pfullendorfer Stadtkämmerer Michael Traub forderte er auf, diese rosarote Brille aufzusetzen, wenn er die Zuschüsse für das große Fest im Jahr 2020 überweise.
Kämmerer votiert für rosarote Brille
„Narren an die Macht! Das scheint die Devise in diesem Jahr zu sein.“ Bürgermeister Thomas Kugler bekannte in einer Rede mit geschliffenen Reimen, dass ihm ganz schön mulmig sei angesichts des Ansturms der Narren auf Verwaltung und Kommunalpolitik. Drei Stegstrecker hätten den Gemeinderat Pfullendorf gestürmt. „Und in der Nachbarschaft regiert nun ein Fasnetsjucker, in Illmensee ist der Bürgermeister jetzt ein Wasserspucker“, rief Kugler unter dem Beifall der Gäste im Bindhaus aus. Viel Lob gab es vom Stadtoberhaupt für die fleißigen Narren: „Das große Treffen 2020 wird der Hit, alle Narren schaffen bis ans Limit.“ Das Landschafstreffen sei die beste Werbung für die Stadt, freute sich Kugler.

Jörg-Arne Bias, Geschäftsführer der Stadtwerke Pfullendorf, sorgte sich um das Wohl der Stegstrecker nach der vielen Arbeit. Deshalb überreichte er einen Schwimmring in Rosa an den Zunftmeister, verbunden mit der Einladung für die Narren zu einem „Chill-Out-Tag“ im Waldfreibadbecken, wenn der ganze Stress wieder vorbei sei. Aus den „geheimen Aufzeichnungen vom Bund der Steuerzahler“ zitierte Günter Kratzert vom Narrenblatt. In diesen geheimen Papieren fand Kratzert Hinweise darauf, dass die Grünen enttäuscht seien, weil für das Loch in der Unteren Hauptstraße kein Biotop geplant sei, sondern ein Aufzug für die Verbindung der Ober- mit der Unterstadt. Er widerspreche ausdrücklich Gerüchten, so Kratzert, dass dieser Aufzug dafür gedacht sei, dass die Verwaltung sich schneller beim Bäcker und Metzger versorgen könne.
Ein Hauptfeldwebel versucht sich in Reimen
Tag der offenen Tür bei der Bundeswehr, 60 Jahre Garnison – Hauptfeldwebel Maik Werner ließ die zahlreichen Ereignisse des vergangenen Jahres in Reimen Revue passieren, welche die Verbundenheit der Stadt mit der Bundeswehr dokumentierten. Witzige Ansprachen gab es von Werner Groß von der Volksbank Pfullendorf und Bernd Ruther von der Sparkasse. Letzterer hatte eine Flöte im Gepäck, mit der er zur Freude des Publikums ein Lied spielte. „Pfullendorfer Narren, das sind gar lustige Leut‘“, sangen alle lauthals mit. Außerdem wurde kräftig geschunkelt und geklatscht. Abschließend machte Andreas Narr Werbung für den neuen Kalender mit schönen Bildern aus der Fasnet. Allerdings hat er einen Makel: Es wurde vergessen, dass das Jahr 2020 ein Schaltjahr ist und somit der Februar einen Tag mehr hat. Aber wer einen Steg strecken kann, der vermag das auch bei einem Kalender: „Wir haben einen Aufkleber mit einem Gratis-Tag hinzugefügt“, schmunzelte Andreas Narr.

Er verkündete das Motto „Zunftball geht auf die Reeperbahn“; wer sich im Jahr 2020 vor dem Streckgericht verantworten muss, verriet er aber nicht. Nur soviel: „Ihr kennt ihn alle. Er saß lange vorne dran, fast wie auf dem Thron. Dann wäre er am liebsten ganz leise verduftet, um zu sehen, wie alles für das Jubiläum schuftet“. Man darf gespannt sein.