Wenn Fundsachen von ihren Eigentümern abgeholt werden, war es für Larissa Wenda vom Bürgerbüro der Stadt ein guter Arbeitstag. Hinter der Arbeit im Fundbüro steckt viel Recherche. Wenda, seit zwei Jahren bei der Stadtverwaltung angestellt, verrät im Gespräch mit dem SÜDKURIER die häufigsten und die kuriosesten Fundsachen.
Die 39-Jährige führt Statistik darüber, wie viele Fundsachen digital über ein Portal gemeldet sind. Mehrere Kommunen sind über das Portal miteinander vernetzt, um die Chancen zu erhöhen, dass ein Verlust gefunden wird. Im Jahr 2024 waren es 170 Gegenstände, die im Fundbüro abgegeben wurden. Die Erfolgsquote? „70 Prozent davon wurden nach der Aufbewahrungsfrist von sechs Monaten nicht mehr abgeholt“, sagt Wenda.
Geschreddert und entsorgt
Die Gegenstände bleiben nach den sechs Monaten nicht für alle Ewigkeit in den Schränken liegen, wobei größere Verluste wie verlorene Fahrräder beim städtischen Bauhof einen Platz finden. „Viele Gegenstände bekommt der VdK, der sie für einen guten Zweck verkauft“, sagt Wenda. Schlüssel werden geschreddert, weitere Gegenstände auf dem Recyclinghof entsorgt oder sie kommen in eine Sammelbox im Drogeriemarkt dm oder im Rewe, wo die Fundsachen für soziale Projekte verwendet werden.
„Es ist einfach toll zu sehen, wie dankbar die Leute sind, wenn sie ihre Fundsachen wieder zurückbekommen.“Larissa Wenda, Mitarbeiterin des Bürgerbüros
Bringt ein Finder einen verlorenen Gegenstand ins Bürgerbüro, wird erfasst, wann und wo er gefunden wurde. Fundorte sind unter anderem Wälder, Spielplätze, die Stadtbücherei, auf der Straße, im Seepark Linzgau, in Restaurants. Wenda nimmt sich Zeit für jeden Finder, weil es auch in ihrem Interesse ist, dass die Fundsachen zurück zu den Eigentümern gelangen. „Es ist einfach toll zu sehen, wie dankbar die Leute sind, wenn sie ihre Fundsachen wieder zurückbekommen.“
Es gibt Lehrgänge
Die Finder entscheiden selbst, ob sie ihren Namen angeben oder anonym bleiben wollen. Lassen sich die Finder registrieren, wird ihnen der Gegenstand nach dem Ablauf der Aufbewahrungsfrist ausgehändigt. „Es sei denn, es handelt sich um sehr persönliche Fundsachen“, so Wenda. Den richtigen Umgang mit Fundsachen und die Meldung über das Portal lernt sie und ihre Kolleginnen, die sich gegenseitig vertreten, bei Lehrgängen oder Online-Fortbildungen.
Anspruch auf Finderlohn
Bekommt der Verlierer innerhalb der sechs Monate seinen verlorenen Gegenstand zurück, „hat der Finder, wenn er namentlich bekannt ist, gesetzlich den Anspruch auf einen Finderlohn, wenn sich der Wert des Verlusts ermitteln lässt – vor allem bei Bargeld oder Schmuck.“ Bis 500 Euro bekommt der Finder einen Finderlohn von fünf Prozent, bis zu 1000 Euro sind es drei Prozent. „Aber in der Regel sind es kleinere Beträge, die der Finder bekommt“, ergänzt Wenda.
Bei Schmuck ermitteln Wenda und ihre Kolleginnen den Wert mithilfe des Internets. „Wir geben uns viel Mühe bei der Recherche.“ Den Findern gehe es – so Wenda – auch nicht um den Finderlohn, sondern hauptsächlich darum, anderen Menschen eine Freude zu bereiten.
Auch die Polizei gibt Sachen ab
Und welche Fundsachen werden zu den regulären Öffnungszeiten des Bürgerbüros von den Findern am häufigsten abgegeben? Wenda fallen sofort drei Wertgegenstände ein: Schlüssel, Geldbeutel, Handys. Wenn im Geldbeutel sogar noch das Bargeld drin ist, „dann gebe ich den Glauben an das Gute im Menschen nicht auf“.
Manchmal bringen auch Polizeibeamte des Pfullendorfer Polizeireviers Gegenstände im Bürgerbüro vorbei, die von den Findern direkt bei der Polizei abgegeben wurden. Oder Tibor Eckrich, Hausmeister der Stadthalle, gibt Fundsachen ab, die nach Veranstaltungen liegen gelassen wurden – Brillen, Schirme und vieles mehr.
Verlierer melden sich über das Portal
Eine der wichtigsten Aufgaben im Fundbüro besteht darin, dass die Sachen an den richtigen Verlierer zurückgegeben werden. Wer also sein Fundstück vermisst, kann selbst über das Portal seinen Verlust melden, indem er möglichst präzise Angaben macht: Welche Farbe hat die Halskette, hat sie Initialen, gibt es einen Anhänger daran, wie groß ist er? „Wenn jemand kommt und sein Handy mitnehmen will, muss er es bei uns entsperren.“ Oder bei einem Ring beispielsweise bleibt die Gravur geheim, damit nicht zu viele Details über das Schmuckstück bekannt werden. „Wir wollen schließlich nicht, dass die Sachen in falsche Hände kommen“, so Wenda.
Rucksack am Busbahnhof
Und da wären noch die kuriosen Fundsachen, die im Fundbüro in der Vergangenheit abgegeben wurden. „Ein Finder hat uns ein Gebiss gebracht, das auf der Straße lag“, so Wenda, die keine Erklärung dafür hat, warum es der Gebissträger verloren hatte. Das Gebiss wurde nie abgeholt. Ein anderes Fundstück war ein Rucksack, der am Busbahnhof vergessen wurde. Im Rucksack waren mit Preisen bedruckte Souvenirs aus Norwegen, weshalb davon ausgegangen werden musste, dass ein Reisender ohne seinen Rucksack in den Bus eingestiegen war. „Wir haben aber keine persönlichen Dokumente gefunden, sodass der Rucksack nach der Frist an den VdK ging.“
In Folien verpackt
Und aktuell befindet sich im Schrank, in dem geordnet die Fundsachen in Folien verpackt und mit Nummern vermerkt stehen, ein Schleifgerät. „Ich glaube nicht, dass es jemals wieder abgeholt wird.“ Um die Verluste loszuwerden, plant das Bürgerbüro erstmals eine Versteigerung der Fundsachen. Larissa Wenda hat jedenfalls schon viel erlebt, seit sie die Fundsachen entgegennimmt. „Es ist echt super spannend“, sagt sie und rechnet jeden Tag mit neuen Kuriositäten.