Der Bedarf an Unterkünfte für wohnungslose Menschen in Pfullendorf ist gestiegen. Darüber informierte Manuel Oberdorfer, Ordnungsamtsleiter der Stadt, den Finanz- und Verwaltungsausschuss. Die bestehenden Container für Obdachlose seien nahezu voll. „Der Gemeinderat wird sich wahrscheinlich noch vor Weihnachten beraten müssen, ob wir neue Container kaufen“, sagte Bürgermeister Thomas Kugler. Aufgrund der aktuellen Preisentwicklung müsse sich das Gremium frühzeitig damit beschäftigen. Man rechne damit, dass die Stadt weitere Asylbewerber unterbringen müsse. Wie viele das sein werden, sei bislang nicht bekannt. Darüber hinaus müsse auch Platz für Wohnungslose bereitgehalten werden.
Elf Erwachsene und ein Säugling sind in Pfullendorf wohnungslos
Elf Personen und ein Säugling leben aktuell in den von der Stadt zur Verfügung gestellten Unterkünften. Sie alle hätten ursprünglich eine Wohnung und damit einen gültigen Mietvertrag gehabt, ihn aber in der Folge aus verschiedenen Gründen verloren. Gemeinderat Hermann Billmann (Unabhängige Liste) erkundigte sich, ob die Situation am Wohnungsmarkt Ursache für den erhöhten Bedarf an Obdachlosenunterkünften in der Stadt sei. Das sei nicht der Fall, erklärte Manuel Oberdorfer. Der Wohnungsmarkt sei angespannt, aber die meisten Betroffenen hätten eine Wohnung gehabt. Dass sie diese verloren habe, habe andere Ursachen. Einige seien in Folge von Drogen- oder Alkoholkonsum in die Arbeitslosigkeit gerutscht und hätten dann die Miete nicht mehr bezahlt. Nach zwei Monaten Mietrückständen ist ein Vermieter in Deutschland berechtigt, die Wohnung fristlos zu kündigen. „Es wird oftmals an der Miete gespart“, erläuterte Thomas Kugler. Der gesellschaftliche Wandel sei auch in Pfullendorf angekommen, Verpflichtungen stünden einer gegenüber.
Druck auf dem Wohnungsmarkt
Der Druck auf dem Wohnungsmarkt in Pfullendorf sei aber trotzdem gestiegen, denn auch die Mieterhöhungen würden Teilen der Bevölkerung zu schaffen machen, so Oberdorfer. „Wenn sie erst einmal ihre Wohnung verloren haben, tun sie sich schwerer“, schilderte der Ordnungsamtsleiter seine Erfahrungen. Letztendlich fehle dann der Antrieb, das Leben wieder in die Hand zu nehmen. Dabei gebe es verschiedene Hilfen für Betroffene, nur müsse man sich darum auch kümmern. Natürlich seien Vermieter auch kritischer gegenüber Wohnungslosen, wenn sie eine Wohnung zur Vermietung anbieten. Diese Entwicklung bestätigt auch Gemeinderat Karl Abt (Freie Wähler) als Rechtsanwalt. „Die Wohnungslosigkeit steht am Ende einer Reihe von Entwicklungen“, erklärt er. Am Anfang stünden häufig Alkohol- und Drogenkonsum und eine daraus resultierende Arbeitslosigkeit. „Dann wird die Miete nicht bezahlt, es kommt zu Zwangsräumungen. Am Ende sind die Vermieter die Bösen, weil sie ihre Miete einfordern“, schildert der Anwalt.
Sozialarbeiterin geht auf Wohnungslose Menschen zu
Um diesen Menschen zu helfen hat die Stadt Pfullendorf mit dem AGJ-Fachverband für die Obdachlosenbetreuung in Pfullendorf zum 1. Januar dieses Jahres einen Vertrag abgeschlossen. Bislang war der Vertrag bis Ende 2021 befristet. Rechtlich ist die Stadt als Ortspolizeibehörde verpflichtet, Obdachlose unterzubringen. In seiner jüngsten Sitzung stimmte der Finanz- und Verwaltungsausschuss für eine unbefristete Verlängerung. Eine Sozialarbeiterin des Fachverbandes aus Sigmaringen arbeitet mit einem Deputat von 15 Prozent in Pfullendorf. Neben einer Sprechstunde am Mittwochvormittag im Rathaus sucht sie Wohnungslose persönlich auf, um sie möglichst wieder in ein normales Mietverhältnis zurückzuführen. Dazu zählt neben der Klärung der sozialrechtlichen Ansprüche auch die Unterstützung bei der Suche nach einer neuen Arbeit oder einer neuen Wohnung oder gegebenenfalls die Vermittlung in eine Suchtberatung.
Betroffenen ist externer Ansprechpartner lieber
„Seit unserer Zusammenarbeit konnten wir wegen Corona noch nicht viel machen“, sagte Oberdorfer. Die Sozialarbeiterin führe im Rahmen der Möglichkeiten Gespräche und habe einen besseren Zugang zu den Betroffenen als „jemand vom Amt“. „Die Betroffenen sprechen lieber mit Externen wie mit dem Rathaus. Wir sind froh, dass es einen Mittelmann gibt“, so Oberdorfer. Präventiv versuche die Sozialarbeiterin bei drohenden Zwangsräumungen noch das Schlimmste, den Verlust der Wohnung, zu verhindern. Auch wenn es nicht immer gelinge, sei man sehr dankbar, dass die Fachkraft vom AGJ aus Sigmaringen für die Stadt arbeite und als Ansprechpartner diene. Die Stadt bezahlt dafür jährlich 13 800 Euro. Einstimmig votierten die Mitglieder des Finanz- und Verwaltungsausschusses für eine Verlängerung des Vertrages auf unbestimmte Zeit.