Beide arbeiten für den Frieden und in ihrem Beruf steht das Militärische im Fokus: Militärbischof Bernhard Felmberg und Oberst Andreas Schmand. Pfarrer und Soldat eint das Verlangen, für die Menschen und das Land das Beste zu leisten: der Geistliche als Leiter der evangelischen Militärseelsorge in Deutschland und im Ausland und der Soldat als Kommandeur der Staufer-Kaserne.

Soldaten stellen neue Fragen an die Seelsorger

Im Rahmen einer sogenannten geistlichen Visitation oder, wie Bischof Felmberg beim anschließenden Pressegespräch formulierte, einer Fachaufsichtsprüfung mit geistlichem Inhalt. 104 evangelische Pfarrer, darunter Hans Wirkner, der für Pfullendorf und Stetten a.k.M. zuständig ist, kümmern sich in der Bundeswehr um die Soldaten, sind ein „Schutzort für Gefühle und Gedanken“, wie Wirkner sagt.

Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine stehe man vor einer gänzlich veränderten Situation, konstatierte der Bischof aus Berlin: „Wir haben eine neue Ernsthaftigkeit bei den Übungen. Die Soldaten fragen sich, was mit ihrer Familie geschieht, und Kinder reden über den Krieg. Soldaten fragen mich, sind Sie an meiner Seite, wenn ich falle?“ In diesem Kontext müsse man auch die geplante Stationierung einer deutschen Brigade in Litauen sehen. 6000 Soldaten mit Familien sollen im Baltikum die Ostflanke der Nato schützen. Die deutschen Soldaten würden von der Bevölkerung freudig willkommen geheißen, berichtete der Bischof von einem Besuch in Vilnius.

Oberst sieht Brigade in Litauen als Pionieraufgabe

Der für seine Offenheit bekannte Kommandeur der Staufer-Kaserne würde, wenn er jünger wäre, sofort dieser Brigade beitreten, die er als Pionieraufgabe sieht. In seiner Neujahrsansprache hatte Andreas Schmand die Besucher mit seiner schonungslosen Analyse der deutschen Sicherheitslage teilweise in Aufruhr versetzt. Und der Soldat hadert weiter mit der Blauäugigkeit und Naivität, ja Blindheit, mit der große Teile der Bevölkerung die Situation einschätzen. Täglich gebe es hybride Angriffe auf Deutschland, „denn die Despoten wollen unsere freiheitlich-demokratische Lebensform zerstören.“

Oberst warnt eindringlich vor russischer Bedrohung

Eindringlich warnte der Oberst vor Russland: „Ich bin kein Kriegstreiber. Ich will Frieden. Aber Putin kann in drei bis fünf Jahren angreifen. Ich sage nicht, dass er es tun wird. Aber wir müssen vorbereitet und so abschreckend sein.“ Es ist Schmand anzusehen, wie sehr ihn das scheinbare Desinteresse seiner Mitbürger ob der russischen Bedrohung schier fassungslos macht. Er erinnert daran, dass im Fall einer kriegerischen Auseinandersetzung Deutschland die Aufmarschdrehscheibe der Nato wäre.

Militärseelsorge muss sich für veränderte Szenarien wappnen

Deshalb entwickelt Bischof Felmberg einen sogenannten geistlichen Operationsplan Deutschland, der bis zum Jahresende vorliegen soll. Die evangelische Bischofskonferenz hat nach seinen Angaben den Plan einstimmig gebilligt. Felmberg will ein Netzwerk der vielen tausend in der Seelsorge Tätigen bilden. Die SÜDKURIER-Frage, ob man mit solchen Überlegungen nicht eine Form der „Panikmache“ betreibe, verneint Bernhard Felmberg: „Der Frieden ist das Ziel. Aber wir müssen uns auch darauf vorbereiten, Soldatinnen und Soldaten im Fall der Landes- und Bündnisverteidigung seelsorgerlich zu begleiten. Alles andere wäre fahrlässig.“ Er erinnert an die pazifistische Tradition der evangelischen Kirche, wobei er in den vergangenen Jahren durchaus Veränderungen im Bewusstsein der Menschen beobachtet. Panik und Angst seien keine guten Ratgeber, denn Angst führe oft zu Verdrängung. Notwendig sei besonnenes Handeln auf dem Boden der Verfassung, hofft Felmberg, dass die Politik das Richtige tue.

Werte im Schulunterricht vermitteln

Seit dem Angriff Russlands auf die Krim im Jahr 2014 sei älteren Soldaten klar gewesen, dass sich die Sicherheitslage entscheidend veränderte, erläutert Oberst Schmand. Und spätestens nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hätten überall die „Scheuklappen“ fallen müssen, konstatiert der Kommandeur aber eine „Schere“ zwischen öffentlichem Bewusstsein und tatsächlicher Sicherheitslage. Viele Bürger hofften, dass „es schon irgendwie gut gehen wird“, ergänzte Schmand, dass ihm die weltpolitische Entwicklung große Sorgen bereitet. In Deutschland ein Leben in Frieden und Freiheit zu sichern, das seien Auftrag und Mission der Bundeswehr. Um den Menschen, besonders der jungen Generation zu vermitteln, dass diese Werte nicht selbstverständlich seien, fordert Andreas Schmand, diese in der Schule zu unterrichten.