Karin Fischer

Hilft uns in diesen Zeiten das Glaubensbekenntnis von Dietrich Bonhoeffer weiter? 1943, zehn Jahre nach der Machtergreifung Adolf Hitlers und dem Beginn des Kampfes zwischen den „Deutschen Christen“ (NS-Anhängern) und der „Bekennenden Kirche“ schrieb Dietrich Bonhoeffer sein Glaubensbekenntnis: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“

Manche dieser Sätze waren damals gegen „den“ Bösen (Hitler) und „das“ Böse (Judenverfolgung, Krieg, Außerkraftsetzen von Grundrechten) geschrieben. Wenn wir sie heute lesen, nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine, angesichts der Raketenangriffe, dem Leid der Zivilbevölkerung, der Massenflucht aus den umkämpften Städten, der Zerstörung der Infrastruktur, klingen diese Sätze in diesem Bekenntnis plötzlich wieder ganz aktuell. Vielleicht sogar provozierend: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.“ Auch aus dem Krieg in der Ukraine? Den Flüchtlingsströmen? Der drohenden Energiekrise?

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„Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen.“ Was heißt das konkret für Menschen, die unsägliches Leid erleben, Entsetzliches mit ansehen, jetzt auch noch ohne Nahrungsmittel und Wasser überleben müssen? Sprechen solche Gedanken Menschen in der jetzigen Situation an? Helfen sie ihnen weiter? Über ihre Lebenssituation hinaus?

Was ist das für ein Gott, der solches zulässt?

„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will.“ Ein harter Satz. Aus allem! Auch aus dem Bösesten! Das fällt mir schwer nachzusprechen. Weil sich alles in mir dagegen auflehnt. Wir fragen doch eher: Was ist das für ein Gott, der solches zulässt? Aber dann gibt es auch Sätze wie diesen: „Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.“ Darin liegt ein großes Versprechen.

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Ostern heißt, dass der Tod nicht mehr das letzte Wort hat

Wir sind in der Fastenzeit (oder „Passionszeit“, wie die Evangelischen sagen). Das bedeutet: eine Zeit der Einkehr, Umkehr, Besinnung; eine Zeit, über eigene Fehler nachzudenken (das gilt nicht nur für uns, sondern auch für Politiker, auch für solche im Westen), eine Zeit, Almosen (heute sagt man „Spenden“) zu geben. Und doch, auch das ist Dietrich Bonhoeffer: „Wer Ostern kennt, kann nicht verzweifeln.“ Ostern heißt, dass der Tod nicht mehr das letzte Wort hat. Dass Zerbrochenes nicht kaputt bleiben muss. Jesus hat Angst, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit überwunden. Unser Ziel ist es, getrost zu bleiben – vielleicht auch gerade trotz unserer Angst – weil wir geborgen sind.