Damals war die Welt in der rumänischen Stadt Peciu Nou auch nicht in Ordnung, als die Pfadfinder „Schwarze Panter“ im Jahr 2018 im Garten eines Kinderheims ihr Sommercamp aufgeschlagen hatten und hautnah mit den alltäglichen Problemen der Waisenkinder und ihren Betreuen konfrontiert wurden. Drei Jahre später hat sich die Situation dramatisch verschlechtert, nicht zuletzt wegen Corona. Pfadfinderchef Felix Hug, der seit dem damaligen Aufenthalt regelmäßig Kontakt mit dem Ehepaar Anne und Radu Mirow hat, die das Heim betreiben, ist erschüttert, was ihm Anne Mirow berichtet. „Wir haben kein Geld, um den Kindern Essen zu kaufen“, berichtete sie dem Pfullendorfer unter Tränen schon vor einigen Monaten. Die Lage verschärft sich zusehends, denn in dem osteuropäischen Land explodieren die Lebensmittelpreise und viele Menschen leben unter dem Existenzminimum.
Heim wird zur Zuhause für Straßenkinder

Derzeit leben zwölf Mädchen und Jungen zwischen neun und 18 Jahren in dem Heim, erzählt Felix Hug, dass die Mehrzahl zuvor auf der Straße hauste, wobei er ein Schicksal hautnah mit erlebte. Während des Aufenthalts 2018 lernte er den damals fünfjährigen Patrick kennen, den seine Eltern allein zurückgelassen hatten, als sie in den Westen emigrierten, um dort Geld zu verdienen. Der Kleine lebte als Straßenkind und war vom Leben gezeichnet, erinnert sich Hug, dass er im Gesicht des Jungen nie ein Lächeln entdeckte. Seit drei Jahren lebt Patrick nun im Kinderheim St. Nikolaus, hat sich erholt und leidet nun wie die anderen Waisenkinder unter dem Geldmangel.
Leiterin der Heimschule Kloster Wald hat Heim gegründet
Das Heim in Peciu Nui, etwa 40 Kilometer von Temeswar entfernt, war vor fast drei Jahrzehnten von der damaligen Leiterin der Heimschule Kloster Wald, der mittlerweile verstorbenen Schwester Itta gegründet worden. Die Einrichtung wurde unter anderem vom Caritasverband Essen finanziell unterstützt, so dass man sich vergrößern konnte. In Temeswar baute man drei Häuser auf, um volljährigen Waisenkindern eine Heimstatt zu bieten. Aber die Zeiten haben sich geändert und die Caritas in Essen hat ihre Unterstützung stark gekürzt.
Mitarbeiter haben wegen niedriger Löhne gekündigt
Jetzt ist nur noch das Kinderheim in Peciu Nui geblieben mit einem Dutzend Kindern, die vom Ehepaar Anne und Radu Mirow und ihrem Sohn betreut werden, denn die drei Mitarbeiter, darunter eine Köchin, haben gekündigt. Grund war das niedrige Monatsgehalt von etwa 300 Euro. Die Not wird immer größer, auch für viele rumänische Bürger. Felix Hug erinnert sich, dass schon vor drei Jahren viele Menschen in zerfallenen Häusern lebten. Dann fielen ihm Gartenmauern auf, allerdings ohne Gartenzaun. „Weißt Du, die Winter sind hier sehr kalt“, klärte ihn Anne Mirow auf, dass die Bewohner die Zaunlatten als Brennmaterial nutzen.
Gemüsefelder im Garten und Hof angelegt
Angesichts der dramatischen Situation hat sich Hug entschlossen, eine Spendenaktion zugunsten des Kinderheims zu initiieren. Ihm ist bewusst, dass es tausendfach Projekte gibt, die Unterstützung verdient hätten, und auch die „Schwarzen Panter“ könnten etwas Geld für ein neues Zelt gebrauchen. Aber die persönliche Betroffenheit und das Schicksal der zwölf Waisenkinder lassen dem 54-Jährigen keine Ruhe und so hat er sich mit Anne Mirow wegen seiner Idee besprochen.
Die Heimleiterin freut sich über die Initiative, wobei derzeit Geld benötigt wird, um vor Ort Lebensmittel zu kaufen. Zwar hat man in Hof und Garten eigene Gemüsefelder angelegt, aber diese Vorräte werden nicht reichen: „Und der Winter steht vor der Tür“, hofft Felix Hug auf eine Spendensumme, die den Heimbetreibern die Existenzängste nehmen kann. Die Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch war schnell bereit, ein Spendenkonto einzurichten, und das Geld wird dann in Tranchen direkt an Anne Mirow überwiesen.
Spendenkonto bei der Sparkasse Pfullendorf-Meßkirch
Felix Hug, Leiter der Pfadfindergruppe „Schwarze Panter“ hat die Spendenaktion initiiert. Spendenkonto ist dabei das Vereinskonto der Pfadfinder und von dort wird das Geld dann in Tranchen auf das Konto der Heimbetreiber Anne und Radu Mirow überwiesen, sodass jeder Euro direkt vor Ort ankommt. Die Kontodaten bei der Sparkasse Pfullendorf: DE 73 6905 1620 0000 57 18 10 und als Verwendungszweck „Kinderheim Rumänien“ angeben.
Staat gibt 122 Euro monatlich für jedes Kind
Auf Anfrage des SÜDKURIER erläutert Leiterin Anne Mirow Details die schwierige finanzielle Situation des Heims. Mehr als zwei Jahrzehnte gab es vom rumänischen Staat keinerlei Hilfe, und die Waisenhäuser wurden ausschließlich über Spenden finanziert: „Vor ein paar Jahren hat die Regierung angefangen, uns zu unterstützen und wir erhalten monatlich 122 Euro pro Kind für Essen und Kleidung.“ Keine Unterstützung gibt es für die Beschäftigten des Heims, so auch für das Ehepaar Radu. Ihre Gehälter werden ausschließlich über Spenden finanziert, wobei an Anne Mirow monatlich 368 Euro und an Ehemann Radu 397 Euro ausbezahlt werden können. Ein Verein aus Essen ist dabei sehr aktiv. Die dortige Fürstin-Franziska-Kristine-Stiftung unterstützt das Sozialprojekt seit etlichen Jahren.