Die Wellen schlugen hoch in den vergangenen Wochen, wenn es um den Bau des Nahwärmenetzes in Pfullendorf, im Besonderen um den Bau eines Blockheizkraftwerks direkt beim „Alten Haus“ ging. Anwohner protestieren gegen dieses Vorhaben; schon seit Längerem hagelt es Leserbriefe zu diesem Thema und darüber hinaus auch teilweise scharf formulierte Kommentare in sozialen Medien. Der Protest mündete zuletzt in einer Online-Petition, um den Bau zu stoppen.
Trotz Petition geht der Bau weiter
Bürgermeister Thomas Kugler hat nun auf die Vorwürfe reagiert und sich in einer Pressekonferenz gegen die seiner Meinung nach „falschen Behauptungen – bewusst oder unbewusst“ und „Unterstellungen“ gewandt. Trotz der Petition werde der Bau des Heizkraftwerks nicht gestoppt, stellten Kugler und Jörg-Arne Bias, Leiter der Stadtwerke, klar.
Es gebe zwar die Möglichkeit, mittels eines „Stillhalteabkommens“ staatliches Handeln durch Petitionen zu stoppen. „Wir haben hier eine ganz andere Situation. Es ist ein kommunales Vorhaben, das durch dieses Stillhalteabkommen nicht abgedeckt ist“, erläuterte Kugler. Würde man das Bauvorhaben jetzt stoppen, würde es nicht nur zu Bauverzögerungen, sondern auch zu Regressforderungen der Firmen kommen. „Wir haben eine Baugenehmigung, die umgesetzt werden darf. Wir sind überzeugt, dass wir nicht nur rechtens, sondern auch richtig handeln“, betonte der Bürgermeister.
Energetisches Quartierkonzept für erweiterte Altstadt
Das Blockheizkraftwerk ist Teil des energetischen Quartierskonzepts für die erweiterte Altstadt. Wie Jörg-Arne Bias erinnerte, bauen die Stadtwerke mit Unterstützung der Stadt ein Nahwärmenetz in der oberen Altstadt mit einer Wärmeerzeugung, die mindestens 50 Prozent erneuerbare Energien aufweisen soll. Für ihr Projekt habe die Stadt eine Sonderförderung des Landes erhalten, schilderte Bias.

Wie Bias und Kugler betonten, wurden für das „Alte Haus“ sowie die direkt umgebenden Gebäude – entgegen aller Behauptungen – Beweissicherheitsverfahren zur Statik durchführt. Hang und Baugrube seien gemäß dem genehmigten statischen Nachweis gesichert. Schon bei der Bauantragstellung und auch im Zeitraum davor das Denkmalamt sowie die Archäologie eng eingebunden gewesen. Auch bei der Bewertung der Standorte sei das Denkmalamt angehört worden. Deshalb könne keine Rede davon sein – wie der Stadt unterstellt worden sei -, dass denkmalschutzrechtliche Bedenken und Vorgaben nicht beachtet worden seien.
Auflagen seien in Baugenehmigung übernommen worden
Das bestätigten Jonathan Scheschkewitz und Mathias Hensch, die vom Landesamt für Denkmalpflege beim Regierungspräsidium nach Pfullendorf zur Pressekonferenz gekommen waren. Alle Auflagen, die das Denkmalamt formuliert habe, seien in vollem Umfang in die Baugenehmigung übernommen worden, stellte Scheschkewitz klar. Der Schutz des Alten Hauses und die statische Problematik, die mitunter durch solche Bauarbeiten entstehen könne, sei im Vordergrund gestanden.
Stadtgraben ist archäologisches Denkmal
Der alte Stadtgraben – gleichwohl er im 19. Jahrhundert verfüllt worden sei – stelle ein archäologisches Denkmal dar, auf das ebenfalls das Augenmerk der Denkmalschützer gerichtet sei. Die Stadt sei sowohl den Vorgaben der statischen Konzepte des Denkmalamts, als auch der Vorgabe einer archäologischen Begleitung gefolgt.
Mathias Hensch erläuterte, dass für ein solches Bauvorhaben die untere Denkmalschutzbehörde – das Landratsamt Sigmaringen – die Genehmigungsbehörde sei, also nicht die Stadt Pfullendorf selbst. Es habe sich herausgestellt, dass der Stadtgraben im 19. Jahrhundert verfüllt worden war. Bei etwa vier Metern Tiefe sei man auf schließlich auf eine Mauer gestoßen, die abgebrochen und mit dem Graben zugeschüttet worden war. „Dabei handelt es sich um die Futtermauer des ehemaligen Stadtgrabens, beziehungsweise um das Fundament dieser Futtermauer“, erläuterte Hensch. Das Fundament sei in einer Höhe von drei Metern im Boden erhalten. Die Mauer stamme wahrscheinlich aus einer Bauphase des 16. Jahrhunderts, stellte er klar. „Sie zeigt ganz deutlich, wie die Pfullendorfer Bürger versucht haben, die Stadt zu schützen und befestigen“, schilderte er.
Kubatur der Heizzentrale wird verändert
Das Denkmalamt habe angeregt, die Kubatur der geplanten Heizzentrale so zu verändern, dass die Mauer möglichst ungestört im Boden verbleiben kann und als Denkmal konserviert wird. Dies sei von der Stadt aufgegriffen worden. Momentan lägen Planungen vor, die Mauer komplett zu erhalten, aber zu überdecken. „Die Überdeckung stellt den Schutz des Denkmals in den Vordergrund, auch wenn es schade ist, dass man die Mauer dann nicht sehen kann“, meinte Hensch. Auf einer Tafel soll es Informationen zur historischen Stadtbefestigung geben.
Keine Fledermäuse gefunden
Auf einen weiteren Vorwurf der Gegner, der besagt, es seien nachgewiesene Fledermauspopulationen im Baugebiet geleugnet worden, ging Manfred Sindt von der Planstatt Senner ein, der das artenschutzrechtliche Gutachten erstellt hatte. Er schilderte seine gründliche Suche nach Fledermauspopulationen, die er dort auch mit verschiedenen Methoden nicht gefunden habe. Die Löcher für den Wasserablauf auf der Baustelle seien nicht verschlossen worden, um Fledermäuse einzusperren, sondern um deren Ansiedlung präventiv zu verhindern.
Geothermieanlage der Bundeswehr kann die Stadt nicht versorgen
Als „blanken Nonsens“ bezeichnete Thomas Kugler die Behauptung, dass man mit einem Anschluss an die Geothermieanlage der Bundeswehr die Stadt versorgen hätte können. Das Erdwärmeprojekt des Bundes für das Kasernengelände sei nie offen für eine Beteiligung gewesen. Die Kapazitäten reichten gerade einmal für rund 93 Prozent bis 98 Prozent der Liegenschaften in der Kaserne aus, schilderte Kugler.