Die Staatsanwaltschaft Hechingen hat gegen einen 41-jährigen Fahrlehrer aus dem Kreis Sigmaringen unter anderem wegen des Verdachts der mehrfachen Vergewaltigung und des sexuellen Übergriffs Anklage zum Landgericht Hechingen erhoben. Das teilt die Staatsanwaltschaft Hechingen mit. Der Beschuldigte sitzt seit 18. März ununterbrochen in Untersuchungshaft.
Schwarzer Tag für die Branche
Es war ein rabenschwarzer Tag für die Fahrschulbranche, als sich die Nachricht wie ein Lauffeuer verbreitete, dass ein 41-jähriger Fahrlehrer in Untersuchungshaft sitzt. Es herrschte blankes Entsetzen unter der Fahrlehrern. Auch Ralph Müller, stellvertretender Vorsitzender des Kreisvereins Sigmaringen im Fahrlehrerverband Sigmaringen und Inhaber der Fahrschule Zembrod, hätte auf solche schlechte Nachrichten gerne verzichtet. „Wenn die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft stimmen, sind Grenzen überschritten worden“, sagte Müller, als die Mitteilung im Frühjahr die Runde machte. Sollte er als Fahrlehrer Hinweise von Fahrschülerinnen bekommen, dass sie während der Fahrstunden sexuell belästigt würden, „würde ich nicht lange zögern und den Beschuldigten entlassen“, so Müller.
Fassungslosigkeit und Entsetzen
Auch Eduard Benkler, Geschäftsführer des Fahrschulteams Schilf/Benkler, war fassungslos. „Was hier offenbar passiert ist, ist ein absolutes No-Go, wofür ich kein Verständnis habe“, sagte Benkler auf Nachfrage des SÜDKURIER. Im Tatverdächtigen stecke offenbar viel kriminelle Energie. Die Folge davon sei, dass die ganze Branche durch den Dreck gezogen würde.
Zwischen Sommer 2023 und November 2024
Mittlerweile sind die Ermittlungen abgeschlossen – mit dem Ergebnis, dass Anklage gegen den Fahrlehrer erhoben wird. Insgesamt handelt es sich um neun Taten in der Zeit von Sommer 2023 bis November 2024, die der Angeschuldigte mit deutscher Staatsangehörigkeit insbesondere in seiner Eigenschaft als Fahrlehrer im Raum Sigmaringen sowie an anderen Orten begangen haben soll.
Abgeschiedene Örtlichkeiten
Dem Angeschuldigten wird vorgeworfen, während seiner Fahrstunden gegenüber mehreren Fahrschülerinnen übergriffig geworden zu sein. Zu diesem Zweck soll er die Fahrschülerinnen vor allem in abgelegene Waldstücke oder Parkplätze gelotst und sich die Abgeschiedenheit der Tatörtlichkeiten oder die Beanspruchung der Fahrschülerinnen durch die Bedienung des Fahrschulautos zunutze gemacht haben. Ihm liegt hierbei zur Last, eine der Fahrschülerinnen in sechs Fällen vergewaltigt zu haben.
Exhibitionistische Handlungen
Eine weitere Fahrschülerin soll er in einem Fall sexuell belästigt haben, und in einem weiteren Fall soll er auf eine weitere Fahrschülerin einen sexuellen Übergriff begangen haben. Außerhalb seiner Tätigkeit als Fahrlehrer soll er zudem in einem Fall eine exhibitionistische Handlung begangen haben.
Einvernehmlicher Geschlechtsverkehr
Der Angeschuldigte hat sich teilweise zu den Tatvorwürfen eingelassen, soweit diese die ihm zur Last gelegte sechsfache Vergewaltigung einer Fahrschülerin betrifft. Er beruft sich jedoch darauf, mit der Fahrschülerin eine Affäre gehabt zu haben, in deren Rahmen es stets zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gekommen sei. Hinsichtlich der übrigen Tatvorwürfe hat der Angeschuldigte bislang von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht.
Anwalt kann Stellung dazu nehmen
Die Staatsanwaltschaft Hechingen weist ausdrücklich darauf hin, dass das Urteil über die Strafbarkeit nur den Gerichten zusteht und, dass der Angeschuldigte als unschuldig zu gelten hat, sofern ihm nicht durch rechtskräftiges gerichtliches Urteil seine Schuld nachgewiesen wurde. Wie es nun weitergeht? Nach Auskunft der Pressestelle des Landgerichts Hechingen wurde die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hechingen erst vor wenigen Tagen dem Verteidiger des Angeklagten zugestellt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, zu dieser Stellung zu nehmen. Diese Frist läuft Anfang Juli ab und sodann wird entschieden, ob das Verfahren eröffnet wird und wann die Termine stattfinden werden.
Das steht im Strafgesetzbuch
- Paragraf 177: Sexueller Übergriff; Vergewaltigung: Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist. In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind.
- Paragraf 184i: Sexuelle Belästigung: Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist.
- Paragraf 183: Exhibitionistische Handlungen: Ein Mann, der eine andere Person durch eine exhibitionistische Handlung belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.