Im Bereich des Polizeipräsidiums Ravensburg, zu dem auch der Landkreis Sigmaringen gehört, hat sich Zahl der Delikte gegenüber dem Vorjahr um 2020 verringert und liegt auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Über diese Entwicklung informierte Polizeipräsident Uwe Stürmer bei der Vorstellung des Kriminalitätsreports 2021. Der Rückgang schlägt sich auch in der sogenannten Häufigkeitszahl, die die Zahl der Straftaten pro 100 000 Einwohner beschreibt, nieder: Sie ging von 4497 im Jahr 2020 auf 4168 und damit um 7,3 Prozent zurück.

Besondere Situation im Landkreis Sigmaringen

Die Situation im Landkreis Sigmaringen ist dabei durch eine Besonderheit geprägt. Entgegen dem Trend erhöhte sich in den 25 Kreisgemeinden die Fallzahl um 4,1 Prozent auf 6282, wovon zwei Drittel aufgeklärt wurden. In dieser Gesamtzahl sind allerdings auch Vergehen gegen das Ausländerrecht enthalten, unter anderem Verstöße gegen das Asylbewerberleistungsgesetz und weil sich in Sigmaringen die Landeserstaufnahmestelle (Lea) befindet, erhöhen Delikte, die von den Bewohnern begangen werden, die Statistik für den Landkreis. Ohne die Straftaten gegen das Ausländerrecht verringerte sich die Häufigkeitszahl von 4292 auf 4045.

In Pfullendorf gibt es einen deutlichen Rückgang an Straftaten

Die drittgrößte Stadt im Landkreis verzeichnete mit 608 Fällen einen Rückgang der Straftaten um 7,6 Prozent, wobei die Aufklärungsquote mit 56 Prozent deutlich unter dem Kreisdurchschnitt lag. Wegen gefährlicher Körperverletzung wurde in fünf Fälle ermittelt und wegen einfacher Körperverletzung in 49 Fällen. 81 Diebstähle wurden gemeldet und 24 Ladendiebstähle, neun Mal wurde ein Fahrrad als gestohlen gemeldet. Rückläufig ist in Pfullendorf mit 34 Fällen auch die Rauschgiftkriminalität. Als Tatverdächtige wurden im Jahr 2021 13 Kinder, 35 Jugendliche sowie 21 Heranwachsende ermittelt.

Fünf Kapitaldelikte wurden 2021 registriert

Aufsehenerregende Straftaten beeinträchtigen das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung nachhaltig. 2021 wurde in fünf Fällen, davon vier versuchten Taten, wegen Mordes ermittelt, in 14 Fällen wegen Totschlags beziehungsweise Tötung auf Verlangen. Erfreulich ist aus Sicht von Polizeichef Stürmer, dass alle Fälle ausnahmslos aufgeklärt und die Tatverdächtigen schnell ermittelt werden konnten. Diese stammten zumeist aus dem persönlichen Umfeld der Opfer. Bei der Gewaltkriminalität und den Körperverletzungsdelikten hat sich die rückläufige Tendenz der vergangenen Jahre weiter fortgesetzt. Ein Grund war nach Angaben von Stürmer, dass die Polizei wegen Corona weniger Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen bei Veranstaltungen durchführen musste und so freie Ressourcen zur Erhöhung der Präsenz im öffentlichen Raum hatte.

Häusliche Gewalt hat 2021 zugenommen

Während viele Kriminalitätsfelder durch Corona positiv beeinflusst wurden, zeigten sich auch negative Einflüsse der Pandemie. So wurde 2021 ein deutlicher Anstieg der Fälle häuslicher Gewalt von 470 im Jahr 2020 auf 523 Taten registriert. Hierfür könnten mitunter längere Anwesenheitszeiten zu Hause aufgrund von Homeoffice oder infolge der zeitweisen Lockdowns verantwortlich sein. Insgesamt zeigt sich in diesem Straftatenfeld seit Jahren ein kontinuierlicher Aufwärtstrend. Zusätzlich muss in diesem Kriminalitätsbereich von einem hohen Dunkelfeld ausgegangen werden, da viele Betroffene sich scheuen, externe Hilfen anzunehmen.

Vergehen gegen die sexuelle Selbstbestimmung

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Auch im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung setzt sich die Zunahme der letzten Jahre fort. Hauptursächlich dafür dürften mehrfache Verschärfungen des Sexualstrafrechts in den vergangenen Jahren sowie stark zunehmende Verdachtsanzeigen insbesondere aus dem amerikanischen Raum sein. Diese oftmals Messenger-Dienste betreffenden Mitteilungen der Nicht-Regierungsorganisation NCMEC und das bevorstehende Inkrafttreten der Meldepflicht für Anbieter sozialer Netzwerke nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz dürften auch zukünftig dazu beitragen, dass die Fallzahlen in diesem Kriminalitätsfeld noch weiter steigen.

Historischer Tiefstand bei Wohnungseinbrüchen

Die Corona-bedingt vermehrte Anwesenheit zu Hause hat mutmaßlich auch die Tatgelegenheiten bei der Wohnungseinbruchskriminalität tatreduzierend beeinflusst. Hier sanken die bereits seit Jahren rückläufigen Zahlen nochmals von 158 Fällen 2020 auf einen historischen Tiefstand von 133 Fällen im vergangenen Jahr. Dabei endete rund die Hälfte der Taten bereits im Versuchsstadium. Auch in den anderen Deliktsfeldern der Diebstahlskriminalität (einfacher Diebstahl, Ladendiebstahl, Fahrraddiebstahl, schwerer Diebstahl) waren die Straftaten durchweg rückläufig und erreichten in allen Teilaspekten langjährige Tiefstände.

Betrugsversuche durch Anrufe

Dass polizeiliche Prävention wirkt, zeigt sich auch bei den Anrufstraftaten, den sogenannten „Callcenter“-Betrugsdelikten: nach einem besorgniserregenden Höchststand beim Polizeipräsidium Ravensburg im Jahr 2019 mit 1162 Delikten sanken die Zahlen in den beiden zurückliegenden Jahren rapide auf nunmehr 206 Fälle in 2021. Hier zahlen sich die polizeilichen Anstrengungen, auf breiter Front und wiederkehrend über die perfiden Vorgehensweisen der Täter aufzuklären, offenbar aus. Immer mehr ältere Menschen wissen zwischenzeitlich über die Maschen der Kriminellen Bescheid und legen bei derartigen Anrufen sofort auf, sodass die Täter zumeist erfolglos bleiben. Nichtsdestotrotz waren in Einzelfällen nach wie vor hohe Schadenssummen zu verzeichnen, die für die Betroffenen massive finanzielle und psychische Belastungen bis hin zur Gefährdung der eigenen wirtschaftlichen Existenz bedeuteten.

Gewalt gegen Polizeibeamte

Eine Ausnahme vom positiven Trend bei den Gewaltstraftaten stellen die Gewaltdelikte gegen Polizeibeamte dar. Nach einem mutmaßlich Corona-bedingten Rückgang im Jahr 2020 kam es in 2021 erneut zu einem Anstieg, die zunehmende Tendenz setzt sich fort. Dazu Polizeipräsident Stürmer: „Wer Polizeibeamte angreift, greift den Staat und damit uns alle an!“