In der jüngsten Sitzung des Gemeinderates wurden die Forstwirtschaftspläne für den städtischen und spitälischen Wald vorgestellt. Die heimischen Revierförster informierten das Gremium über immer größere Schäden, die durch Wildverbiss verursacht werden. Dabei wurde aus einem Schreiben von Forstamtsleiter Stefan Kopp vom Landratsamt zitiert, in dem dieser die Jägerschaft als Verursacher benennt, weil sie ihren Jagdpflichten nicht nachkomme. Dieser im SÜDKURIER veröffentlichte Vorwurf hat nicht nur in der heimischen Jägerschaft durchaus Kreise gezogen, und für heiße Telefonleitungen gesorgt.
Stichprobe ergibt, dass es in neun Revieren eklatante Wildbissschäden gibt
Im SÜDKURIER-Gespräch macht Stefan Kopp klar, dass der Wildverbiss außerhalb der Wälder von Pfullendorf im Landkreis Sigmaringen keine große Rolle spielt und somit die überwiegende Zahl der Jäger ihre Hegepflicht hervorragend erfüllten. In Pfullendorf hätten die Stichprobengutachten für die 1900 Hektar großen städtischen und spitälischen Wälder zum Wildverbiss ergeben, dass sechs Reviere sich in einem akzeptablen Zustand befinden, aber in neun Arealen seien die Missstände eklatant. „Das sind Fakten“, ergänzt der Amtsleiter, dass schon 2021, als letztmals ein forstliches Gutachten erstellt wurde, die Zustände in den Wäldern rings um Pfullendorf nicht besonders gut waren, und sich die Verbisssituation nun teilweise verschlechtert habe.

Die Wildtiere sorgten für eine Entmischung der Baumarten, denn besonders Fichte, Buche und Waldhoren schmecken den Tieren. Kopp macht deutlich, dass nicht jeder Wildverbiss ein Schaden ist, aber in einzelnen Revieren sei, auch zum wiederholten Mal, das Problem gravierend. Im Gemeinderat hatte Revierförster Dieter Manz das Gutachterurteil „entsetzlich“ zitiert. Bei diesen statistischen Erhebungen werden in den Wäldern jeweils ein Quadratmeter große Flächen ausgewählt, und auf diesen 10 000 Quadratzentimetern dann alle befindlichen Baumschösslinge beziehungsweise die verbissenen Pflänzchen gezählt. Wenn der Verbisswert zu hoch ist, dann schlagen die Förster Alarm, besonders wenn dies jahrelang auf denselben Flächen zu beobachten ist.
Jäger müssen keine Abschusslisten vorlegen
Je größer die Verbissschäden, desto mehr Wild befindet sich im Wald und umso wahrscheinlicher ist, dass der Pächter nicht ausreichend oft auf die Jagd geht. Ein Problem ist, dass Jäger zwar eine Abschussliste vorlegen, allerdings ist eine Kontrolle dieser Zahlen nicht möglich. „Das ist eine Vertrauenssache“, erklärt dazu ein Waidmann. Er benennt ein weiteres Problem. So könnten manche Jäger das Wildbret nicht vermarkten, weil ihnen die Infrastruktur, sprich ein Schlachthaus oder Ähnliches fehlt. Und deshalb fehle manchen Jägern auch der finanzielle Anreiz, auf dem Hochsitz auf das Wild zu warten.
Bestand an Rehwild kann nicht gezählt werden
Für die Waldbesitzer bedeutet die aktuelle Situation, dass sich die Kosten für den Baum- und Pflanzenschutz stetig erhöhen. In Pachtverträgen wird zwischen Jägern und Waldbesitzern zwar die Wildschadensregulierung geregelt, aber des Öfteren gibt es verschiedene Sichtweisen, was Schadensfall und -höhe mitsamt Zuständigkeit angeht. Nicht spekulieren will Kopp, warum Jagdpächter ihren Abschussverpflichtungen nicht nachkommen. Wobei nach der Erfahrung auch seiner Berufskollegen des Öfteren Jungpächter Probleme hätten, ihre Pflichten zu erfüllen.
Kommt es zu Wildschäden, sind diese nach dem Bundesjagdgesetz entschädigungspflichtig. Ersatzpflichtiger ist grundsätzlich bei einem gemein- schaftlichen Jagdbezirk die Jagdgenossenschaft und bei einem Eigenjagdbezirk der Eigentümer.
Erschwerend komme hinzu, dass der Bestand an Rehwild nicht gezählt werden kann, und man sich im Prinzip nur über die erfolgten Abschüsse eine Prognose machen könne. Auch deshalb gibt es für das Rehwild keinen Abschussplan, das entscheidet jeder Jäger für sein Revier. Amtsleiter Stefan Kopp wiederholt, dass die Mehrzahl der Waidmänner und – frauen ihre Aufgaben ernst nimmt und erfüllt, und macht klar, dass die Forstbehörde jederzeit als Gesprächspartner bei Schwierigkeiten bereit stehe.
Hegeringsleiter konstatiert, dass Jäger ihren Aufgaben nachkommen
Für Roman Bauer, Leiter des Hegerings Pfullendorf, der bekanntlich zur Kreisjägervereinigung Überlingen gehört, ist das neue Forstgutachten, das im nächsten Jahr erstellt wird, enorm wichtig, denn darin würde der tatsächliche Schadensumfang aufgelistet. „Der Jäger ist der Dienstleister des Waldeigentümers“, definiert Bauer, der selbst Jagdpächter ist, sein Verständnis für das Wirken der Grünröcke. Nach seinen Angaben sind nicht alle Jagdpächter Mitglied im Hegering, aber der Verband biete sich bei Konflikten als Gesprächspartner und Vermittler an. Nicht ganz verstehen kann Bauer die aktuelle harsche Kritik der Förster, außerhalb des dreijährigen Zyklus beim Forstgutachten. „Die Jäger kommen ihren Aufgaben nach“, nennt Roman Bauer die erfolgreiche Dezimierung der Wildschweinbestände. Um die Ausbreitung der afrikanischen Schweinepest zu verhindern, hat der Gesetzgeber die Jagd erleichtert, beispielsweise durch den Einsatz von Nachtsichtgeräten. „Es gibt deutlich weniger Schweinesichtungen und weniger Grünlandschäden“, berichtet der Hegeringleiter von Erfahrungen seiner Jagdkollegen.