Es sei eine verantwortungsvolle Aufgabe, stellte der Präsident des Landgerichts Hechingen, Florian Diekmann, während der Verabschiedung der alten und Begrüßung der neuen Schöffen im Amtsgericht Sigmaringen fest. Immerhin haben die ehrenamtlichen Richter wie der Berufsrichter je eine Stimme und können diesen sogar bei der Urteilsfindung überstimmen, erklärte er. Das Gericht in Sigmaringen gehört zum Landgerichtsbezirk Hechingen und fällt somit in Diekmanns Verantwortungsbereich.
Viele emotionale Momente
Sie haben ihre Aufgabe gern gemacht, lautete der Tenor der scheidenden sechs Schöffen während der feierlichen Verabschiedung. „Spaß“ sei nicht das richtige Wort für die Aufgabe, sondern „interessant“, war man sich einig. Ungewöhnliche Situationen haben sie erlebt. Etwa als bei einer Verhandlung der Angeklagte durch das offene Fenster zu fliehen versuchte. Sie berichteten auch von vielen emotionalen Momenten. So erzählte Noch-Schöffin Heike Teufel aus Inneringen von einem Angeklagten, der ihr leidtat, den sie aber trotzdem verurteilen musste. Sie sei dankbar, in einem Rechtsstaat zu leben, sagte sie des Weiteren. Teufel wird nach ihrem Ausscheiden zum Ende des Jahres drei Amtszeiten lang Schöffin gewesen sein, wobei eine Amtszeit fünf Jahre dauert. Ihr Kollege Hermann Zweifel wird am Ende das Amt zusammengerechnet 23 Jahre ausgeübt haben.
Bei durchschnittlich fünf Gerichtsverfahren pro Jahr sitzen die Schöffen auf der Richterbank des Amtsgerichts Sigmaringen. Ein Verfahren soll nur einen halben Tag in Anspruch nehmen, Schöffe Hermann Zweifel hat aber auch schon an einem Verfahren teilgenommen, das mehr als 13 Verhandlungstage dauerte. Eine Schöffin oder ein Schöffe darf keinen Tag bei der Verhandlung fehlen. Sollte er oder sie wegen Krankheit verhindert sein, muss die Verhandlung verschoben werden. Fällt eine Schöffin oder ein Schöffe während eines Verfahrens ganz aus, muss dieses von Neuem begonnen werden.
Lob für geleistete Arbeit
Landgerichtspräsident Diekmann bedankte sich während seiner Ansprache bei den Schöffen für die geleistete Arbeit. Er betonte die Wichtigkeit des Amts im Hinblick darauf, dass die Richter in ihrem „Elfenbeinturm“ die Bodenhaftung nicht verlieren sollten. Dafür sei es nötig, dass der „Sachverstand des einfachen Bürgers“ an Bord sei. Das Schöffenamt trage, so Diekmann weiter, außerdem dazu bei, der aus seiner Sicht schwindenden Akzeptanz der Autorität des Staats entgegenzuwirken.
Das Schöffengericht verhandelt Verbrechen und Vergehen, bei denen mehr als zwei Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten sind, dazu gehören beispielsweise Raub und Sexualdelikte. Das Schöffengericht kann bis zu vier Jahre Freiheitsstrafe verhängen. Um Schöffin oder Schöffe zu werden, muss die Bewerberin oder der Bewerber bei Amtsantritt mindestens 25 und darf nicht älter als 69 Jahre alt sein, wie Richterin Kristina Selig erläutert. Sie sitzt dem Schöffengericht am Amtsgericht Sigmaringen vor. Außerdem darf eine Bewerberin oder ein Bewerber auf das Schöffenamt keine Vorstrafen haben und muss im Gerichtsbezirk wohnen.
Die genannten Voraussetzungen haben die neun Bürgerinnen und Bürger erfüllt, die Florian Diekmann am selben Nachmittag als neue Schöffinnen und Schöffen im Amtsgericht Sigmaringen in Empfang nahm. Dass die Aufgabe manchmal emotional schwierig sei, betonte Diekmann bei der Begrüßung der neuen Schöffinnen und Schöffen ein weiteres Mal. Es komme vor, dass es schwierig ist, zu urteilen, wer am Ende die Tat begangen hat, so Diekmann. „Manchmal steht Aussage gegen Aussage.“