Vor zehn Jahren standen Andrea Straub, Karin Beck und Erika Kleiner vor dem Nichts. Die Schlecker-Pleite hatte ihnen, wie vielen ihrer Kolleginnen der einstigen Drogeriekette, den beruflichen Boden unter ihren Füßen weggezogen. Doch die ehemaligen Stettener Schlecker-Frauen ließen sich nicht unterkriegen. Auf Anregung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi machten sie sich auf den schwierigen Weg in die Selbstständigkeit und eröffneten im Jahr 2013 in den Räumen des früheren Schlecker-Marktes unter dem Namen „Drehqunkt“ eine eigene Drogerie, wobei das umgedrehte „p“ im Namen bildlich zeigen soll, dass „sich was gedreht hat“.

Zehn Jahre ist das nun her und für die Frauen ein Grund zum Feiern, was aber gleichzeitig durch dunkle Wolken getrübt wird. „Es war kein leichter Weg bis hierher“, sagte Andrea Straub, „doch jetzt wird er steiniger“. Denn die Stettener Drogerie ist das einzige der acht Geschäfte, die sich nach der Schlecker-Pleite mit der Drehpunkt-Drogerie in die Selbstständigkeit gewagt haben, das noch existiert. „Im Moment macht die letzte unserer Schwesterndrogerie in Erdmannshausen ihren Rausverkauf“, sagte Andrea Straub bedauernd. Doch das Stettener Unternehmerinnentrio will sich nicht der Untergangsstimmung hingeben: „Wir haben Lust weiterzumachen!“

Aber, und hier steht ein großes „Aber“: „Wir können nur neue Ware einkaufen, wenn auch die Kunden bei uns kaufen“, denn das Nachlassen der Kundennachfrage habe logischerweise Folgen für den Wareneinkauf der Unternehmerinnen. „Die meisten unserer Lieferanten wollen gleich nach Warenlieferung die Rechnung beglichen haben“. Der Finanzkreislauf Lieferant-Verkäufer-Kunde muss also störungsfrei laufen, damit alle Beteiligten davon profitieren.

Derzeit besuchen täglich zwischen 70 und 80 Kunden die Drogerie: „Wir bräuchten aber mindestens 100 bis 110, um im grünen Bereich oder zumindest im Grenzbereich zu bleiben“. Straub und Beck lobten ihre treuen Stammkundinnen und -kunden, die meisten seien ältere Jahrgänge, die das Vor-Ort-Angebot und den hier angebotenen individuellen Service zu schätzen wissen. „Wir sind froh und dankbar über unsere Kunden, die uns in den vergangenen zehn Jahren mit ihrer Treue unterstützt haben“, unterstrich Straub.

Die ehemalige Schlecker-Filialleiterin und Karin Beck, einstige Schlecker-Verkäuferin und jetzige Mitinhaberin des Drehpunkts, machen sich ständig Gedanken über den Weiterbestand, haben den Schreibwarenbereich mit Bastelpapieren und ähnlichem erweitert und hochwertige Naturkosmetik eingeführt. „Und wir rüsten weiter auf“, lassen die tatkräftigen Frauen wissen. Gerade der Gesundheitsbereich als typisches Drogeriesegment soll erweitert werden. Sie rufen aber auch ins Gedächtnis, dass sie aufgrund ihres kleinen Ladens und dadurch naturbedingt geringerer Wareneinkäufe nicht mit den Preisen großer Handelsgeschäfte mithalten können.

Zum Zehnjährigen wollen die Frauen die Solidarität in Erinnerung rufen, die sie und ihre Kolleginnen 2012 erfahren haben, als es darum ging, den Drogeriemarkt auf neue Füße zu stellen. Mit einer Informationsveranstaltung hatten die Drehpunkt-Betreiberinnen seinerzeit herausgefunden, dass die Bevölkerung willens war, den neuen Laden mit ihren Einkäufen zu unterstützen. Der Andrang zu dieser Veranstaltung war damals tatsächlich riesengroß. „Aber wir brauchen diese Solidarität und Unterstützung weiterhin, wenn die Nahversorgung, die wir hier mit anbieten, vor Ort weiter gewährleistet werden soll“ verdeutlichte Beck und bringt es auf den Punkt: „Unser Laden lebt und stirbt mit den Leuten“.

Am Jubiläumstag gab´s für jeden Ladenbesucher ein Gläschen Sekt zur Begrüßung und als Dankeschön. „Wir lieben unseren Laden und wollen gerne weiter für unsere Kunden da sei – wenn möglich sogar, wenn wir am Rollator laufen“, sagt Andrea Straub lachend, „aber wir wissen auch – wir sind nichts ohne unsere Kunden!“ Ihr Wunsch an die Kunden: „Wir wollen die Vielfalt des Stettener Warenkorbs erhalten und die Kundennähe weiter mit ausgesuchten Serviceleistungen pflegen, aber dafür brauchen wir Sie!“