Nach rund anderthalbstündiger Debatte hat der Stettener Gemeinderat am vergangenen Montag mit knapper Mehrheit beschlossen, eine Ausschreibung zur Erarbeitung einer Biotopverbundplanung auf den Weg zu bringen. Gleichzeitig wurde die Verwaltung beauftragt einen entsprechenden Förderantrag zu stellen.

Biotopverbundbotschafterin stellt Projekt vor

Biotopverbundbotschafterin Lara Braun hatte im Stettener Gemeinderat keinen leichten Stand. Sie musste die gesetzlichen Vorgaben ...
Biotopverbundbotschafterin Lara Braun hatte im Stettener Gemeinderat keinen leichten Stand. Sie musste die gesetzlichen Vorgaben verteidigen; links Bürgermeister Maik Lehn. | Bild: Gerd Feuerstein

Vor der äußerst kontrovers verlaufenen Debatte stellte Lara Braun von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Sigmaringen den im Gesetz festgeschriebenen, landesweiten Biotopverbund sowie dessen angedachte Umsetzung auf kommunaler Ebene vor. Kurz ging sie dabei auf die bestehende Ausgangssituation ein: „Das Insektensterben ist in aller Munde, viele Lebensräume gehen durch Versiegelung und intensive Nutzung für heimische Arten einfach verloren“, sagte sie und legte die Ziele, gesetzlichen Grundlagen sowie den Ablauf der Planung dar, bevor sie auf die möglichen Vorteile für die Kommune, und – anhand von einigen Beispielen – auch auf die praktische Umsetzung einging.

Zweifel an Aussage von Laura Braun

Angesichts der Tatsache, dass er seine Existenz durch unzählige Schutzgebiete und -maßnahmen gefährdet sieht, zeigte sich Landwirt Frank ...
Angesichts der Tatsache, dass er seine Existenz durch unzählige Schutzgebiete und -maßnahmen gefährdet sieht, zeigte sich Landwirt Frank Mors ziemlich aufgebracht. Daneben verfolgte seine Frau Annette die Debatte. | Bild: Gerd Feuerstein

Nicht zuletzt ging die Biotopverbundbotschafterin auch auf die finanziellen Aspekte der Planung ein, für die das Land einen Zuschuss von 90 Prozent gewähre, während die spätere Umsetzung der Maßnahmen nur noch mit 70 Prozent gefördert werde: „Die Kommunen sind nur zur Planung verpflichtet, die praktische Umsetzung ist im Gesetz nicht vorgeschrieben“, machte Lara Braun auf Nachfrage von Landwirt Frank Mors deutlich, der sich in der Fragestunde deutlich zu Wort gemeldet hatte. Und diesbezüglich äußerten auch die Gemeinderäte erhebliche Bedenken. So bezweifelte Verena Merz (FW), dass es kaum vorstellbar sei, dass man so viel Geld in die Hand nehme, ohne es später nicht umzusetzen. Auch Klaus-Dieter Halder (CDU) mutmaßte, dass die Umsetzung der Planung eines Tages per Gesetz komme.

Klaus-Dieter Halder plädiert für Abwarten

Klaus-Dieter Halder (CDU) stellte die Vielzahl der bereits bestehenden Biotope auf der Gemarkung Stetten a.k.M. heraus und votierte ...
Klaus-Dieter Halder (CDU) stellte die Vielzahl der bereits bestehenden Biotope auf der Gemarkung Stetten a.k.M. heraus und votierte dafür, zunächst noch abzuwarten. | Bild: Gerd Feuerstein

Halder legte dar, dass die Gemeinde bereits über sehr viele Biotope verfüge, die unter anderem im Rahmen der Flurbereinigung „angelegt, und auch bereits miteinander verbunden“ seien. Um Übrigen sei auf Stettener Gemarkung der Truppenübungsplatz „das Biotop schlechthin“, verdeutlichte Halder, der später vorschlug, sich „wie die Nachbargemeinde Schwenningen zu verhalten“ und zunächst die weitere Entwicklung abzuwarten.

Ortsvorsteher Seßler und Pozzi sind dagegen

„Wir sind gebrannte Kinder“, sagte Frohnstettens Ortsvorsteher Johann Seßler.
„Wir sind gebrannte Kinder“, sagte Frohnstettens Ortsvorsteher Johann Seßler. | Bild: Gerd Feuerstein

Auch Frohnstettens und Storzingens Ortsvorsteher Johann Seßler und Bruno Pozzi positionierten sich deutlich gegen die Planung: „Wir sind gebrannte Kinder in Sachen FFH“, sagte Seßler, während Pozzi vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Schutzkulissen folgerte: „Das ist einfach zu viel des Guten“. Und auch Florian Dreher (ILS) war überzeugt, dass jede Planung irgendwo hin führe: „Die Umsetzung wird bei den Landwirten hängen bleiben“.

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Maik Lehn will die Kosten gering halten

Diese Meinung konnte Bürgermeister Maik Lehn so wenig teilen, wie er den Vorschlag von Klaus-Dieter Halder ablehnte, es der Nachbargemeinde gleich zu tun. Zwar habe die Verpflichtung der Kommunen zur Biotopverbundplanung auch bei der Verwaltung „keine Begeisterung ausgelöst“. Doch lege er dem Gremium dringend ans Herz, die Sache jetzt in Angriff zu nehmen: „Es macht keinen Sinn zu warten, bis eines Tages womöglich die Zuschüsse gekürzt werden und alle kurz davor noch einsteigen wollen“, sagte er. Denn dann sei kaum mehr ein Planungsbüro zu finden, das einen entsprechenden Auftrag übernehme: „Ich bin daran interessiert, dass unsere Kosten so gering wie möglich sind“, begründete Lehn.

Daniel Sauter wirbt für Zustimmung

Und so wog die Debatte hin und her. Einzig Daniel Sauter (FW) warb am Ende um Zustimmung: „Ich bin dafür die Planung jetzt in Angriff zu nehmen“, sagte er und meinte, dass man die Landwirte für die weitere Schritte „so schnell wie möglich ins Boot holen“ sollte. Und zu guter Letzt kam auch Landwirt Frank Mors nochmal zu Wort, der der Aussage von Lara Braun, dass den Landwirten die Umsetzung von Maßnahmen nicht auferlegt würde, keinen Glauben schenken wollte: „Ich bin seit 30 Jahren Landwirt und es sind nur Auflagen gekommen“, sagte er. Nun komme auch noch das Landesgesetz, dass im FFH-Gebiet ab 2024 der Pflanzenschutz verboten werde: „Es geht um unsere Existenz“, redete sich Mors in Rage. Es sei schlicht und einfach „eine Phrase“ zu sagen, dass einem die Umsetzung nicht vorgeschrieben werde. Auf die Bewirtschafter oder Eigentümer kämen mit Sicherheit in relativ kurzer Zeit Auflagen zu, „dass es unerträglich ist“, mutmaßte Mors. Schon heute brauche man für „jeden Scheiß eine Umweltverträglichkeitsprüfung“, was einfach nicht mehr normal sei.

Umso überraschender fiel am Ende die Abstimmung aus. Denn mit der knappen Mehrheit von sieben zu sechs Stimmen votierte das Gremium dann doch für den baldigen Einstieg in die Biotopverbundplanung und stimmte somit dem Antrag des Bürgermeisters zu.