Das Feriendorf Öfingen ist in Aufruhr, der Ort Öfingen selbst in Sorge, die ganz Kurstadt Bad Dürrheim verunsichert. Es geht um mögliche touristische Außenwirkungen eines auch im Internet ausgetragenen Disputs – derzeit rumort es heftig auf der Ostbaar.
Tiefes Zerwürfnis
Der Grund: auf den ersten Blick ein Streit zwischen Hausbesitzern im Feriendorf Öfingen, auf den zweiten Blick ein tiefes Zerwürfnis zwischen Erholungssuchenden und Einheimischen auf der einen Seite und einem Geistheiler auf der anderen Seite.

Dieser Geistheiler heißt Oliver Brecht. Der Mann mit Hauptwohnsitz im schweizerischen Kreuzlingen bezeichnet sich selbst als solchen. Im Internet ist viel über ihn zu lesen, nach eigener Darstellung ist er vieltausendfach wiedergeboren worden und verfügt über besondere Fähigkeiten, die er auch über den Verkauf von Büchern öffentlich bekannt macht. Nach Angaben seines Anwalts Friedrich Bernreuther besitzt Brecht mehrere Immobilien im Feriendorf Öfingen.
Geistheiler schaltet Rechtsanwalt ein
Oliver Brecht schaltet seinen Rechtsvertreter ein, als ihn die erste Anfrage des SÜDKURIER zu Konfrontationen im Feriendorf Öfingen erreicht. Der Rechtsanwalt betont, dass Brecht nicht persönlich mit dieser Zeitung sprechen wolle, vielmehr sei er, der Rechtsanwalt Bernreuther, beauftragt, mit dem SÜDKURIER zu sprechen.
Der Anwalt beantwortet Fragen nur schriftlich. So etwa die Frage: „Ist es zutreffend, dass Herr Brecht anlässlich von Begegnungen im Feriendorf gegenüber Passanten geäußert hatte, diese würden sich auf Privatgrund befinden und hätten diesen zu verlassen; dies, obschon es sich nach Informationen des SÜDKURIER um öffentlichen Grund gehandelt habe?“. Die Antwort des Rechtsanwalts Bernreuther: „Herr Brecht lebt beruflich und privat in Harmonie mit seinen Mitmenschen.“

Von Harmonie ist derzeit im Feriendorf freilich nichts zu spüren. Das belegt schon ein Aufruf von Rainer Stolz im Namen der Feriendorf Öfingen Verwaltungsgesellschaft GmbH.
- Darin heißt es wörtlich: „Es wurde der Verwaltung des Feriendorfs mehrfach berichtet, dass Besucher auf dem Gelände des Feriendorfs von unbekannten Personen verbal belästigt wurden. Dabei wurde in aggressiver Weise beispielsweise behauptet, das Feriendorf sei Privatgelände und da habe niemand etwas verloren. Die Angegriffenen fühlten sich anschließend massiv eingeschüchtert. Sollten Besucher des Feriendorfs in dieser Weise angesprochen werden, so bittet die Verwaltung, die Rezeption bei derartigen Vorfällen möglichst zeitnah zu verständigen, damit juristische Schritte gegen die Person(en) eingeleitet werden können. Das Feriendorf ist für Jedermann frei zugänglich. Die Feriendorfverwaltung freut sich sogar, dass sie der Bevölkerung ein kleines Naherholungsgebiet mit verschiedenen Möglichkeiten der unbeschwerten Entspannung und des Spielens zur Verfügung stellen kann.“
Oliver Brecht sieht „Verleumdungen und Schmutzkampagen gegen meine Person“, „Hetzjgad gegen meine Person“, „Hetze gegen Geistheiler“: So sind drei von einem guten halben Dutzend Mails im Betreff beschrieben, die Brecht unaufgefordert an die Redaktion des SÜDKURIER richtet. Entgegen der Mitteilung seines Rechtsanwalts Bernreuther hat Brecht ein großes digitales Mitteilungsbedürfnis, das seinen Rechtsbeistand links liegen lässt.
Böse Blicke
In einer Mail heißt es: „Man will mich mit aller Macht vertreiben aus dem Feriendorf, mit allen Mitteln! (...) Ich werde nicht verkaufen, man muss mich erschießen oder verbrennen! Vielleicht werden sie mich ja mal noch lynchen dort oben? Es kommen jetzt schon immer mehr aus dem Ort und laufen an meinem Haus vorbei und schauen mich böse an oder schauen mich beim Spazierengehen böse an. Was habe ich getan?“

Für viele Öfinger liegt die Antwort auf diese Frage auf der Hand. „Der werte Herr bewegt sich im und um das Feriendorf nur noch mit einem Gefolge von inzwischen fünf und acht Leuten und mehreren Hunden. Wie in einem schlechten Film mit Vor- und Nachhut. Seine Begleiter sind dabei auch bei schönstem Wetter mit langen Regenschirmen ,bewaffnet`, die sie auch gerne mal drohend zur Schau stellen, wenn ihnen auf den umliegenden Feldwegen jemand entgegen kommt.“
Und weiter: „Das Auftreten und Verhalten dieser Personengruppe wirkt auf viele harmlose Spaziergänger beängstigend.“ So steht es in einem nicht namentlich gekennzeichneten Schreiben, das der Redaktion vorliegt und mit „gezeichnet: mehrere besorgte Anwohner von Öfingen“ abschließt.
„Selbstverständlich halte ich den Ruf des Feriendorfes und Öfingens für gefährdet.“Rainer Stolz, Vertreter der Geschäftsführung
Der frühere Geschäftsführer und jetzige Vertreter der jetzigen Geschäftsführung der Feriendorf GmbH, Rainer Stolz, erklärt: „Ich persönlich stehe voll hinter dem Brief der Öfinger Bürger.“ Was er von anderen erfahren habe, habe sich auch exakt so abgespielt. „Selbstverständlich halte ich den Ruf des Feriendorfes und Öfingens für gefährdet“, erklärt Rainer Stolz weiter, zumal Oliver Brecht sich im Internet schon die ganze Zeit über das Feriendorf „ausgelassen“ habe. Manches habe Brecht auch wieder gestrichen.
Beliebtes Naherholungsgebiet
„Uns geht es nicht nur um die Gäste des Feriendorfes selbst“, so Stolz, „sondern wir sind ja auch Naherholungsgebiet, das von vielen Leuten von außerhalb besucht wird.“
Wissenswertes zum Feriendorf Öfingen
Die Feriendorf GmbH werde sich besprechen, wie es weitergehen soll. Besonderen Wert legt Rainer Stolz auf die Feststellung, dass Oliver Brecht noch nie von der Verwaltung und Geschäftsführung angegangen worden sei. „Wir haben immer sehr sachlich geschrieben. Das können wir bei Bedarf auch nachweisen“, sagt Stolz, der übrigens von Oliver Brecht nach eigenen Angaben bereits mehrfach „vor Gericht gezogen“ wurde. Sämtliche Gerichtsverfahren seien immer von Brecht ausgegangen.
Ortsvorsteherin hält sich bedeckt
Öfingens Ortsvorsteherin Astrid Schweizer-Engesser hält sich auf Nachfrage zu den Turbulenzen rund ums Feriendorf auffallend bedeckt. Sie verweist darauf, dass nach wie vor der Zugang zum Feriendorf für alle frei ist: „Die Leute, die durchs Feriendorf gehen, sind willkommen.“ Es sei wichtig, in Gespräche zu kommen und Ruhe in die Situation zu bringen.

Andrea Chandoni von der Verwaltung im Feriendorf weiß von vielen Vorfällen im Laufe der Jahre, die seitens der Mitarbeiter und Gäste ihr gegenüber beklagt wurden, hat sich aber bis jetzt nicht – und wolle sich derzeit auch weiter nicht öffentlich äußern, um den Frieden im Feriendorf zu erhalten. Man sei jedoch froh, dass man nach den letzten Vorkommnissen vor knapp zwei Wochen durch einen Wachdienst Schutz erhalten habe.
Stadt plant einen Gesprächstermin
Für die Stadt Bad Dürrheim ist die Angelegenheit mit dem Feriendorf „eine hochsensible Geschichte“, wie Pressesprecher Alexander Stengelin auf Nachfrage unserer Redaktion erklärt. „Es ist eine extrem verfahrene und schwierige Situation und natürlich ein Nachteil für die Gemeinde. Das Feriendorf ist eine wichtige touristische Einrichtung für die Gemeinde.“
Deshalb wolle Bürgermeister Jonathan Berggötz persönlich Gespräche mit den Beteiligten führen. Wie es weitergehe, das werde die Zukunft weisen. Es seien Gesprächstermine für die kommende Woche vereinbart.