Da coronabedingt der Gewerbeverein Bad Dürrheim im vergangenen Jahr keine Jahreshauptversammlung abhalten konnte und auch immer noch nicht absehbar ist, wann Präsenzversammlungen wieder möglich sein werden, hielt er nun kurzerhand seine Versammlung per Videokonferenz ab.
Es mag so aussehen, als passiere da nicht viel im oder durch den Gewerbeverein. Doch hinter den Kulissen tut sich einiges. Nach den Berichten entfachte sich eine umfangreiche Diskussion am Thema Stadtbuslinie und Wiederbelebung der Innenstadt. „Wir wünschen uns viel für die Zukunft der Stadt. Wir möchten ins Tun kommen. Das funktioniert aber nur gemeinsam, wenn alle gemeinsam an einem Tisch sitzen“, erklärte Tamara Pfaff, die Erste Vorsitzende des Gewerbevereins.
Auch ließen sich anwesende Mitglieder und Vertreter des Gewerbevereins nicht die Chance entgehen, noch einmal gegenüber dem Bürgermeister ihren Unmut über den Ablauf und die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages und die Kurtaxe zu äußern.
- Fremdenverkehrsbeitrag: Aus Sicht des Gewerbevereins sei das Ganze ein bisschen enttäuschend verlaufen. Es sei eine Hauruckaktion gewesen, alles viel zu kurzfristig. Die Unternehmer hätten sich nicht rechtzeitig zu den Terminen freischaufeln können. Die Vorstandschaft habe einen Brief an Gemeinderäte geschickt mit einer Unterschriftensammlung. „Wir hätten uns gewünscht, dass man im Vorfeld mit uns redet und uns besser informiert, die ganze Lage mal bespricht und wie man was auf den Weg bringen kann.“ Drei Jahre rückwirkend Gelder zu fordern, das gebe es nirgendwo in der Gesellschaft. „Eine Falschberechnung ist nicht unser Fehler.“ Man wünsche sich für die Zukunft, einen gemeinsamen Weg und einen Nenner zu finden.
- Der Marketingbeirat, zu dem Vertreter von Handel (Apothekerin Andrea Kanold), Dienstleistern, Hotel- und Gaststätten (Alexandra Limberg), Joachim Limberger seitens des Klinikforums, des Feriendorfs Öfingen, Michael Neuenhagen vom Bad Dürrheimer Mineralbrunnen und seitens der Stadtverwaltung der Bürgermeister, Kurgeschäftsführer Markus Spettel und Wirtschaftsförderer Alexander Stengelin gehören, hätten in der Öffentlichkeit – genauer gesagt im Gemeinderat – zu wenig Gehör, wurde vorgetragen. Man wünsche sich, dass die im Marketingbeirat entwickelten Ideen durch Markus Spettel ein oder zwei Mal jährlich im Gemeinderat vorgetragen würden.
- Forum Innenstadt: Apothekerin Andrea Kanold erklärte, es sei sehr wichtig, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Sie griff die Ist-Situation der Geschäfte in der Innenstadt und auch der Dienstleister insbesondere der Einzelhändler, auf. Sie habe an einer Diskussionsrunde der Industrie- und Handelskammer (IHK) teilgenommen, deren Motto „Stadtmacher statt Schlusslicht!“ gewesen sei und bei der es genau um solche brennenden Themen ging, wie sie auch Bad Dürrheim betreffen.
- Die Ist-Situation sei gleichzusetzen mit Frustration. „Wir haben seit 2020 fast durchgehend Lockdown. „Vieles ist dicht gemacht. Das führt zu Frustration, und optisch gesehen ist die Innenstadt mit leeren Straßen nicht belebt.“ Auch diejenigen, die offen haben, seien aufgrund der hohen Kosten nicht besser dran als diejenigen, die ganz geschlossen haben. Die Einzelhändler sind mit unwahrscheinlich vielen Vorschriften belastet. Ständig ergehen neue Vorgaben. Die Verunsicherung sei sehr groß.

Kanold: „Das Wichtigste für uns ist – das ist einer der Ausblicke – die Menschen wieder in die Innenstadt zu bekommen, dass die Innenstadt wieder belebt ist, dass sie wieder ihr Gesicht zeigen kann, wie sie früher auch mal war. Ganz wichtig in diesem gesamten Spiel wäre auch, dass die Gewerbetreibenden sehr stark und intensiv mit der Verwaltung, dem Wirtschaftsförderer und mit der Kur- und Bäder GmbH zusammenarbeiten. Man wolle aus dem Marketingbeirat heraus intensiv die Stadt nach vorne bringen, den Beirat mit seinen Ideen, Wünschen und Vorschlägen auch stärker in das Bewusstsein des Gemeinderats heben. Was dem Marketingbeirat und dem Forum Innenstadt am Herzen liege, sei die vor längerer Zeit bereits angestrebte Quartiersentwicklung, das heißt, man nimmt sich Straßenzüge vor und arbeitet gemeinsam an Themen, die etwas längerfristiger und nachhaltiger sind. Das könne der Gewerbeverein allein nicht leisten. Dazu müssten alle wichtigen Player sich miteinander vernetzen, gemeinsam an einem Strang ziehen, Ziele formulieren – gemeinsam das Ziel verfolgen, der Stadt wieder Leben einzuhauchen. Derzeit sei es sehr schwierig, die Händler zu motivieren, sich noch stärker einzubringen.
Als Beispiel führte Kanold die Städte Nagold, Rottweil und Stuttgart an, in denen sich – so habe es die Diskussionsrunde der IHK ergeben – die Verwaltungen sehr stark zu diesen Themen einbringen. „Wir brauchen einen offenen und ehrlichen Austausch“, verdeutlicht Kanold ihre Ansicht.
Die Ziele sollten nicht zu hoch gesteckt werden, aber auch nicht zu klein sein. Zum Abschluss wies die Apothekerin erneut darauf hin, dass es ganz wichtig sei, von Gesetzesseite her Offenheit und Entspanntheit hereinzubekommen. Ganz wichtig sei, dass für die Händler und Gewerbetreibenden ein Bürokratieabbau – etwa bei Schnelltests und Kundennachverfolgung – vonstatten gehe.