Was bedeutet für einen 25-jährigen jungen Mann, der sich als Narrenrat und Ballregisseur engagiert, die Fastnacht – und vor allem, wie geht es ihm ohne die Fastnacht, die ja bekanntermaßen coronabedingt ausfällt?

„Ganz klar – Tradition“, beantwortet Lucian Götz die erste Frage. „Man lernt über die Fastnacht eigentlich auch nie aus, es gibt immer neue Eindrücke. Und je mehr man sich damit beschäftigt, Literatur darüber liest, an der Fasnet, den Narrentreffen oder sonstigen Veranstaltungen teilnimmt, umso mehr lernt man über andere Zünfte und damit auch wieder über die Fasnet.“

Wie kommt man als 22-jähriger überhaupt dazu, den Programmablauf beim Zunftball zu managen? „Ich hatte schon immer Interesse daran“, sagt Lucian Götz. Dazu muss man wissen, dass er immer schon ein bisschen mithalf, schon als kleiner Pimpf mit der kleinen Tanzgruppe beim Zunftball auf der Bühne stand, später die Lichtkanone bediente und seit zehn Jahren mit dem Fanfarenzug zur Eröffnung des Balls auftritt. Die Fastnacht liegt ihm im Blut. Genau genommen war er schon im Kinderwagen auf der Fastnacht. Er war auch schon immer hinter der Bühne dabei und unterstützte seine Schwester Xenia, die zehn Jahre lang als Ballregisseurin hinter den Kulissen wirkte. „Irgendwann hat sie gesagt, sie wolle auch gern mal nur zuschauen und schon hatte ich den Job“, erklärt Götz.
Und es ist ein recht stressiger Job. „Man ist doch gute vier oder fünf Monate mit dem Zunftball beschäftigt.“ Im Vorfeld stehen schon einige Monate Planung dahinter. Je näher der Zunftball kommt umso stressiger wird‘s.
So sieht die To-Do-Liste aus: Anfang bis Mitte Oktober erste Zunftballbesprechung. Breit gestreut wird in die Zunft gefragt, beziehungsweise die üblichen Verdächtigen werden angeschrieben und gefragt, wer was macht. Technik und Requisiten sind da noch nebensächlich, sondern es gehe eher um den Austausch. Die Gruppen machen ihre Sachen immer frei, der Zunftball hat kein Motto. Ein Motto kann schön sein, schränke aber auch ein. Im November geht es Richtung Probenbeginn, Ende November bis Ende Dezember folgt eine zweite Besprechung, bei der es mehr in die Details geht. Lucian Götz besucht die Gruppen, schaut was sie machen, was sie noch brauchen.
Dann tritt mit Dreikönig und dem Häsabstauben die heiße Phase ein. „Da vergeht fast kein Tag mehr ohne das Thema Zunftball“, erklärt der Ballregisseur. Die Akteure müssen sich mit dem Tontechniker besprechen. Die Sieder stellen die Mannschaft für die Kulisse. „Das sind die Männer, die man nicht sieht, aber ohne die der Ball nicht laufen würde“, so Götz. Die Sieder sind eine stattliche Gruppe und fänden sich schnell zusammen.
Aufregung setze dann schließlich am Balltag mittags um 13 Uhr bei ihm ein. Alles wird noch einmal durchgesprochen mit der Kulissencrew und den Kulissenschiebern, Blumen werden ins Wasser gestellt, der Sekt kaltgestellt. Ab 18 Uhr sei er dann wieder in der Siedepfanne, berichtet der Multitasker. Da merke man, dass der Stresspegel bei allen steigt. Götz meistert derweil die Doppelbelastung, weil der Fanfarenzug den Ball auch eröffnet. Er schaut vor die Bühne, ob alle da sind, macht einen letzten Rundgang hinter der Bühne. Wenn dann das Go vom Zunftmeister kommt, geht der Vorhang auf. „Entspannen kann ich mich erst beim Finale. Bis dort hält der Spannungsbogen an“, lässt der Ballregisseur wissen.
Wie geht es ihm mit Fastnachtsabsage? „Es macht schon traurig. Es ist ja doch die Zeit im Jahr, auf die man hinfiebert.“ Nach dem Studium wäre dies die erste Fastnacht ohne Prüfungsstress und mit ruhigem Gewissen gewesen. „Aber ich sehe es auch als Chance, wieder die Fastnacht ursprünglicher zu erleben unter der Hoffnung und Voraussetzung, dass sich bis dahin die Gegebenheiten ändern, man zum Beispiel in kleinen Gruppen die Fastnacht begehen kann“, gibt Lucian Götz seiner Hoffnung Ausdruck. Es könnten ja auch ein paar Narros durch die Innenstadt laufen und bekannte Gesichter strählen, Anekdoten erzählen, von Haus zu Haus ziehen. Er wünsche sich jedenfalls, dass die Mitglieder Eigenengagement zeigen.