Bad Dürrheim (pm) Bad Dürrheim will bis 2040 klimaneutral sein. Die Kurstadt ist seit Jahren im Bereich Klimaschutz aktiv, doch wie aus den Berichten der städtischen Klimaschutzmanagerin Alisia Meisch und Tobias Bacher von der Klimaschutz- und Energieagentur Schwarzwald-Baar-Heuberg hervorgeht, muss deutlich mehr getan werden, um das Klimaneutralitätsziel des Landes zu erreichen – auch im Privatsektor.

Riesige Herausforderung

Bis zum Jahr 2040 muss jede Kommune in Baden-Württemberg Klimaneutralität erreichen, indem der Ausstoß der Treibhausgase (CO₂) gesenkt wird. Dies muss in erster Linie durch eine Minderung des Energiebedarfs – etwa durch energetische Sanierung von Gebäuden und durch Sensibilisierung der Bürger – sowie durch Umrüsten auf erneuerbare Energien erfolgen.

„Das Ziel der Klimaneutralität gilt einerseits für die Stadtverwaltung, andererseits auch für die Gesamtstadt“, formuliert die Stadtverwaltung jetzt im Frühjahr 2025.

Allein die Stadtverwaltung sorgt mit ihren Gebäuden und Fahrzeugen jährlich für knapp 2000 Tonnen Treibhausgasemissionen, zeigte Alisia Meisch zuletzt auf: Sie sagt: „Die meisten dieser Emissionen – nämlich 90 Prozent – verursachen die städtischen Gebäude“ und die Infrastruktur wie Straßenbeleuchtung oder auch die Wasser- und Abwasserversorgung. Auch der Fuhrpark, etwa beim Bauhof, sei ein Faktor, wird weiter erklärt.

Ziel müsse neben der Einhaltung des vorgestellten Treibhausgas-Minderungspfades deshalb eine Halbierung des Energieverbrauchs von 6075 Megawattstunden (MWh) im Basisjahr 2019 auf 3037 MWh sein. Angestrebt werden soll, dass durch Gebäudesanierungen der Heizwärmebedarf auf unter 50 Kilowattstunden pro Quadratmeter pro Jahr gesenkt wird.

Wärmepumpen helfen

Die Klimaschutzmanagerin zeigt jetzt weiter verschiedene Varianten für eine effizientere Wärmeversorgung auf. Da aktuell 80 Prozent der Gesamtemissionen aus der Wärmeversorgung der Gebäude mit Erdgas resultieren, hätte eine Umstellung auf Fernwärme, die mit Biomasse betrieben wird oder auf Wärmepumpen, die ihren Strom teilweise sogar aus Fotovoltaik beziehen, eine deutliche Minderung der Treibhausgasemissionen zur Folge.

„Wir müssen deutlich aktiver werden, was die Wärmeversorgung der Gebäude angeht, hier steckt das größte Potenzial“, so die städtische Klimaschutzmanagerin. Es müsse jedes Gebäude individuell betrachtet werden, welche Art der Wärmeversorgung am sinnvollsten ist, da Wärmenetze nur in bestimmten Gebieten in Betracht kommen, wie die kommunale Wärmeplanung aufgezeigt hat.

Das erfordert aber auch zusätzliche personelle Kapazitäten im Kundenbereich Gebäudemanagement. Deswegen sei die Stelle eines Gebäude- und Energiemanagers in den Haushaltsplanentwurf für 2025 aufgenommen worden. Klimaneutrale Gesamtstadt: Nicht nur die Stadtverwaltung mit ihren Gebäuden und Einrichtungen, auch die Gesamtstadt mit den Privathaushalten und Unternehmen soll in 16 Jahren treibhausgasneutral sein.

2019 wurden von den privaten Haushalten, der Stadtverwaltung, Unternehmen und dem Verkehr in Bad Dürrheim Emissionen in Höhe von 120.874 Tonnen CO₂ verursacht. Davon geht mehr als ein Fünftel (21,8 Prozent) auf das Konto von Privathaushalten und 28,2 Prozent auf jenes der Wirtschaft (darunter auch Tourismuswirtschaft). Die kommunalen Liegenschaften fallen bei der Bilanz der Gesamtstadt nur mit 1,1 Prozent ins Gewicht.

Weil auf Bad Dürrheimer Gemarkung mehrere überregionale Verkehrswege (A 81, A 864, B 27 und B 33) verlaufen, liegt der Anteil des Verkehrs an den Treibhausgasemissionen (48,9 Prozent) relativ hoch. Auf den Verkehr auf den Autobahnen und Bundesstraßen hat die Stadt kaum Einfluss, jedoch auf die Mobilität der eigenen Bewohner, etwa indem der Umstieg vom Auto auf den Bus und Fahrradwege gefördert wird. So verweist Alisia Meisch auf die Planung einer durchgängigen Rad-Route zwischen Wohnmobilstellplatz und Gewerbegebiet.

Drei Windräder wären gut

Auch aus der Bilanz der Gesamtstadt wird deutlich, dass die Wärmeversorgung den größten Anteil einnimmt. Da die kommunale Wärmeplanung zum Ergebnis kam, dass die Stadtteile und auch Teile der Kernstadt eine individuelle Lösung für ihr Gebäude in Anspruch nehmen müssen, lohnt es sich auch hier für die Beratung im Rahmen der Energiekarawane anzumelden. Beim Stromverbrauch würde der Bau von drei Windrädern für eine bilanzielle Entlastung sorgen. Mit diesen Anlagen könnten in der Annahme 50.000 Megawattstunden Strom pro Jahr erzeugt werden.

„Damit würde mehr Strom erzeugt, als in der Gesamtstadt verbraucht wird und Bad Dürrheim wäre rechnerisch stromautark“, so Tobias Bacher. Zwar sind auf vielen privaten und städtischen Dächern Photovoltaikanlagen installiert, doch im Vergleich zur Bilanz, die er 2017 vorstellte, wurden nur fünf Prozent mehr Erzeuger von erneuerbarer Energie installiert. Energieexperte Tobias Bacher von der Klima- und Energieagentur Schwarzwald-Baar-Heuberg stellte am Schluss fest: Kommunen wie die Kurstadt „ stehen im Verhältnis zu anderen schon hervorragend da, trotzdem ist der Weg zur Klimaneutralität noch weit“.

Appell des Rathaus-Chefs

Angesichts dieser Zahlen nannte es Bürgermeister Jonathan Berggötz „erschreckend, wie viel noch geleistet werden muss“, wenn die Stadt und die Stadtverwaltung treibhausgasneutral werden müssen und auch wollen. Die Investitionen müssten angepackt und die notwendigen Kapazitäten geschaffen werden. In diesem Zusammenhang appellierte der Bürgermeister an die Bevölkerung, das Angebot der kostenlosen Energieberatung der neutralen Klimaschutz- und Energieagentur Schwarzwald-Baar-Heuberg wahrzunehmen. Die Experten der Agentur schauen sich das Gebäude genau an und geben anschließend unverbindliche, individuelle Empfehlungen ab.

Die Energie- und CO₂-Bilanz der Gesamtstadt wird alle vier Jahre durch die Klimaschutz- und Energieagentur Schwarzwald-Baar-Heuberg erstellt. Die Bilanz für die Stadtverwaltung wird von der Klimaschutzmanagerin der Stadt, Alisia Meisch, erstellt und jährlich fortgeschrieben. Die Stelle wird vom Landesministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft gefördert.