Niemand steht gerne unter Aufsicht. Genau das ist der Stadt Bad Dürrheim aber nun passiert, weil ihre finanzielle Situation und ihre Planungen für die nächsten Jahre nach Ansicht der Aufsichtsbehörde nicht mehr zusammenpassen. Anfang der Woche war bekannt geworden, dass sich die Kommunalaufsicht eingeschaltet hat – mit genauen Hinweisen, wo sie die Grenze der finanziellen Belastbarkeit sieht.
In Oberbaldingen kam der Gemeinderat am Donnerstag, 10. April, in der dortigen Schulmensa zusammen, um in öffentlicher Sitzung über die neue Situation zu debattieren. Dabei zeigte sich, dass die Intervention durch den Kreis ihre Spuren hinterlassen hat. „Eine sehr prekäre Lage“, sagte Bürgermeister Jonathan Berggötz. Er hatte bis zuletzt darauf gehofft, den mühsam erarbeiteten Haushaltsentwurf durchzubekommen, doch die Aufsichtsbehörde grätschte vehement dazwischen.
Tiefe Betroffenheit
Die Wortmeldungen im Gemeinderat zeigten, dass auch unter den Räten große Sorge darüber herrscht, nicht länger alleine Herr der städtischen Finanzen zu sein. „Der Haushalt ist schon dramatisch“, sagte LBU-Stadträtin Karen Roeckl. Ähnlich auch die Bestandsaufnahmen aus den anderen Fraktionen. Barbara Fink (CDU) sieht die aktuelle finanzielle Situation als prekär an. „Es darf nicht so weit kommen, dass andere über uns entscheiden“, warnte die Stadträtin.
Klaus Götz (Freie Wähler) bekannte, bereits bei der Verabschiedung des Haushalts Bauchgrimmen verspürt zu haben. Er vermutet, dass das Fehlen der Eröffnungsbilanz ein zusätzlicher Faktor war, warum die Kommunalaufsicht eingeschritten sei.
Diese Bilanz erfasst und bewertet das Vermögen einer Kommune und stellt diese Posten den Schulden und sonstigen Verpflichtungen der Stadt gegenüber. Auf diese Anfangspositionen setzt die gesamte Buchungssystematik auf. Bürgermeister Berggötz kündigte an, dass die Bilanz nun endlich vorliege und Ende des Monats präsentiert werde.
„Wir dürfen jetzt aber nicht alles auf Halde legen“, sagte der Bürgermeister. Die Warnung habe man vernommen, doch stünden nun auch viele Aufgaben an, die unabhängig von allen Sparzwängen angegangen werden müssten.
Haus des Gastes wird vorerst nicht saniert
Um die finanzielle Schieflage möglichst rasch zu entschärfen, wird es einen großen Streichposten geben: Das Haus des Gastes sollte eigentlich saniert werden, um dort Teile der Verwaltung und der Kur- und Bäder GmbH unterzubringen. Dieses Vorhaben ist nun zumindest bis zum Jahr 2028 auf Eis gelegt. LBU-Stadtrat Wolfgang Kaiser kritisierte, dass dieser Lösungsansatz in der Vorlage reichlich verschämt präsentiert werde. „Wir müssen schon ehrlich gegenüber der Bevölkerung sein“, forderte der langjährige Gemeinderat.

Er appellierte an die Verwaltung, die anstehenden Grausamkeiten auch klar zu benennen. Kaiser fand mit seiner Kritik im Gemeinderat Gehör: Im Beschluss steht nun ausdrücklich, dass das Haus des Gastes vorerst nicht saniert wird. Zudem stimmte der Gemeinderat einem Grünen-Antrag zu, die Verwaltung möge eine Liste an Vorhaben vorlegen, die Einsparpotenziale bieten.
13 Millionen gestrichen
Konkret wird von der Stadt Bad Dürrheim verlangt, die Kreditermächtigung für das laufende Jahr 2025 um eine Million Euro zu reduzieren. Die Sparzwänge gehen in den Folgejahren weiter: So strich die Aufsichtsbehörde die Verpflichtungsermächtigungen bis ins Jahr 2028 von 32,7 Millionen Euro auf 19,5 Millionen Euro zusammen. Verpflichtungsermächtigungen ermöglichen es der Verwaltung, über das jeweilige Haushaltsjahr hinauszudenken.

Kommission soll Vorschläge erarbeiten
„Es wird noch andere Zumutungen geben“, meint Barbara Fink mit Blick auf die weitere Zukunft. Mit einer Maßnahme sei es nicht getan. Auch FDP-Stadträtin Andrea Kanold befürchtet, dass die vorläufige Streichung der Sanierungsarbeiten am Haus des Gastes noch nicht das Ende der Fahnenstange sind. Sie verwies auch darauf, dass auch die Kur- und Bäder GmbH der Stadt noch sehr viel Geld kosten werde.
Can Zileli (SPD) mahnte an, jetzt nicht so lange die Wunden zu lecken, sondern sich über die notwendigen Schritte aus der Krise Gedanken zu machen. Zu diesem Zweck wurde eine Haushaltsbegleitkommission ins Leben gerufen, die Wege aus Krise aufzeigen soll.