Das Schicksal der Villinger Rentnerin Birgit Reuner hat viele SÜDKURIER-Leser bewegt: Weil ihr Mietvertrag gekündigt worden war und sie in ihrer Heimatstadt keine günstige neue Wohnung finden konnte, ist die 68-Jährige mit ihrem Dackel Max nach Portugal ausgewandert. Doch wie hat sie sich inzwischen dort eingelebt? Das schreibt Reuner uns:

„Jetzt sitze ich im T-Shirt bei etwas über 20 Grad um 10 Uhr hier auf meiner Terrasse im kleinen Örtchen Vitorino dos Piaes beim Sonntagsfrühstück und denke darüber nach, ob ich jetzt wirklich im Land meiner Träume angekommen bin?

Die Villingerin genießt das Sonntagsfrühstück in der portugiesischen Morgensonne.
Die Villingerin genießt das Sonntagsfrühstück in der portugiesischen Morgensonne. | Bild: Birgit Reuner

Mein Dackel Max bellt zur Haustür hinaus, auch ohne Grund. Ich sitze hier unter meinem Pavillon und genieße die portugiesische Sonntagmorgensonne. Ein Stück aufgebackenes Brot, ein paar Oliven, eine Tomate, etwas Butter und Schinken. Dazu eine gute Tasse Kaffee, einen selbst gepressten Orangensaft, ein Frühstücksei und etwas Honig. Mehr braucht es nicht zum Glücklichsein. Ist es wirklich so einfach?

In Deutschland würde ich jetzt vielleicht noch bei Minusgraden in der Wohnung sitzen und darüber nachdenken, wann der beste Zeitpunkt ist, um mit Max spazieren zu gehen.

Dackel Max ist in der neuen Heimat sehr zufrieden – auch wenn seine Katzenjagden immer erfolglos sind.
Dackel Max ist in der neuen Heimat sehr zufrieden – auch wenn seine Katzenjagden immer erfolglos sind. | Bild: Birgit Reuner

Meine direkten Nachbarn und mein Vermieter sind alle sehr freundlich und nett zu mir. Meine Überlegungen schweifen noch oft nach Deutschland ab, ich frage mich ernsthaft, warum wir nicht auch zu Fremden spontan so freundlich sein können. Ich hatte in Deutschland immer das Gefühl, dass Fremde eher als Feinde angesehen werden. Hier spürte ich vom ersten Moment an, dass ich willkommen bin.

Der erste eigene Salat war schon sehr lecker

Meinen Garten habe ich so weit in Schuss gebracht, dass ich heute bereits meinen ersten Salat ernten kann. Ich habe alles angepflanzt, was ich liebe und schaue meinen Pflanzen täglich beim Wachsen zu. Außer verschiedenen Salaten wachsen dort inzwischen Zucchini, Spinat, Gurken, mehrere Sorten von Tomaten, Auberginen, Melonen, Bohnen und Kohlrabi, Blumenkohl, Brokkoli und Radieschen. Auch meine angesäten Blumen beginnen alle zu sprießen. Nur die verschiedenen Chilissorten, die ich gepflanzt habe, lassen sich noch Zeit.

Die Pflänzchen sprießen, den ersten eigenen Salat konnte Birgit Reuner schon genießen.
Die Pflänzchen sprießen, den ersten eigenen Salat konnte Birgit Reuner schon genießen. | Bild: Birgit Reuner

Hier entwickle ich auch ganz andere Dekoideen als in Deutschland. So habe ich mir verschiedenfarbige Autolacke besorgt und Steine, die hier herumlagen, angesprüht. Zusammen mit den Pflanzen gibt dies ein wunderschönes buntes Gesamtbild.

Mit bunten Steinen, die sie mit Autolack verziert hat, dekoriert die Villinger Rentnerin ihr neues Zuhause farbenfroh.
Mit bunten Steinen, die sie mit Autolack verziert hat, dekoriert die Villinger Rentnerin ihr neues Zuhause farbenfroh. | Bild: Birgit Reuner

Mein kleiner Max scheint auch sehr glücklich zu sein. Täglich jagt er die verschiedenen Katzen, die sich hier aufs Grundstück verirren, mit wachsender Begeisterung. Erwischen wird er allerdings nie eine – dafür sind die kleinen Samtpfoten viel zu clever und zu schnell.

Diese Unterstützung ist einfach einmalig

Ich bin der Überlinger Familie Löhle auf ewig dankbar, dass sie sich auf den ersten Bericht hin beim SÜDKURIER gemeldet hat, denn sonst wäre ich nie in diesem ach so beschaulichen Dörfchen gelandet. Wie sie mich in den ersten Wochen und bis heute unterstützt haben, ist einfach einmalig. Auch für die Unterstützung, die ich aus Deutschland bekam, bin ich sehr dankbar.

Täglich pauke ich Portugiesisch. Es fällt mir dennoch sehr schwer, dies in der Praxis auch anzuwenden. Gerade die jüngeren Leute sprechen alle Englisch, sodass ich auch damit durchkomme. Dennoch bleibe ich dran in der Hoffnung, mich irgendwann in naher Zukunft auch auf Portugiesisch verständigen zu können.

Tierische Überraschung: In den Straßen von Birgit Reuners Dörfchen sind auch mal Schafe unterwegs.
Tierische Überraschung: In den Straßen von Birgit Reuners Dörfchen sind auch mal Schafe unterwegs. | Bild: Birgit Reuner

Jeden Montag fahre ich zum Markt, um Käse, Schinken, Oliven oder einfach Gemüse, das bei mir noch nicht wächst, einzukaufen. Es ist wirklich alles viel kostengünstiger, als ich es von Deutschland gewöhnt war. Beim Bäcker kosten Brot und Weckle auch nur ein Bruchteil dessen, was man in Villingen dafür bezahlen muss.

Butter gibt es hier leider keine richtige. Es gibt nur diese Mischungen, die wir auch bei uns kaufen können. Butter und Margarine sind da meines Wissens gemischt. Als ich das erste Mal etwas braune Butter für mein Gemüse machen wollte, hat es einfach nicht richtig geklappt.

Die Sorge um das klapprige alte Auto wächst

Mein Auto klappert in der Zwischenzeit leider immer mehr an allen möglichen Stellen. Ich werde es wohl demnächst zur Werkstatt bringen müssen, wobei mir Hildegard und Frank versichert haben, dass eine Reparatur hier in Portugal wesentlich kostengünstiger ist als in Deutschland. Ich bin gespannt.

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An vieles hier werde ich mich wohl gewöhnen müssen. Leider ist es so, dass Plastik und Müll sehr oft irgendwo im Garten landen. Bei passender Angelegenheit werden sie dann einfach angezündet oder verrotten vor sich hin. Wenn der Nachbar sein Küchenfeuer entzündet, stinkt es immer furchtbar nach Plastik, sodass ich den Verdacht nicht loswerde, dass er Plastik auch zum Anzünden benutzt.

Trauriger Anblick: die Hunde an der Kette

Der Umgang mit den Haustieren in Portugal ist ebenfalls gewöhnungsbedürftig. Es gibt viele Hunde, die ihr Leben in einem Käfig oder an einer Kette verbringen. Es bricht mir fast das Herz, wenn ich das sehe und begreifen muss, dass ich gar nichts tun kann, um die Situation der Tiere zu verbessern.

Physisch bin ich in Portugal angekommen. Bis meine Seele hier zu Hause ist, wird es wohl noch dauern.“