Die Riedöschinger Bevölkerung hing sehr an ihrer Selbständigkeit und stimmte der Eingemeindung nach Blumberg erst im zweiten Anlauf zu. Bei der ersten Bürgeranhörung am 29. November 1970 stimmten 283 von 582 Wahlberechtigten dagegen und nur 141 dafür.

Das Gasthaus Adler an der Hauptstraße neben dem Pfarrhaus, das bis 1924 einst die Gaststätte und Brauerei der Familie Efferenn ...
Das Gasthaus Adler an der Hauptstraße neben dem Pfarrhaus, das bis 1924 einst die Gaststätte und Brauerei der Familie Efferenn beherbergte, war dabei das größte Gasthaus in Riedöschingen. Im Besitz von Anna und Ignaz Greitmann, war der Adler mit einer eigenen Metzgerei, einem großen Saal für Festlichkeiten, Theateraufführungen und Konzerte sowie Fremdenzimmern für Kurgäste ein zentraler Dreh- und Angelpunkt im örtlichen Geschehen. Nach einer letzten Öffnung an Fastnacht 1969 unter der Leitung von Elsbeth und Ernst Keller schloss es seinen Betrieb. | Bild: Conny Hahn

Nach langwierigen Verhandlungen konnten die Bedenken schließlich größtenteils ausgeräumt werden, so dass sich am 27. Februar 1972 schließlich doch eine Mehrheit von 209 Wählern für die Eingemeindung aussprach, während 119 weiterhin auf die Unabhängigkeit ihrer Gemeinde hofften. Die Verhandlungen wurden mit der Vertragsunterzeichnung am 20. März 1972 durch Riedöschingens Bürgermeister Alfons Zeller und Blumbergs Bürgermeister Werner Gerber beendet.

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Die Stadt Blumberg erweiterte sich damit um eine zusätzliche Gemarkungsfläche von 1860 Hektar sowie etwa 860 Einwohner und trat in die Rechte und Pflichten der Riedöschinger Gemeinde ein. Sie stellte jährliche Investitionsraten von 110.000 Mark in Aussicht.

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So wurden unter anderem die Ortsdurchfahrt ausgebaut und ein Wasserhochbehälter zur Versorgung der Anwesen am Bahnhof, im Gossental sowie auf den Schabelhöfen eingerichtet.

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Weitere Meilensteine waren der Ausbau der Ortskanalisation und Wasserversorgung, die Neugestaltung des Friedhofs, die Dorfentwicklung mit mehreren Brunnen und den Pflasterrinnen in der Ortsmitte, die Einrichtung des 1974 in Betrieb genommenen und 1997 erweiterten Kindergartens, der Erhalt der 1964 eingeweihten Grundschule sowie der Bau der Mehrzweckhalle.

Ein großer Stellenwert kommt seit jeher der Entfaltung des örtlichen Brauchtums mit insgesamt zehn Riedöschinger Vereinen zu.

„Im Nachhinein die richtige Entscheidung“

Rainer Hauptvogel (74) ist Ehrenvorsitzender des Kirchenchores und engagierte sich auch im Ortschaftsrat, Pfarrgemeinderat sowie der kirchlichen Sozialstation.

Bis Ende der 1960er-Jahre wurde die Huf- und Wagenschmiede am Dreiecksplatz zwischen der Einmündung der Straße am Kompromissbach in die ...
Bis Ende der 1960er-Jahre wurde die Huf- und Wagenschmiede am Dreiecksplatz zwischen der Einmündung der Straße am Kompromissbach in die Otto-Efferenn-Straße von Willi Weiler, Sohn des einstigen Schmiedemeisters Johann Weiler, betrieben. | Bild: Conny Hahn

Die Riedöschinger Bevölkerung war nicht begeistert, als es um den Anschluss an die Stadt Blumberg ging. Es war eher eine „Zwangsehe“. Noch viele Jahre hatten die Bürger das Gefühl, mehr verloren als gewonnen zu haben, da Riedöschingen die größte Gemarkung aller Teilorte aufweist und viel Wald besaß. Es war somit ein holpriger Start, was bei öffentlichen Sitzungen noch Jahre später immer wieder zu spüren war. Im Nachhinein betrachtet, war die Entscheidung richtig.

Holpriger Start

Sonst wären viele größere Vorhaben nicht oder nur schwer umzusetzen gewesen wie der Ausbau der Kanalisation und Anschluss an das Klärwerk Achdorf, der Bau der Mehrzweckhalle oder die Befestigung der Ortsdurchfahrt. Riedöschingen hat sich seither gut entwickelt und ich bin froh, unter Herrmann Barth, der als Stadtrat und Ortsvorsteher ein Glücksfall für das Dorf nach der Eingemeindung war, im Ortschaftsrat mitgewirkt zu haben.

„Dank der Eingemeindung hat sich unser Ort gut entwickelt“

So sieht Ortsvorsteher Robert Schey (52) heute die Eingemeindung von Riedöschingen.

Bild 3: Riedöschingen hat sich durch die Eingemeindung nach Blumberg gut entwickelt
Bild: Conny Hahn

„Im Herzen bin ich immer Riedöschinger, aber ich fühle mich genauso auch als Blumberger, denn es besteht ein gutes Verhältnis und ein „Wir“ zwischen den Ortsteilen und deren Ortsvorstehern wie auch mit der Stadt Blumberg. Da ich bereits in Blumberg in die Schule gegangen bin, bin ich damit groß geworden und es war immer ganz normal, dass wir da dazu gehören.

Intakte Dorfgemeinschaft

Ich glaube, Riedöschingen hätte die anstehenden Aufgaben und Bauaktivitäten mit seinen weniger als 1000 Einwohnern alleine nicht stemmen können. Seit der Eingemeindung hat sich unser Dorf gut entwickelt. Es besteht eine intakte Dorf- und Vereinsgemeinschaft, was sich besonders bei gemeinsamen Festen immer wieder zeigt. Nicht zuletzt durch den bevorstehenden Breitbandausbau ist Riedöschingen auch als Wohnort attraktiv. Die Nachfrage nach Wohnraum ist ungebrochen hoch. Die Bauplätze sind bis auf zwei Plätze alle vergeben. Für die Zukunft hoffe ich auf eine baldige Erneuerung der Kompromissbachhalle in Form eines Neubaus oder einer Sanierung.“

„Riedöschingen ist lebens- und liebenswert“

Tonino Cristiani (50) ist Vorstand des Riedöschinger Musikvereins.

Tonino Cristiani ist Vorsitzender des Musikvereins Riedöschingen und Kämmerer der Stadt Tengen.
Tonino Cristiani ist Vorsitzender des Musikvereins Riedöschingen und Kämmerer der Stadt Tengen. | Bild: Tonino Cristiani

„Das Riedöschinger Ortsbild wäre ohne die Eingemeindung und die Zugehörigkeit zu Blumberg so nicht möglich gewesen. Auch als Vereinsvorstand kann man immer auf die Unterstützung der Stadt Blumberg zählen. Auf dieser Basis konnte sich in den vergangenen Jahrzehnten eine agile Dorf- und Vereinsgemeinschaft entwickeln. Sie lebt vom Miteinander der Vereine wie am Isidorifest, an Vereinsfesten oder an der Fastnacht.

Für Familien ist Riedöschingen sehr attraktiv: Es gibt freie Bauplätze, einen Kindergarten und eine Grundschule. Die Gastronomie und die Eventlocations sind als beliebte Treffpunkte für die einheimische Bevölkerung und weit über Riedöschingen hinaus bekannt.

Dies alles macht Riedöschingen lebens- und liebenswert und bedeutet für mich: Heimat! Heimat bedeutet für jeden etwas anderes, aber jeder kann es fühlen. Hier sind die Familie und die Freunde, hier ist man „Zuhause“. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die längst überfällige Sanierung (oder der Neubau) der Mehrzweckhalle zeitnah angegangen werden.“

„Hier habe ich meine Wurzeln“

Anna Breithaupt (32) engagiert sich im Musikverein.

Bild 5: Riedöschingen hat sich durch die Eingemeindung nach Blumberg gut entwickelt
Bild: Anna Breithaupt


„Riedöschingen ist meine Heimat. Hier habe ich meine Wurzeln, zu denen es mich auch in der Vergangenheit immer wieder zurückgezogen hat. Mittlerweile wohne ich mit meiner Familie wieder hier im Ort und hoffe, auch irgendwann meinen Kindern dieses Gefühl von Heimat vermitteln zu können. Besonders gefällt mir hier das rege und vielfältige Angebot der örtlichen Vereine – egal, ob im sportlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Bereich. Ich selbst bin seit meiner Kindheit im hiesigen Musikverein aktiv, auch wenn ich mich gerade in der Babypause befinde.

Kindergarten und Schule wichtige für junge Familien

Besonders für uns als junge Familie ist ein wichtiger „Standortfaktor“, dass es hier in Riedöschingen einen Kindergarten und eine Grundschule gibt. Gleiches gilt für das vielseitige Angebot der Stadt Blumberg in den Bereichen der Kindertagesbetreuung, aber auch bei den weiterführenden Schulen, das in der Kernstadt vorhanden ist. Familien, Kindern und Jugendlichen werden hier umfassende Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten geboten. Einziger Wermutstropfen ist für mich die eher schlechte Anbindung an den ÖPNV. Um ein Gymnasium zu besuchen, muss man zwangsläufig bis Donaueschingen oder Tuttlingen fahren, was, je nach Tageszeit, einen ganz schön langen Weg für die Schüler bedeuten kann.“

„Riedöschingen ist meine Heimat“

Heike Rocha dos Santos (45) ist im Vorstandsteam der Landfrauen sowie im Narrenverein aktiv.

Bild 6: Riedöschingen hat sich durch die Eingemeindung nach Blumberg gut entwickelt
Bild: Luis Rocha dos Santos


„Riedöschingen ist meine Heimat. Hier bin ich groß geworden und fühle mich wohl. Hier kennt man jeden, grüßt jeden und unterhält sich mit jedem. Für ein kleines Dorf wie Riedöschingen haben wir mit zehn Vereinen ein vielfältiges Vereinsleben. Ich hoffe, dass auch nach Corona die Rituale und Traditionen wieder fortgesetzt werden, die unser Miteinander als Dorf- und Vereinsgemeinschaft ausmachen. Für mich gibt es keine klare Trennung zwischen der Stadt und ihren Ortsteilen.

Von der Eingemeindung profitieren Stadt und Stadtteile

Die Eingemeindung war gut, da hier beide Seiten voneinander profitieren. Größere Projekte wie aktuell der Breitbandausbau wären für Riedöschingen alleine nicht zu stemmen gewesen. Andererseits hat auch Blumberg durch die Vereine der Ortsteile kulturell einiges hinzugewonnen. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass die Stadt auch weiterhin immer ein offenes Ohr für die Dörfer hat, um ihre Anliegen wie zum Beispiel die Sanierung oder den Neubau der Kompromissbachhalle wahrzunehmen und umzusetzen.“