Die Frau mittleren Alters weiß nicht mehr weiter. Sie ist am Ende ihrer Kräfte. Sie liebt ihre hochbetagten Eltern, die noch in den eigenen vier Wänden leben. Doch wird die Belastung durch sie immer größer. Der Vater ist ja noch ganz gut beisammen, doch die Mutter macht immer mehr Probleme. Sie nässt sich ein, die wirren Momente nehmen zu und obendrein neigt sie dazu, aggressiv zu werden. Was tun?

Die Frau wurde auf Johanna Wetzel aufmerksam gemacht, eine Gesundheitswissenschaftlerin, die von Februar bis Juni dieses Jahres ihr Büro des Pflegestützpunkt Süd, einer Einrichtung des Landratsamts, in der Kaufmännischen Schule hatte. Mit ihrer Hilfe gelang es, dass das Ehepaar weiterhin in der gewohnten Umgebung bleiben kann. Die Mutter wurde in einen höheren Pflegegrad eingestuft und dank einer Tagespflege ist die Betreuungslast jetzt auf mehreren Schultern verteilt.

Wenn ein Angehöriger zum Pflegefall wird, gibt es viele Fragen. Wo ist er am besten aufgehoben? Welche Leistungen werden bezahlt? Wer kann den Pflegenden zu Hause unterstützen? Ist das Pflegeheim wirklich der letzte Ausweg? Oder gibt es nicht doch noch Alternativen? Das Feld der Pflegediensleistungen ist breit. Nur: Viel zu wenige wissen wirklich, was alles möglich ist. Das Landratsamt hat dieses Problem erkannt und im April 2010 einen Pflegestützpunkt im Abt-Gaisser-Haus an der Schulgasse 23 in Villingen-Schwenningen eingerichtet – als erster Landkreis in Baden-Württemberg.

Gestern nun wurde der neue Pflegestützpunkt Süd in der Donaueschinger Landratsamtsaußenstelle an der Humboldstraße offiziell eröffnet. Er ersetzt das Büro in der Kaufmännischen Schule. Landrat Sven Hinterseh betonte, dass es Sinn mache, in der "alten Kreisstadt" dieses Angebot zu platzieren – um so die Erreichbarkeit für Anfragen von Bürgern aus dem Städteviereck zu verbessern. Er verdeutlichte mit zwei Zahlen, wie sehr die Arbeit des Pflegestützpunkts nachgefragt wird. Im ersten Jahr, 2010, habe es 460 Beratungsgespräche gegeben, vergangenes Jahr über 2500. Und er wies auf die Prämisse hin, unter der die Informationsweitergabe steht: ambulant vor stationär. "Denn das wollen die Menschen", so Hinterseh. Peter Schmeiduch aus dem Stuttgarter Sozialministerium verdeutlichte, dass die Beratungen präventiven Charakter hätten und angesichts der Komplexität des Pflegegesetzes dringend notwendig seien. Der Pflegestützpunkt an der Humboldstraße sei der 57 in Baden-Württemberg. Weitere Grußworte sprachen Dietmar Herdes vom Landkreistag und Klaus Hermann, der Geschäftsführer der Krankenkasse AOK im Schwarzwald-Baar-Kreis. Herdes geht davon aus, dass man in einigen Jahren über einen dritten Pflegestützpunkt im Schwarzwald-Baar-Kreis diskutieren werde und Hermann verwies auf das neue Pflegestärkungsgesetz, das eine Flut an Anträgen mit sich gebracht habe.

Johanna Wetzel möchte jetzt zunächst ihren Bekanntheitsgrad erhöhen. Dafür hat sie die Homepage aktualisiert, ebenso die Flyer. Sie strebt an, Vorträge bei Seniorengruppen zu halten und sich weiter fortzubilden, zum Beispiel im Bereich Demenz. In ihrer kurzen Zeit an der Kaufmännischen Schule hatte sie 750 Beratungsanfragen, 30-mal wurde sie zu Hausbesuchen gebeten.

Sitz des Pflegestützpunks Süd ist die Landratsamtsaußenstelle an der Humboldstraße 11. Hier gibt es neutrale und kostenlose Beratung rund um Pflege und Versorgung. Das Büro von Johanna Wetzel ist im Erdgeschoss, Raum 111. Ihre Sprechzeiten sind montags bis donnerstags von 8.30 bis 11.30 Uhr und donnerstags von 14 bis 17.30 Uhr. Telefonisch ist sie erreichbar unter 0 77 21/913-5456, E-Mail: pflegestuetzpunkt@Lrasbk.de. Termine finden nach Absprache statt, auf Anfrage wird auch außerhalb der Sprechzeiten beraten. Vertretungen übernehmen Simone Moosmann oder Diana Grießhaber. Der Pflegestützpunkt Süd ist zuständig für Bad Dürrheim, Tuningen und das Städteviereck. (hon)