Die Frage wurde immer wieder gestellt: Warum? Muss Donaueschingen überhaupt in Sachen Verkehr handeln? Gibt es überhaupt einen Durchgangsverkehr in der Innenstadt? Und werden die Händler das überhaupt überleben? Warum das Ganze also?
Die Grundidee ist einfach: Der Durchgangsverkehr soll auf den Cityring. Aber wer in die Innenstadt will, soll jeden Punkt mit dem Auto erreichen können. Er muss sich eben nur überlegen, ob er in den südlichen oder den nördlichen Teil der Innenstadt will.
Nach den Erfahrungen vor fünf Jahren, als das Verkehrskonzept krachend an einem Einbahnstraßenschild an der Stadtkirche scheiterte, wird nun ein anderer Weg versucht: Vor der Entscheidung sollen die Bürger gehört werden. Und die kommen reichlich in den Strawinsky-Saal der Donauhallen. Für 290 Personen ist gestuhlt, 280 kommen. Trotz Parallelveranstaltung, trotz Länderspiel.
Drei Blöcke: OB Pauly stellt die neue Idee vor, dann gibt es kurze Stellungnahmen von Stadtbaumeister Christian Unkel, Citymanagerin Christine Neu, dem Gewerbevereins-Chef Stefan Baur und der Stadtführerin Martina Wiemer. Und dann bleibt reichlich Zeit für Fragen, Meinungen und den Austausch. Moderator Rolf Benzmann führt die Debatte in geordnete Bahnen, denn beim Verkehr wird es emotional und die Kritiker überwiegen an diesem Abend deutlich.
Das sagt Oberbürgermeister Erik Pauly
Er habe in den vergangenen Wochen mit vielen Bürgern gesprochen und dabei sei ihm klar geworden, dass nicht alle den Sinn hinter dem Konzept verstanden hätten. So habe es beispielsweise Bürger gegeben, die der Meinung waren, dass tatsächlich eine Straße durch den Schlosspark gebaut werden soll, um den Cityring zu schließen. Nein, der Cityring soll im Süden und Osten über den Allmendshofer Zubringer und die B27 führen.
Doch warum das Ganze? Es gebe zwei Ziele: ‚Wir wollen den Durchgangsverkehr auf den Cityring bringen. Trotzdem sollen aber alle Bereiche mit dem Individualverkehr erreichbar sein und keine Parkplätze abgebaut werden.‘ Die Motivation: Die Attraktivität und die Aufenthaltsqualität der Donaueschinger Innenstadt sollen steigen.
Doch was ist mit den Bussen? Die Stadt sei schon im Gespräch mit dem Landratsamt, um die Überlandbusse aus der Innenstadt zu bekommen. Eine Idee sei, die Linien vom Bahnhof die Käferstraße hinauf und über die Schulstraße hinaus zu führen. Eine Umsetzung sei allerdings erst Ende 2024 möglich. Der Stadtbus solle aber weiter durch die Innenstadt fahren – schließlich gebe es auch Innenstadtbesucher, die auf den Öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind.
Fazit: „Jede Initiative hat nicht nur Vorteile, aber meiner Meinung nach überwiegen hier die Vorteile“, sagt der OB und fügt hinzu: „Am Ende werden wir wohl nicht alle einer Meinung sein.“ Ideen und Anregungen seien aber willkommen. Alle Meinungen würden gewürdigt. „Aber es ist wie bei jeder Entscheidung: Es gibt welche, die es gut finden, und es gibt welche, die es schlecht finden.“
Das sagt Stadtbaumeister Christian Unkel
Aus stadtplanerische Sicht habe sich ein Wandel vollzogen: Früher ging es um die autogerechte Stadt, heute um einen neuen Urbanismus, der durchmischte Strukturen mit sich bringt. „Aber es kommen dadurch eben viele Interessen zusammen“, sagt Stadtbaumeister Christian Unkel und fügt hinzu: „Wir haben die ganze Bandbreite von ‚lasst alles, wie es bist‘ bis zu ‚Macht eine komplette Fußgängerzone‘.“
Im neuen Konzept biete sich eine Chance: Unkel vergleicht die Innenstadt mit einem Shoppingcenter, in dem die Einkäufer auch durch Gänge gelockt und zu Spontaneinkäufen animiert werden. „Das funktioniert auch in Innenstädten. Das Ziel ist es, die Kunden so lange wie möglich in der Innenstadt zu halten.“
Aber: „Wir sind auch nicht in Freiburg oder Stuttgart, sondern im ländlichen Raum, und da wird das Auto genutzt.“ Deshalb liege der besondere Reiz im neuen Konzept, dass nach wie vor alles mit dem Auto erreichbar sei und trotzdem die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum gesteigert werden könne.
Das sagt Citymanagerin Christine Neu
„Wir wollen alle das Gleiche“, sagt Citymanagerin Christine Neu. Doch am Ende müsse man auch sagen können: „Operation geglückt, Patient lebt noch.“ Aus diesem Grund gebe es ein Zehn-Punkte-Plan, den sie mit dem Gewerbeverein aufgestellt hat.
Beim Verkehrsleitsystem sei man sich einig. Auch ein Verbot des Schwerlastverkehrs an der Stadtkirche sei schnell umsetzbar. Die überregionalen Busse sollten aus der Innenstadt raus und der Stadtbus nur noch mit kleinen Fahrzeugen unterwegs sein. Und dann gibt es ja noch das Gelände der aktuellen Realschule, das nach dem Umzug der Schüler in den Neubau zu einem Parkplatz werden soll.
„Dann sollten wir schauen: Haben wir wirklich weniger Durchgangsverkehr?“, sagt Neu. Weitere Punkte sind die Umgestaltung der südlichen Innenstadt und der Bau eines Parkhauses. „Es ist aber klar, dass der Bau nur mit einer Parkraumbewirtschaftung möglich ist.“ Die Parkgebühr könne aber auch moderat gestaltet werden, etwa 50 Cent die Stunde. Und die Innenstadt-Händler würden dann auch ihren Kunden raten, dort zu parken.
Das sagt Gewerbevereins-Chef Stefan Baur
Stefan Baur hat in den vergangenen Tagen viele Gespräche geführt. „Ich habe mir viele Sorgen, Ängste und Nöte angehört“, sagt der Chef des Gewerbevereins. Händler, Handwerker, Ärzte, Gastronomen seien darunter gewesen. Es herrsche Verunsicherung und es gebe Existenzängste.
„Eine hohe Besucherfrequenz ist wichtig und wir brauchen eine höhere, als wir sie aktuell haben.“ Deswegen sei es wichtig, die Maßnahmen Schritt für Schritt umzusetzen. Die Steigerung der Aufenthaltsqualität sei wichtig, aber „wir sind in einer ländlichen Region und auch darauf angewiesen, dass das Umland zu uns kommt“.
Der Autoverkehr müsse vernünftig geleitet werden und es brauche auch Wege und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. „Wir als Gewerbeverein sind dazu bereit, konstruktiv mitzuwirken, um unser schönes Städtchen weiterzuentwickeln.“
Das sagt Stadtführerin Martina Wiemer
Als Stadtführerin zeigt Martina Wiemer, gleichzeitig auch SPD-Stadträtin, den Touristen Donaueschingen. Da bekomme sie auch viele Rückmeldungen. Das Angebot komme sehr gut an – sowohl von der Gastronomie als auch vom Einzelhandel. „Was sie aber nicht verstehen: Warum es an manchen Stellen so viel Verkehr gibt.“
Auf die Nachfrage eines Touristen, warum es an der Stadtkirche keine Ampel oder kein Zebrastreifen gibt, sei ihr erst einmal bewusst geworden, dass es auf der ganzen Länge der Karlstraße keine einzige Querungsmöglichkeit gibt, an der Fußgänger Vorrang haben.
Der Bereich an der Stadtkirche sei ebenso eine Problemstelle wie die Querung der Max-Egon-Straße, wo sich „die Autos oft wie an einer Perlenkette aneinanderreihen“. Es sei einfach nicht schön, sich dort aufzuhalten.
„Ich zeige unseren Besuchern die schönen Sachen der Stadt. Aber ich werde angesprochen, weil sie nicht verstehen, dass in unserem schönen Städtle so viel Verkehr durchfährt.“
Wir haben zur Bürgerversammlung noch weitere Berichte geplant, die im Laufe der Woche erscheinen werden.