Auf den ersten Blick lief es für Kampfsportler Rafail Sappidis aus Donaueschingen offenbar nicht ganz rund bei der Grappling-Weltmeisterschaft in Astana (Kasachstan) Anfang Oktober. Ausgeschieden in der ersten Runde, so lautet seine Bilanz in beiden Wettbewerben (NoGi und Gi), und damit auch keine Platzierung unter den ersten zehn Kampfsportlern der Welt in seiner Klasse bis 77 Kilogramm.
Obendrauf gab es für den Donaueschinger Kampfsport-Profi auch noch eine schwerere Schulterverletzung im ersten Kampf. Es ist jedenfalls nicht das Ergebnis, das sich Rafail Sappidis gewünscht hatte, nachdem er zuletzt erst den Sprung in das Deutsche Nationalteam geschafft und im Mai dieses Jahres bei den Europameisterschaften in Baku (Aserbaidschan) eine Platzierung unter den besten zehn Kämpfern errungen hatte.

Der positive Aspekt
Doch so negativ, wie sich die WM-Bilanz auf dem Papier lesen mag, so schlecht ist sie gar nicht. Das wird im Gespräch mit dem zielstrebigen Sportler deutlich. Ganz im Gegenteil. Die Teilnahme hat Rafail Sappidis nämlich eines vor Augen geführt: Er kann auch gegen die großen Favoriten mithalten und womöglich auch siegen.
Vor allem russische oder amerikanische Sportler würden in dieser Sportart dominieren, erzählt er. Die Erkenntnis, mit diesen Kämpfern mithalten zu können, habe ihm zuvor gefehlt, etwa bei den Europameisterschaften im Frühjahr, als er gegen einen favorisierten russischen Kämpfer ausgeschieden war.
So auch jetzt bei der WM, allerdings denkbar knapp. „Ich lag sogar 2:0 vorne“, erinnert er sich. Alles lief gut in diesem Kampf, bis zu dieser Situation: Der Gegner konnte unerwartet und erfolgreich einen Hebel ansetzen, einen sogenannten Kimura.
Arm und Schulter von Rafail Sappidis wurden dabei stark nach hinten gebogen und verdreht. Etwas zu weit, wie sich später herausstellte. Eine Sehne und Bänder in der Schulter waren angerissen. Der Kampf war verloren. Zu seinem zweiten Kampf trat er einen Tag später dennoch an, konnte wegen der Verletzung aber nicht die volle Leistung zeigen. Auch dieser Kampf ging verloren.

„Aber ich habe gemerkt, dass ich auch gegen die Favoriten bestehen und gewinnen kann“, zieht der Donaueschinger aus der Niederlage eine wichtige, positive Erkenntnis. „Man muss nur immer an sich selbst glauben.“
Aufgeben und Trübsal blasen ist für den 28-Jährigen daher keine Option. Vielmehr ist er jetzt motiviert, weiterzumachen und im kommenden Jahr mit mehr Erfahrung im Gepäck erneut anzugreifen. Seinen Fokus will er nun voll auf das Grappling richten und seine Ambitionen im Vollkontakt-Kampfsport (MMA) vorerst ruhen lassen.
Erfahrungen sammeln
Erste internationale Wettkampfluft hat er jetzt geschnuppert und dabei viele tolle Eindrücke gesammelt. „Wir wurden in Kasachstan wie Stars empfangen“, berichtet Sappidis. Die Sportart habe dort einen ganz anderen Stellenwert. Auch beeindruckend war für ihn mit anzusehen, wie die großen Teams aus Russland oder Amerika bei der WM auftraten, alles professioneller, finanziell gefördert und mit vielen Betreuern, ganz anders als das in Deutschland der Fall ist. Hierzulande gilt der Sport als Randsportart.
„Wir müssen noch vieles selbst organisieren und bezahlen“, erzählt Rafail Sappidis. Sich ausschließlich auf den Sport konzentrieren und davon leben zu können, sei kaum möglich. Seine sportliche Karriere bestreitet der 28-Jährige daher vor allem in seiner Freizeit, meist auf eigene Kosten und parallel zu seiner Vollzeit-Stelle als Projektleiter im Bereich Medizintechnik. Sponsoren könnten helfen, einen Schritt weiter in Richtung Profikarriere zu gehen. Doch die seien schwer zu finden.

Seit zwei Jahren kämpft Rafail Sappidis auch für den KSK Furtwangen im Ringen, um auch in dieser Sportart mehr Erfahrungen zu sammeln. Bei den Oberliga-Einsätzen geht es regelmäßig gegen die unterschiedlichsten Gegner. Auch das hilft, sich zu verbessern. „Ein toller Verein mit sehr guten, erfahrenen Trainern“, schwärmt Sappidis. Er habe hier bereits viel gelernt. „Und es macht Spaß“, fügt er hinzu. Weitere Vorteile sind, dass ein ähnliches Regelwerk gilt und die Mattenfläche identisch ist. Die Verbände beider Sportarten kooperieren. Und – ein ganz wichtiger Punkt: Viele Top-Kämpfer beim Grappling sind ausgesprochen gute Ringer. Diesen Vorteil will Sappidis ihnen nehmen.
Erst genesen, dann qualifizieren
Bis Mitte November will er sich schonen und seine Schulter kurieren. Dann stehen bis zum Jahresende die letzten Oberliga-Kämpfe für den KSK Furtwangen auf dem Programm. „Anfang nächstes Jahr will ich mich wieder für das Grappling-Nationalteam qualifizieren“, um erneut für Deutschland um EM- und WM-Medaillen kämpfen zu dürfen. Dann jedoch mit dem Wissen: Er muss sich auch vor großen Namen nicht fürchten.