Die Verkündung kam so überraschend, wie sie unscheinbar war. Fast schon nebenbei erwähnt Oberbürgermeister Erik Pauly Anfang Juni zu Beginn der Vorstellung der Kriminalstatistik für das Jahr 2024, dass Polizeirevierleiter Thomas Knörr diese zum letzten Mal präsentieren werde.
Offiziell hört Knörr zum 1. August in der Quellstadt auf. Effektiv endet seine Zeit im Revier allerdings schon Ende Juni. Der 61-Jährige geht dann nämlich nach 44 Jahren bei der Polizei in den Ruhestand.
Mit die schönste Zeit
Fast acht Jahre führt Thomas Knörr das Revier in Donaueschingen an. „Es war eine der schönsten Zeiten, die ich bei der Polizei hatte“, sagt er. „Die Zusammenarbeit mit den Behörden habe ich nie so problemlos und gut empfunden wie hier.“

Geboren und aufgewachsen in Tuttlingen, ist Knörr zu Beginn seiner polizeilichen Karriere im Streifendienst in Villingen unterwegs. Nach dem Studium geht er dann zur Autobahnpolizei. „Ich war nie jemand, der genau da arbeiten muss, wo er lebt.“
Über Singen treibt es ihn schließlich doch wieder zurück in die Heimat zur damaligen Polizeidirektion Tuttlingen, wo er unter anderem eine Weile stellvertretender Revierleiter ist. „Da war der Traum dann schon vorhanden, auch einmal Revierleiter zu werden.“
Die größte Herausforderung war intern
Im Oktober 2017 ergibt sich dann die Möglichkeit, den Traum in der Quellstadt zu erfüllen. Als Revierleiter ist er hier für das Gebiet zwischen Donaueschingen, Hüfingen, Bräunlingen bis Blumberg zuständig.
Die fast acht Jahre bringen für den Revierleiter auch einige Herausforderungen mit sich. Vor allem in Sachen Personal: „Die Einsatzlagen für die Polizei nehmen zu, nicht ab“, so Thomas Knörr. Auch wenn die Straftaten in Donaueschingen zurückgehen, werden Beamte laut dem Revierleiter immer öfter gerufen.
Dazu braucht es Personal, das nicht immer leicht zu finden sei, sagt Knörr. „Beim Personal konkurrieren wir mit der freien Wirtschaft und das spüren wir.“ Junge Leute haben bei Personalmangel in allen Berufen viele Alternativen, machen sich mehr Gedanken und probieren mehr aus. „Den Beruf fürs Leben gibt es nicht mehr so wie früher.“
Polizeiarbeit hat sich verändert
Auch der Arbeitsalltag von Polizisten habe sich über die Jahre verändert. „Der Umgang mit den Bürgern wird nicht einfacher“, sagt Knörr. Er findet, der Respekt sei ein bisschen verloren gegangen, es werde mehr diskutiert.
Die größte Veränderung kommt für den 61-Jährigen 2014 mit der Umstrukturierung von Polizeidirektionen zu Polizeipräsidien. Plötzlich wird aus der 300 Mitarbeiter starken Direktion Tuttlingen das Polizeipräsidium Konstanz mit 1600 Beschäftigten.
„Die Kommunikation war da früher einfacher“, sagt Knörr. Aber es macht diverse Einsätze auch einfacher. „Wir können heute zu Großereignissen und Lagen schneller mehr Personal ziehen.“ Als Beispiel nennt er den Amokalarm an den Gewerblichen Schulen Ende März, bei dem schnell Einsatzkräfte aus der ganzen Region vor Ort sind, das Gebiet großräumig Absperren und mit Spezialeinheiten die Schule sichern können.

Erstaufnahmestelle wird zum Stresstest
Über Langeweile in seiner Zeit in Donaueschingen kann sich Thomas Knörr nicht beklagen. „Ich dachte, ich komme auf die ruhige, beschauliche Baar. Dann hatten wir aber in kürzester Zeit schon drei bis vier Einsätze, bei denen das Sondereinsatzkommando kommen musste“, sagt er und lacht. Ganz so stressig blieb es dann zwar nicht, doch das seien Erfahrungen, die ihm im Kopf geblieben sind.
Was Knörr auch in Erinnerung geblieben ist, ist die Erstaufnahmestelle für Geflüchtete in der Friedhofstraße, die zwischen 2015 und 2019 betrieben wurde. 3500 Asylbewerber waren dort insgesamt untergebracht.

Dass sich die Einwohnerzahl schlagartig so vermehrte, hatte Auswirkungen auf die Stadt und die Arbeit der Polizei, sagt Revierleiter Thomas Knörr. „Ich will es gar nicht auf die Herkunft der Leute beziehen. Es waren einfach 3500 mehr Menschen in der Stadt. Da gab es jede Woche ein anderes Problem.“
Donaueschingen ist auf einem guten Weg
Kurz nach der Schließung der Erstaufnahmestelle kam dann Corona und mit der Pandemie viele Maßnahmen, die die Polizei durchsetzen musste. Das seien alles zusätzliche Aufgaben für die Beamten gewesen, die zum Alltag dazukamen.
Trotzdem blickt Knörr auf eine „richtig schöne Zeit“ in Donaueschingen zurück. Er übergibt eine Stadt, in der die Zahl der Straftaten immer weiter zurückgeht. Die schönste Erinnerung wird für ihn aber die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen sein, sagt er. „Ich hoffe, dass mein Nachfolger das Engagement der Mitarbeiter auch so erleben wird.“ Generell würde sich Knörr freuen, wenn der von ihm eingeschlagene Weg weitergeführt wird.
Wer seine Nachfolge antritt, ist noch nicht geklärt. Ausgeschrieben wird die Stelle wohl erst Mitte Juli, weil Knörr offiziell noch bis August im Amt ist. Kommissarisch übernimmt dann erstmal sein aktueller Stellvertreter Gunter Freis das Revier.
Engagement auch im Ruhestand
Eigentlich hatte der Revierleiter überlegt, ob er noch ein Jahr dranhängen möchte. „Aber wer hat schon das Privileg, mit 61 Jahren in den Ruhestand gehen zu können?“ Sein Vater ist mit 55 Jahren an Krebs gestorben, erzählt er. Knörr will die Chance nutzen, solange er gesund und fit ist, das Leben und den Ruhestand zu genießen.
Pläne und Ideen für die Zukunft hat er einige, spruchreif ist davon aber noch nichts. Große Weltreisen will er vermutlich nicht antreten. Seine Frau und er erkunden lieber die Natur in der Region, sagt Knörr.
Klar ist für den 61-Jährigen aber, dass er weiter aktiv bleiben und – wenn möglich – sich engagieren will. Das muss dann aber zum Ruhestand passen: „Ich steigere mich da in nichts rein.“