Vor 15 Jahren rumpelte es in Geisingen gewaltig, und zwar buchstäblich. Tausende von Zuschauern verfolgten am 17. Januar und am 14. Februar 2007 die Sprengung von Silos des inzwischen ehemaligen Zementwerkes. Eine dritte Sprengung fand dann nochmals im Sommer des gleichen Jahres statt.

Ehemaliger Kommandant erinnert sich

„Viele Besprechungen waren im Vorfeld erforderlich“, erinnert sich der damalige Komnmandant der Feuerwehr, Erich Bertsche. Alle Behörden und Polizeidienststellen sowie der Sprengmeister waren dabei um die Sprengung und vor allem die Sperrung aller Straßen minutiös vorzubereiten.

Der damalige Feuerwehrkommandant Erich Bertsche wenige Augenblicke vor der Sprengung.
Der damalige Feuerwehrkommandant Erich Bertsche wenige Augenblicke vor der Sprengung. | Bild: Paul Haug

Das Ende wird in der Schweiz beschlossen

Vorausgegangen war eine Entscheidung Jahre zuvor in der Schweiz. 2003 gab der Holcim-Konzern als Eigentümer die Schließung von gleich zwei Zementwerken bekannt. Im März erging das Aus für das Zementwerk in Thayingen und dann im November 2003 das für das Geisinger Werk, nachdem der Konzern im November 2002 das Zementwerk Rohrbach in Dotternhausen erworben hat.

So sah das Zementwerk vor dem Rückbau aus. Links das Kohlensilo, dann folgen nach rechts das Ofengebäude mit den Türmen und Silos, die ...
So sah das Zementwerk vor dem Rückbau aus. Links das Kohlensilo, dann folgen nach rechts das Ofengebäude mit den Türmen und Silos, die Verladeanlage und ganz rechts das Kalklager. | Bild: Paul Haug

Dabei war das Unverständnis in Geisingen groß. Das Geisinger Werk noch ein relativ neues Werk, es ging erst 1971 in Betrieb. Es gab bereits Pläne der Eigentümergesellschafter, das Geisinger Zementwerk zu modernisieren und zu erweitern. Unter dem Projektnamen Zementwerk 2000 lief diese Studie, die eine Produktionserweiterung von 1200 auf 2000 Tagestonnen vorgesehen hatte.

Der rund 90 Meter hohe Granulierturm fiel als erster am 17. Januar zusammen mit einem weiteren Silo.
Der rund 90 Meter hohe Granulierturm fiel als erster am 17. Januar zusammen mit einem weiteren Silo. | Bild: Paul Haug

Doch es kam anders. Der Zementabsatz ging zurück, die Pläne verschwanden dann in der Schublade, sodass der Konzern dann auch Geisingen schloss. Bei der Bekanntgabe der Schließung waren bereits Baumaßnahmen für die Erweiterung des Tonlagers in Gange.

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Die bange Frage in Geisingen war nun, was passiert mit dem Werk und dem Areal. Entsteht eine Ruine, wird das Werk abgebrochen, entstehen hier Arbeitsplätze? Gemeinderat, Stadtverwaltung und Konzernleitung machten sich gemeinsam Gedanken.

Weder Biogasanlage noch Holzkraftwerk

Es wurde auch einmal über eine große Biogasanlage verhandelt, aber im letzten Moment dann vom Gemeinderat gekippt. Ein Holzkraftwerk wurde untersucht, aber ebenfalls wieder gestrichen.

Ein Gewirr aus Stahl und Beton nach der Sprengung. Bagger und Brecher sorgten bis 2008 für den vollständigen Abbruch.
Ein Gewirr aus Stahl und Beton nach der Sprengung. Bagger und Brecher sorgten bis 2008 für den vollständigen Abbruch. | Bild: Paul Haug

Die Zusage der Konzernleitung, die Gebäude nach Ende des Betriebs abzubrechen, wurde auch eingehalten, 2006 wurde mit dem Abbau begonnen. Was mit großen Baggern abgebrochen werden konnte, wurde mit diesen zerkleinert. Aggregate und Maschinen wurden teilweise verschrottet, teilweise aber auch ausgebaut und in anderen Werken weiterverwendet.

Sprengung wochenlang vorbereitet

Blieben die großen Türme und Silos, die über 30 Meter Höhe hatten. Da sie für die Baggerarme unerreichbar waren, wurden sie gesprengt. Diese Aktion bedurfte enormer Vorbereitungen. Wochenlang wurden Bohrlöcher in den Beton gebohrt und dann mit Sprengstoff gefüllt.

Das riesige Trümmerfeld, das im Geisinger Zementwerk entstanden war, war für einige Wochenende ideales Übungsgelände für Rettungshunde ...
Das riesige Trümmerfeld, das im Geisinger Zementwerk entstanden war, war für einige Wochenende ideales Übungsgelände für Rettungshunde die auch bei Erdbeben als Trümmerhunde eingesetzt werden. | Bild: Paul Haug

Es war genau am 17. Januar 2007 um 12.55 Uhr. Nachdem der letzte Mittagszug die Bahngleise befahren hatte, erteilte der Leiter des Immendinger Polizeipostens, Michael Koczian, nach der Rückmeldung, dass nunmehr sämtliche Straßen einschließlich Autobahn rund um Geisingen gesperrt waren, den Befehl für die Sprengung.

Gesprengt wurde an diesem Tag der hohe Granulierturm sowie ein Silo. Schon am Vormittag machten sich tausende von Schaulustigen auf den Weg nach Geisingen. Sei es auf dem Hausener Berg, dem Wartenberg, oder am Amtenstieg: Dicht gedrängt wartete man auf die Sprengung. Diese erfolgte spektakulär mit Effekt. Eine immense Staubwolke fegte dann vom Südwestwind getragen zum Amtenstieg.

Nach der Sprengung zum Mittagessen

Und was machten die Verantwortlichen, als sich der Staub gelegt hatte? Sie gingen es völlig unaufgeregt an. „Nach der Sprengung gab es ein Mittagessen im Gerätehaus verbunden mit einer Nachbesprechung“, erinnert sich Bertsche.

Tausende bringen sich am 17. Januar 2007 „in Stellung“ rund um Geisingen. Sei es am Amtenstieg nördlich der Autobahn, was ...
Tausende bringen sich am 17. Januar 2007 „in Stellung“ rund um Geisingen. Sei es am Amtenstieg nördlich der Autobahn, was unser Archivbild zeigt, oder südlich auf dem Hausener Berg. Die Autobahn wie alle Straßen rund um Geisingen sind während der Sprengung gesperrt. | Bild: Paul Haug

Am 14. Februar 2007 folgte dann die Sprengung von zwei weiteren Silos, im Sommer dann noch die Verladeanlage mit den Zementsilos. Diese beiden Termine sorgten nicht mehr für so viele Zuschauer. Es dauerte noch bis 2008, bis die letzten Betonteile zerkleinert und abtransportiert waren.

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Inzwischen hat die Stadt das gesamte Gelände aufgekauft und das Industrie- und Gewerbegebiet heißt im Volksmund zwar immer noch Zementwerk, die offizielle Bezeichnung lautet aber „Danuvia81“.

Das Areal heute. Danuvia81 bietet noch einiges an Entwicklungsmöglichkeiten für Neuansiedlungen aber auch für die heimischen Betriebe.
Das Areal heute. Danuvia81 bietet noch einiges an Entwicklungsmöglichkeiten für Neuansiedlungen aber auch für die heimischen Betriebe. | Bild: Paul Haug