Lange haben der Bund und die Stadt Hüfingen miteinander gerungen: Dass die Bewohner des Neubaugebietes „Auf Hohen“ vor dem Lärm, der auf der vierspurigen Bundesstraße 27 entsteht, geschützt werden müssen, war klar. Doch wie hoch soll die Wand denn nun sein? Der Kompromiss: Hüfingen beteiligt sich an den Kosten, damit die Lärmschutzwand höher wird und mehr Schutz für die Anwohner bietet. Nun steht die 630 Meter lange und mehr als sieben Meter hohe Wand – und Sigmund Vögtle ist alles andere als begeistert.

Dass der SPD-Stadtrat überhaupt nichts vom Ausbau der Bundesstraße 27 hält, ist kein Geheimnis. Doch nach einer ausgiebigen Inspektion der Lärmschutzwand hält er von dem Bauwerk nicht viel. „Ein Bekannter hat mich darauf hingewiesen, dass ich mir die mal näher anschauen soll.“ Und so nahm Vögtle die Wand genau unter die Lupe und bezweifelt nun, dass die Arbeiten ordentlich abgeschlossen wurden und dass alles für den Schutz der Anwohner getan wurde.
„Das bringt doch nichts, wenn man die Lücken nicht ordentlich schließt“, sagt Vögtle und deutet auf einen Spalt, der sich am Übergang zwischen zwei verschiedenen Bauarten des Lärmschutzes zeigt. „Da geht der Lärm doch durch“, sagt der SPD Stadtrat und lenkt den Blick nach oben. „Außerdem steht da irgendetwas nicht gerade“, erklärt er und zeigt, dass beide Elemente nicht parallel zu einander stehen.

Auf der Rückseite der Lärmschutzwand sieht alles gut aus. Zwischen den einzelnen Elementen setzen sich grau Streifen ab. „Diese dünne PVC-Folie ist an vielen Stellen der einzige Schutz, weil vorne nicht ordentlich gearbeitet wird“, sagt Vögtle. Entweder sei die Lärmschutzwand noch nicht fertig, obwohl das Regierungspräsidium Freiburg, das für das Bundesverkehrsministerium die Arbeiten ausgeführt hat, das im Dezember des vergangenen Jahres verkündet hat. Oder es handle sich „um Pfusch“.

Auf der anderen Seite zeigt Vögtle, warum er zu diesem Urteil kommt. „Die Zwischenräume zwischen den einzelnen Elementen sind nicht überall isoliert“, erklärt der SPD-Stadtrat und deutet auf eine Stelle, die seiner Meinung nach fertig ist. Dort zeigt sich dicke Silikonfuge. Doch schon ein Stückchen weiter ist die Isolierung zu sehen. „Und hier fehlt auch noch die Isolierung“, sagt Vögtle und deutet auf einen dunklen Spalt. Nur drei, vier Schritte weiter und Vögtle zeigt auf die nächste Fuge. So zieht sich das fort. „Das ist auf der kompletten Länge der Wand so.“
Und was sagt das Regierungspräsidium dazu?
Die Lärmschutzwand ist schlichtweg laut Regierungspräsidium Freiburg noch nicht fertig. „Anfang Dezember war die Lärmschutzwand in Hüfingen soweit fertiggestellt, dass die B 27 in diesem Abschnitt wieder für den Verkehr freigegeben werden konnte“, sagt Pressesprecherin Heike Spannagel und fügt hinzu: „Allerdings sind noch Restarbeiten erforderlich, die aufgrund der winterlichen Witterung der vergangenen Monate ins Frühjahr verschoben werden mussten.“ Insbesondere die noch ausstehenden Fugenarbeiten würden stabile Plustemperaturen und eine akzeptable Luftfeuchtigkeit voraussetzen. Das Regierungspräsidium sei derzeit in der Abstimmung mit den ausführenden Firmen, damit die Arbeiten in den kommenden Tagen fortgesetzt werden können. Und auch wenn nun noch Arbeiten gemacht werden müssen, auf die Kosten soll diese witterungsbedingte Unterbrechung keinen Einfluss haben.
Doch was ist mit dem größeren Spalt, den Vögtle entdeckt hat? Auch hier würden noch Arbeiten ausstehen. Die Fuge soll mit einer Fertigteilkonstruktion geschlossen werden. Die Abnahme der Lärmschutzwand erfolgt voraussichtlich Ende Mai 2021.
Grundsätzliche Kritik am Ausbau der Bundesstraße
Dass an der Lärmschutzwand noch nachgearbeitet wird, ändert nichts am grundsätzlichen Problem von Sigmund Vögtle: dem Ausbau der Bundesstraße. „Ich war schon immer dagegen, weil das vollkommen unnötig war“, sagt der SPD-Stadtrat. Weder habe es in diesem Bereich Staus gegeben noch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen. Und den Gefahrenpunkt Allmendshofer Zubringer hätte man auch einfach durch einen Kreisverkehr entschärfen können.
Schon früh hatte Vögtle eine Geschwindigkeitsreduzierung für die ausgebaute Strecke gefordert. Nun gilt Tempo 100. „Aber nachts wird sich da doch keiner daran halten“, so Vögtle. Es sei erweisen, dass ausgebaute Straßen zum schnelleren Fahren verleiten würden. Und wenn um eine Stadt außen herum schneller gefahren werde, dann werde auch in der Stadt schneller gefahren.
Doch hat sich das Verkehrsaufkommen in Hüfingen mit dem Ausbau der Bundesstraße reduziert. „Nein“, sagt Vögtle und fügt hinzu: „Es fährt immer noch alles durch Hüfingen.“ Schließlich gehe es ja auch um das Sehen und gesehen werden.