Ins frühere Immendinger Kino ist neues Leben eingekehrt. Das traditionsreiche Gebäude ist in eine neue Nutzungsphase eingetreten. Die Freie-Evangeliums-Christen-Gemeinde nutzt das Anwesen im Herzen von Immendingen als sogenanntes Lifehouse mit der offiziellen Bezeichnung „Lifehouse Immendingen“. Dort werden jeweils sonntags Gottesdienste der Freikirche abgehalten. Zudem finden dort auch Grundlagenkurse in christlichen Glaubensfragen statt.

Zentrale in Aldingen

Ein weiteres Lifehouse und die Zentrale der Vereinigung befindet sich in Aldingen. „Wir freuen uns darüber, dass das Lifehouse in Immendingen einen beachtlichen Zulauf hat, nicht nur aus der Gemeinde, sondern auch aus der Umgebung“, informiert der Leiter des 2014 gegründeten Aldinger Zentrums, Hauptpastor Dimitri Friesen. Er ist auch Direktor der dortigen Bibelschule.

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In Aldingen gibt es mehrere Sonntagsgottesdienste. Neu sind solche für Ukrainer eingerichtet worden. Geboten werden zudem Ehekurse, sogenannte Alphakurse zu christlichen Glaubensfragen, zur Partnerwahl. Orchesterproben, Veranstaltungen für Kinder und eine ganze Anzahl weiterer Aktivitäten der verschiedensten Art für altersspezifische Gruppen. Die Gemeinden sind Mitglied der Freien-evangeliums-Christen-Gemeinden Deutschlands. Die Gemeinden gehören der Bruderschaft der Freien Evangeliums Christen Deutschlands an. Getragen wird sie durch Christen vorwiegend russlanddeutscher und russischer Herkunft.

Als sogenanntes Lifehouse nutzt die Freie Evangeliums Christen Gemeinde das Gebäude der ehemaligen Gloria Lichtspiele in Immendingen.
Als sogenanntes Lifehouse nutzt die Freie Evangeliums Christen Gemeinde das Gebäude der ehemaligen Gloria Lichtspiele in Immendingen. | Bild: Franz Dreyer

Wie Dimitri Friesen informiert, wurde er in Kirgistan in der ehemaligen Sowjetunion in eine christliche Familie und als Sohn eines Pastors hineingeboren. Im Alter von sieben Jahren kam er mit seinen Eltern nach Deutschland.

Lifehouse Immendingen und Lifehouse Aldingen wurden durch Dimitri Friesens Vater, dem Bischof Waldemar Friesen gegründet. Nach der Übersiedlung nach Deutschland wurde er erst Pastor in einer Gemeinde in Trossingen, die im Laufe der Zeit aber immer größer wurde und neue Räumlichkeiten benötigte. Anfang der 1990er Jahre wurde eine eigene Bibelschule gegründet, um die eigenen Prediger auszubilden und weiter zu missionieren. So gelangte die Gemeinde dann auch nach Aldingen und Immendingen.

„Für die Gemeinde ist die Bibel die unfehlbare Richtschnur in allen Bereichen des Lebens, Denkens und Handelns.“Sandra Kemp, Beauftragte ...
„Für die Gemeinde ist die Bibel die unfehlbare Richtschnur in allen Bereichen des Lebens, Denkens und Handelns.“Sandra Kemp, Beauftragte der Evangelischen Landeskirche in Baden für Weltanschauungsfragen. | Bild: Sandra Kemp

Zur Ausrichtung der Lifehouse-Gemeinden sagt Sandra Kemp, es handele sich bei der Gemeinde um eine pietistisch geprägte Gemeinde, für die die Bibel die unfehlbare Richtschnur in allen Bereichen des Lebens, Denkens und Handelns sei. Kemp ist Diakonin und Beauftragte der Evangelischen Landeskirche in Baden für Weltanschauungsfragen. Eine wichtige Rolle spielten die Geistesgaben, die der Heilige Geist den Gläubigen schenken würde. Eine dieser Geistesgaben sei die sogenannte Zungenrede – das Sprechen in einer anderen Sprache.

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Die Gemeinde finanziere sich allein aus Spenden, dem sogenannten Zehnten. Da sie keine Kirchensteuermittel bekomme, müssten alle Kosten durch die Spenden der Gemeindeglieder finanziert werden. Nach biblischem Vorbild sollte jede und jeder einen Zehnten seines Einkommens geben.

Überdies gäbe es immer wieder Berichte über Heilungen innerhalb der Gottesdienste oder auch außerhalb, nach intensiven Gebeten.

Zusammengehörigkeit wird unterschiedlich empfunden

Innerhalb dieser Gemeinden herrsche häufig ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl und eine hohe soziale Verbindlichkeit. Diese große Nähe empfänden die Mitglieder sehr häufig als positiv. Es gäbe aber auch Menschen, die diese enge Verbindung auf eine längere Sicht eher als einengend oder gar kontrollierend empfänden und sich deshalb von den Gemeinden wieder lösten.

Die wechselvolle Geschichte des ehemaligen Gloria-Kinos reicht über 70 Jahre zurück. Anfang der 1950er-Jahre wurde das damals hochmoderne Kino von seinem Besitzer Walter Kaiser eröffnet. Er hatte zu diesem Zweck in der Ortsmitte zwei nebeneinander stehende Gebäude erworben und zu Räumlichkeiten des Lichtspielhauses umgebaut. Anfangs feierte das Kino große Erfolge. Und der Boom hielt auch in den 60er Jahren an. Immendingen als Garnisonsgemeinde erwies sich als idealer Kinostandort. In Form eines Wanderkinos wurden auch in der Umgebung, so unter anderem in Möhringen und Leipferdingen, Filme vorgeführt.

200 Besucher beim „Weißen Rößl“

In der Folge wurde jedoch das Fernsehen zur zunehmenden Konkurrenz. Die Zeiten als sich über 200 Besucher in das Gloria drängten, um „Das Weiße Rößl am Wolfgangsee“ erleben zu können, waren längst vorbei. Um 1980 gab es zuletzt nur noch Vorführungen für Soldaten. Die Schließung des Lichtspielhauses wurde unausweichlich.

Den Leerstand versuchte Walter Kaiser zu Beginn der Anfangsjahre des neuen Jahrtausends durch einen aufwändigen Umbau zu einem Kulturzentrum zu beenden. Einen Erfolg konnte er jedoch nicht mehr erleben. Um das Gloria wurde es wieder still. Aber nach 40 Jahren ohne Kinobetrieb gingen in dem einstigen Lichtspielhaus die Lichter wieder an.

Das einstige Foyer des „Gloria“-Kinos sieht noch so aus, als hätten es die Betreiber eben erst verlassen: Das Kassenhäuschen, die ...
Das einstige Foyer des „Gloria“-Kinos sieht noch so aus, als hätten es die Betreiber eben erst verlassen: Das Kassenhäuschen, die Plakate von altenFilmen, der Garderobenbereich – alles ist beim Neustart 2019 erhalten geblieben.Kino-Vergangenheit | Bild: Jutta Freudig

Der große Saal mit seinem nach wie vor stilechten Ambiente und einer beeindruckenden Atmosphäre wurde nach sorgfältiger Restaurierung zu einem Eventzentrum umgestaltet: mit dem Anspruch auf eine landkreisweite Ausstrahlung und einem ambitionierten Programm. Das Haus mit viel Nostalgie und Charme bot sich an für Konzerte, Lesungen, Theater, Kleinkunst, Firmen- sowie Familienfeiern, und anderem mehr.

Mit grünem Stoff bespannte Wände, stylische Kinolampen, restaurierte Kinosessel, einer der alten Filmprojektoren und die Bar atmen 2019 ...
Mit grünem Stoff bespannte Wände, stylische Kinolampen, restaurierte Kinosessel, einer der alten Filmprojektoren und die Bar atmen 2019 im neuen „Gloria“-Eventhaus ganz die Nostalgie vergangener Tage. | Bild: Jutta Freudig

Trotz eines attraktiven Programms mit Auftritten namhafter Künstler sowie einem maßgeschneiderten Management wollte die Eventlocation nach der erwartungsvollen Eröffnung am 15. September 2019 nachhaltig nicht so recht Fuß fassen, wozu auch die Pandemie dazu beitrug. Um das ehemalige Kinogebäude wurde es erneut ruhiger, bis sie sich nun zu einem Bethaus wandelte.