Es ist Donnerstag, 14.45 Uhr, als eine Lufthansa-Maschine aus Peking in Frankfurt landet und mit ihr fünf Mitarbeiter einer Schwenninger Firma. Zwei Wochen lang waren die fünf Männer, sie sind zwischen 20 und 35 Jahre alt, geschäftlich in China unterwegs. Früher als geplant sind sie wieder nach Deutschland geflogen. Der Grund: Die Situation in Peking wurde aufgrund des Coronavirus immer angespannter. Doch das, was die fünf Männer schließlich verunsichern wird, passierte nicht auf chinesischem, sondern auf deutschem Boden: Nämlich nichts.

Reise trotz Virus-Gefahr

„Es ist, als wären wir die einzigen, die sich mit dem Thema beschäftigen“, sagt Sebastian M. im Gespräch mit dem SÜDKURIER am Freitag. Der Name wurde von der Redaktion geändert, seine Identität möchte Sebastian M. nicht in der Zeitung preisgeben: „Wir wollen nicht ausgegrenzt werden.“ Der 23-Jährige ist Mechatroniker, wurde von seiner Firma gemeinsam mit seinen Kollegen nach Peking geschickt, um dort eine Maschine aufzubauen und in Betrieb zu nehmen. „Man wusste schon zuvor, dass es das Virus gibt“, erzählt Sebastian M. Allerdings sei die Situation zu dem Zeitpunkt noch nicht so drastisch gewesen.

Straßenszene in Peking: Wo sonst Trubel und Verkehr den Alltag prägen, ist es in den vergangenen Tagen fast menschenleer gewesen.
Straßenszene in Peking: Wo sonst Trubel und Verkehr den Alltag prägen, ist es in den vergangenen Tagen fast menschenleer gewesen. | Bild: Privat

Peking steht still

Am 21. Januar landeten die Männer in Peking. Das erste Mal, dass sie einen Mundschutz tragen mussten, war zwei Tage später, erinnert sich Sebastian M. Schon bald ging es „Schlag auf Schlag“: Fieberkontrollen am Eingang der Firma, immer mehr Leute aus dem Hotel reisten ab. Die Straßen menschenleer, geschlossene Läden, kein Busverkehr. „Sogar die chinesische Mauer war geschlossen.“

Ein Einkaufszentrum in Peking ist wie leer gefegt.
Ein Einkaufszentrum in Peking ist wie leer gefegt. | Bild: Privat

Männer brechen Aufenthalt ab

„Wir versuchten uns zu sagen, dass es ein normales Virus ist, wie Grippe.“ Die Firma in Schwenningen habe, so Sebastian M., stets signalisiert, dass sie sich um alles kümmern werden, sollten sich die fünf Männer dazu entschließen, nach Hause zu fliegen. Das war schließlich der Fall: Am 29. Januar stiegen die Männer in den vorerst letzten Flug nach Frankfurt. „Das Flugzeug war randvoll“, sagt Sebastian M. Am Haupteingang des Flughafens in Peking sowie nach dem Check-In seien Wärmebildkameras gewesen. „Keiner wurde raus gezogen“, sagt Sebastian M. Beim Einchecken musste ein Zettel von den Passagieren ausgefüllt und angegeben werden, ob man Halsschmerzen oder Fieber habe. Eine Untersuchung habe es nicht gegeben. Im Flugzeug sollten die Passagiere wieder einen Zettel ausfüllen: Kontaktdaten für eine Erreichbarkeit der nächsten 30 Tage, die Sitzplatznummer.

 

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Ankunft in Frankfurt wie gewohnt

In Frankfurt gelandet nahm alles seinen gewohnten Gang: „Koffer holen, durch die Passkontrolle und raus“, sagt Sebastian M. „Das hat uns überrascht.“ Mit einem Mietwagen hätten sie sich nach Villingen aufgemacht. Die Anweisung der Firma: Sie sollten sich von einem Arzt durchchecken lassen. Einer der fünf Männer habe sich außerdem nicht gut gefühlt. Schon, als er von Deutschland nach China gereist sei, habe er Fieber gehabt. Ihm ging es zu dem Zeitpunkt immer noch nicht gut, wollte auf Nummer sicher gehen, ob es der Infekt von Deutschland, oder etwas Neuartiges sei. Das habe sich allerdings als schwierig erwiesen, erzählt Sebastian M.

Kein Schnelltest für Coronavirus

Auf dem Weg nach Villingen riefen die Männer beim Klinikum in Rottweil an. Sie würden sich gerne untersuchen lassen. Sie erwähnten, dass sich einer der Männer nicht gut fühle. Die Antwort des Klinikums: Sie sollten es im Villinger Klinikum versuchen. Andrea Schmider, Pressesprecherin der Helios Klinik in Rottweil, bestätigte auf Nachfrage des SÜDKURIER, dass sich die Männer telefonisch gemeldet hatten. Sie habe ihnen empfohlen, nach Villingen zu fahren und dort vorher anzurufen. Schmider stellt im Gespräch mit dem SÜDKURIER außerdem klar, dass es keinen Schnelltest gebe, um das Coronavirus nachzuweisen. „Ohne Symptome kann das Virus nicht festgestellt werden.“ Über das Blut könne das Virus nicht nachgewiesen werden. Menschen, die unsicher sind, sollten beim Gesundheitsamt anrufen. Außerdem gebe das Robert-Koch-Institut auf dessen Internetseite klare Empfehlungen.

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Keine Symptome, keine Behandlung

Im Schwarzwald-Baar-Klinikum, wo die Männer sich zuvor telefonisch gemeldet hatten, gingen sie, so Sebastian M., gegen 21 Uhr mit Mundschutz direkt zu der Notaufnahme. Der Mann, der sich nicht gut gefühlt hatte, wurde untersucht, die anderen vier Männer wurden darum gebeten, draußen zu warten. „Draußen im Flur?“, hätten die Männer, so Sebastian M. gefragt. „Nein, ganz draußen“, lautete die Antwort am Tresen. Laut Sebastian M. habe es draußen gestürmt und geregnet. Der Arzt habe sich nach Aussagen von Sebastian M. darüber gewundert, dass die Männer in die Notaufnahme kamen und es für übertrieben gehalten. Bei dem Untersuchten wurde leichtes Fieber festgestellt und eine Grippe diagnostiziert. Zu der Männergruppe habe der Arzt gesagt, dass sie „für ein paar Tage größere Menschenmassen meiden“ sollten, so Sebastian M. Anschließend wurden sie nach Hause geschickt. Das Klinikum wollte sich auf Anfrage des SÜDKURIER nicht zu dem Vorfall äußern, begründete dies mit Datenschutz und Schweigepflicht.

14 Tage krank geschrieben

Von ihren Hausärzten wurden die Männer 14 Tage krank geschrieben – der Zeitraum, in dem sich die Symptome entwickeln können. Die Hausärzte sagten laut Sebastian M. aus, dass es zu dem Coronavirus keine klare Regelung gebe. Die Unsicherheit bei den Rückkehrern bleibt: „Was sind große Menschenansammlungen? Darf ich einkaufen gehen?“ Auch die Nachfrage beim Gesundheitsamt Villingen hilft den Männer nicht weiter. So lange keine Symptome da seien, sei alles in Ordnung, so die Auskunft.

Warten darauf, nicht krank zu werden

Die fünf Männer sind seit Freitag zuhause und warten darauf, nicht krank zu werden. Bei dem Untersuchten sei das Fieber inzwischen zurückgegangen, so Sebastian M. Er gehe davon aus, dass er das Virus nicht habe. „Aber wirklich bestätigt hat es ihm keiner.“