Mitten in der Nacht auf Mittwoch, 18. Juni, klingelt es bei der georgischen Familie in Brigachtal an der Wohnungstüre. Die Polizei steht da und fordert die Eltern auf, sich innerhalb von einer Stunde fertig zu machen. Sie werden in ihr Heimatland abgeschoben.

Das berichtet der Nachbar und Freund der Familie, Martin Hayer. Auch die Polizei bestätigt die Abschiebung einer fünfköpfigen Familie in Brigachtal in der Nacht auf Mittwoch.

Zum rechtlichen Grund für die Abschiebung konnte das Polizeipräsidium Konstanz auf Anfrage des SÜDKURIER am Mittwoch keine Angaben machen. Auch das Landratsamt konnte keine Auskunft zu den juristischen Hintergründen geben.

Nachbar Hayer berichtet, dass er gegen 0.15 Uhr einen Anruf von der Familie erhalten habe, sofort sei er daraufhin zu deren Wohnung gelaufen. Helfen konnte er jedoch nicht.

Ausbildungsduldung wird aufgehoben

„Erst vor zwei Tagen saß die Familie bei uns“, erzählt er. Sie hatten Hayer um Rat gefragt, nachdem das Regierungspräsidium der Familie mitgeteilt hatte, dass die Ausbildungsduldung der 17-jährigen Tochter aufgehoben sei. Diese lernt gerade bei einem Zahnarzt im Ort und will Arzthelferin werde. „Ich wollte mich heute darum kümmern“, so Hayer.

Das könnte Sie auch interessieren

Rollstuhl muss zurückbleiben

Er ist bestürzt darüber, dass eine Familie, die sich gut in dem Ort integriert habe, von einem Tag auf den anderen abgeschoben werde.

Der 19-jährige Sohn habe eine Muskeldystrophie, sei daher auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen. Den habe er erst kürzlich erhalten. „Den Rollstuhl durfte er aber nicht mitnehmen“, berichtet Hayer bestürzt. Damit werde dem jungen Mann seine Autonomie genommen, so Hayer. Denn ohne den Rollstuhl könne er sich nicht selbstständig bewegen.

Auch die medizinische Hilfe, die der Sohn hier erhalten habe, und weswegen die Familie nach Deutschland gekommen sei, wäre erst einmal passé.

Abschiebung trifft auf Unverständnis

Neben den beiden Jugendlichen gehöre auch ein siebenjähriger Junge zur Familie. Er sei in die örtliche Grundschule gegangen und habe im Fußballverein gekickt. „Ich verstehe das nicht“, sagt Hayer.

Aus seiner Sicht habe es keine gravierenden Gründe für die Abschiebung gegeben. Der Nachbar will sich nun um das restliche Hab und Gut der Familie kümmern, das diese zurücklassen musste.