Was genau ist eigentlich Hochbegabung? „Eine herausragende Begabung äußert sich häufig in starker Neugier, außergewöhnlichen Interessen oder darin, dass Kinder sich Inhalte selbst beibringen“, erklärt Juliane Schartel.

Sie ist Rektorin der Rupertsbergschule in St. Georgen und Leiterin der Hector Kinderakademie im Schwarzwald-Baar-Kreis. „Manche Kinder fallen auch dadurch auf, dass sie sich im Unterricht langweilen oder stören – das kann ein Hinweis sein, dass der reguläre Schulstoff nicht ausreicht.“

Konzept ist sensibel, nicht elitär

Dabei sei Hochbegabung kein gesellschaftlicher Adelstitel. „Viele Eltern trauen sich gar nicht, offen darüber zu sprechen“, sagt Schartel. „Während sportliche Talente selbstverständlich anerkannt sind, wird eine mathematische oder sprachliche Begabung oft skeptisch betrachtet.“

Genau diesem Missverständnis möchte die Hector Kinderakademie entgegenwirken – durch ein sensibles, nicht elitär wirkendes Förderkonzept.

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Begabung sei deshalb keine Auszeichnung, sondern ein Auftrag. So lautet das Selbstverständnis von Juliane Schartel. Eingelöst wird es durch die Hector Kinderakademie im Schwarzwald-Baar-Kreis.

Die Einrichtung richtet sich an besonders begabte Grundschulkinder zwischen sechs und zehn Jahren und bietet ihnen ein außerschulisches Kursprogramm, das weit über den regulären Unterricht hinausgeht.

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Die Kurse decken ein breites Spektrum ab – von Mathematik und Naturwissenschaften über Fremdsprachen wie Chinesisch bis hin zu Kunst und Sport.

„Begabung zeigt sich auf vielfältige Weise“, sagt Schartel. „Einige Kinder sind sprachlich stark, andere mathematisch oder kreativ. Deshalb ist es wichtig, differenzierte Angebote zu machen.“

Aktuell stehen jedes Schulhalbjahr rund 45 Kurse zur Auswahl, verteilt auf verschiedene Grundschulen im ganzen Kreisgebiet.

Einer dieser Teilnehmer ist der neunjährige Rouven Mantel aus St. Georgen. Er hat bereits mehrere Kurse besucht, darunter „Linien und Farben“, eine Holzwerkstatt sowie einen Kurs, in dem eine Schatzkiste mit Alarmanlage gebaut wurde. „Die machen extrem viel Spaß“, sagt Rouven begeistert.

Austausch mit Gleichaltrigen bereichert

Auch seine Mutter Stephanie Mantel ist überzeugt: „Es ist schön für die Kinder, weil sie sich mit Themen beschäftigen können, die im Schulalltag zu kurz kommen.“ Sie hebt hervor, dass die kleinen Gruppen von etwa fünf bis sechs Kindern und der Austausch mit Gleichaltrigen aus dem ganzen Landkreis eine große Bereicherung seien.

Voraussetzung für die Teilnahme ist eine Nominierung durch die Schule. „Ähnlich wie man in Klassenkonferenzen über Unterstützungsbedarf spricht, sollte man auch Kinder im Blick haben, die nach mehr fordern“, so Schartel.

Nach Zustimmung der Eltern können die Kinder drei Wunschkurse angeben. Diese finden außerhalb der regulären Schulzeit statt – am Nachmittag, am Wochenende oder in den Ferien.

Rouven nimmt die Andersartigkeit der Kurse deutlich wahr: „Die Klassenzimmer sehen ganz anders aus als in der normalen Schule, und die Lehrer unterrichten auch ganz anders.“ Und obwohl er von Mitschülern bislang keine besondere Reaktion erhalten hat, genießt er die Kurse und hat dort sogar neue Freunde gefunden.

Für die Familie Mantel war die Entscheidung zur Teilnahme zunächst von Neugier geprägt. „Wir haben es einfach ausprobiert – und es hat sich absolut gelohnt“, sagt Stephanie Mantel.

Auch die Organisation lobt sie: „Man kann vorab schauen, wo und wann die Kurse stattfinden, und sich entsprechend entscheiden.“ Die Kosten werden größtenteils von der Hector Stiftung getragen, nur in Einzelfällen fällt ein geringer Materialkostenbeitrag an.

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„Wir arbeiten eng mit den Schulen zusammen, nichts passiert über deren Köpfe hinweg“, betont Schartel. Nur in Ausnahmefällen, etwa nach einem Kinderpsychologischen Gutachten, erfolgt der Kontakt direkt über die Eltern. „Dann klären wir das mit der Schule gemeinsam ab.“

So normal wie das Fußballtraining

Wichtig sei, dass man Kindern ermögliche, ihre Potenziale zu entfalten – ohne sie unter Druck zu setzen. „Lernen ist etwas Schönes. Wenn ein Kind mit Freude dabei ist, kann es Großes leisten“, so Schartel. „Und es sollte genauso normal sein, ein Kind zur Hector Kinderakademie zu schicken, wie zum Fußballtraining.“

Ihr Appell an die Eltern: „Trauen Sie sich, Ihr Kind ernst zu nehmen – und fördern Sie es da, wo es glänzt.“ Denn Talente zu erkennen und zu fördern, sei kein elitäres Projekt, sondern ein Beitrag zu kindgerechter Bildung.