Ein Alpsegen nach Schweizer Vorbild, der von St. Georgen über die Schwarzwaldhöhen schallt – das ist das Ziel eines Kunstprojektes, das am Freitag, 20. Juni, rund um das Nockenkeuz auf der Sommerau stattfindet. Eine Hamburger Performancekünstlerin vollendet damit ihr Werk, das sie im vergangenen Spätherbst beim Kunstverein Global Forest in St. Georgen startete. Und zu dem Besucher als Akteure willkommen sind. Angekündigt wird eine „kraftvolle Inszenierung zwischen Ritual, Klangexperiment und sozialer Skulptur“.
Inspiration durch ein Schweizer Hirtenritual
„Heidenei“ nennt Musik- und Performance-Künstlerin Tintin Patrone ihr Projekt, bei dem sie moderne musikalische Performance in ein altes Schweizer Hirtenritual transferiert. Im Mittelpunkt steht das menschliche Lautorgan.
Und das ist das Konzept: Tintin Patrone hat die Stimmen von Kirchen- und Kinderchören, Heavy-Metal-Sängern und Einzelpersonen zu einer Art musikalischen Collage zusammengefügt. Aus St. Georgen haben die beiden Kirchenchöre sowie der Kinderchor von Martina Schwarz mitgemacht. Zudem ein Knabenchor aus Solothurn in der Schweiz.
200 Personen singen und schreien
„Diese Stimmen sind ganz unterschiedlich. Mal wird gesungen, mal wird geschrien“, beschreibt Patrone die Grundlage des Projekts. Etwa 200 Personen haben mitgemacht.
Dabei musste sie viel Überzeugungsarbeit leisten. „Ich habe mindestens dreimal so viele Personen angesprochen“, erklärt Tintin Patrone, welcher Aufwand hinter der Klangperformance steckt. Am Ende hat sie aus allen Teilnehmern, viele waren als Chormitglieder beteiligt, 30 Positionen zusammengestellt.
Prozession zum Nockenkreuz
Der zweite Teil des Projekts besteht aus einer Art Prozession. Am Freitag, 20. Juni, treffen sich die Macher sowie Interessierte um 17 Uhr beim Wanderparkplatz auf der Sommerau in Richtung Nockenkreuz. Dort verliest Tintin Patrone zunächst ein Manifest zum Thema Stimme und welche Resilienzen, also Widerstandskräfte, durch gemeinsames Singen entstehen.
Anschließend setzt sich der Teilnehmertross in Bewegung. Auf dem etwa ein Kilometer langen Weg zum Zielort, dem Wasserhäusle beim Nockenhof, gibt es musikalische Begleitung. Daniel Walsh, derzeit amerikanischer Austauschstudent bei Global Forest, wird die Teilnehmer der kleinen Prozession mit seiner Gitarre musikalisch begleiten.
Am Zielort angekommen, können die Teilnehmer den Blick über die weite Schwarzwaldlandschaft schweifen lassen. Dazu sollen 50 Tauben in die Luft aufsteigen.
Das Stück dauert 70 Minuten
In die Idylle hinein gibt es die Aufnahme des Stimmenprojekts zu hören. „Das Stück dauert insgesamt 70 Minuten“, sagt Patrone. Während der sogenannte Schweizer Alpsegen mit der Stimmencollage über die Höhen schallt, können die Teilnehmer bei einem organisierten Picknick mit selbstgebackenen Brotskulpturen von Erika Obergfell aus Brigach und Freibier von der Hirschbrauerei Flözlingen das akustische und optische Spektakel betrachten.
„Und vielleicht schaffen wir es zeitlich, den Sonnenuntergang zu erleben, der vom Nockenkreuz aus zu sehen ist“, sagt Oliver Olsen Wolf vom Kunstverein Global Forest.
Das Kunstprojekt, das das Thema Zukunftsängste zum Schwerpunkt hat, wird auch von der Hochschule Furtwangen wissenschaftlich begleitet. Mitarbeiter der Fakultät Gesundheit wollen herausfinden, ob Menschen in einer anderen Situation als unter Laborbedingungen anders auf das Thema Zukunftsängste reagieren. Gefördert wird das Projekt zudem von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften.