Mit einer Protestaktion haben Handwerksfirmen aus St. Georgen und Umgebung am Freitag auf ihre schwierige Situation aufmerksam gemacht.

Rund 60 Personen, Inhaber und Mitarbeiter von Handwerksfirmen, Landwirte und einige Bürger, fanden sich auf einem Betriebsgelände an der B33 in St. Georgen ein. Auch der Handwerkskammerpräsident Werner Rottler und der Kreishandwerksmeister Ralf Rapp sprachen zu den Handwerkern.

„Die steigenden Kosten zwingen uns kleine Betriebe in die Knie“, brachte Nadine Stockburger (Rowa Fensterbau St. Georgen), die die Aktion zusammen mit Markus Hummel (Heizuungs- und Sanitärfirma) und Georg Aberle (Schreinerei) organisiert hat, auf den Punkt. CO²-Steuer, Maut und Steuererhöhungen machten es den kleinen Betrieben zunehmend schwer. Zudem würden große Konzerne und Bauträger die Preise kaputt machen.

Bild 1: Handwerker-Protest: Warum sie unzufrieden mit der Ampel sind
Bild: Sprich, Roland

„Wir fordern den sofortigen Stopp beziehungsweise Rücknahme von Steuererhöhungen, Maut und CO²-Steuer. Wir fordern die Bundesregierung auf, uns kleine Betriebe zu entlasten und den Bürokratiewahnsinn zu stoppen“, so Stockburger. Es sei an der Zeit, Leistung wertzuschätzen und bezahlbare Energien zu schaffen. „Wir sind die, die machen. Wir unterstützen, beraten und reparieren.“

Georg Aberle bezeichnete die Zusammenkunft „als Handwerkervesper mit Treffpunkt direkt an der Bundesstraße“. Es solle bewusst keine Demonstration sein.

Georg Aberle, der die Aktion „Handwerkervesper“ mitinitiierte, spricht zu den Anwesenden.
Georg Aberle, der die Aktion „Handwerkervesper“ mitinitiierte, spricht zu den Anwesenden. | Bild: Sprich, Roland

Aufmerksam erregte die Aktion dennoch. Etliche vorbeifahrende Lastwagen und manche Autofahrer signalisierten wie schon bei den Landwirtsprotesten vor einer Woche hupend ihre Solidarität.

„Arbeit wird nicht mehr belohnt“

Jochen Hauser vom Badisch-Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) äußerte sich froh darüber, dass es überhaupt noch Menschen gebe, die arbeiten. „Weil die Rahmenbedingungen die Arbeit nicht mehr belohnen.“ Wenn ein Paar Bürgergeldbezieher mehr als 3000 Euro netto im Monat bekäme, sei es schwierig, manchem Familienvater zu erklären, weshalb er trotz Vollzeitbeschäftigung weniger hat.

BLHV-Sprecher Jochen Hauser holt zum Rundumschlag gegen die Politik aus.
BLHV-Sprecher Jochen Hauser holt zum Rundumschlag gegen die Politik aus. | Bild: Sprich, Roland

Hauser holte zum Rundumschlag gegen die Politik aus und bezeichnete die SPD als „die Partei der Nicht-Arbeitenden“ und auch die Grünen seien „mehr rot als grün“. Besonders treffe ihn, dass die FDP diese Koalition mittrage. „Das führt dazu, dass wir politisch heimatlos sind.“

Seiner Meinung nach suchen deshalb viele Menschen aus Protest Zuflucht in der AfD. „Deshalb ist es gut, dass alle, die den Karren ziehen, aufstehen und versuchen, dass die Politik mal wieder den richtigen Weg findet.“ Hauser sieht die aktuelle Situation so, „dass wir an einem Wendepunkt der Geschichte stehen“.

Handwerkskammerpräsident Werner Rottler sagte, dass in den vergangenen Monaten einiges aus dem Ruder gelaufen sei, unter anderem im ...
Handwerkskammerpräsident Werner Rottler sagte, dass in den vergangenen Monaten einiges aus dem Ruder gelaufen sei, unter anderem im Bereich der Wärmewende. | Bild: Sprich, Roland

Der Präsident der Handwerkskammer Konstanz Werner Rottler sagte, dass gemeinsam mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks besprochen wurde, den Betrieben die Möglichkeit zu eröffnen, mit einem Signal auf ihre Situation aufmerksam zu machen. „Wir sind schon auch der Auffassung, dass sich in den vergangenen Monaten einiges nicht zum Positiven verändert hat.“ Es sei einiges aus dem Ruder gelaufen, gerade im Bereich der Wärmewende. „Wo man Dinge umsetzt und Inhalte festlegt, ohne zuvor die Fachleute am Tisch zu haben.“

Entlastung und Bürokratieabbau

Rottler bekräftigte vor seinen Handwerkskollegen, in Gesprächen mit politischen Vertretern Entlastungen und Bürokratieabbau einzufordern. Beispielsweise sollte die Entlohnung bei Überstunden für Mitarbeiter steuerfrei sein. „Wir wollen weiterhin diesen Wirtschaftsstandort stabilisieren und halten. Wenn wir wieder Exportweltmeister werden möchten, müssen wir mit Arbeitsleistung und Motivation hochfahren.“ Es sei „Zeit, zu machen“.

Handwerkskammerpräsident Werner Rottler sagte, dass in den vergangenen Monaten einiges aus dem Ruder gelaufen sei, unter anderem im ...
Handwerkskammerpräsident Werner Rottler sagte, dass in den vergangenen Monaten einiges aus dem Ruder gelaufen sei, unter anderem im Bereich der Wärmewende. | Bild: Sprich, Roland

Ralf Rapp, der erst seit Jahresbeginn Kreishandwerkermeister der Kreishandwerkerschaft Donau-Neckar ist, betonte, dass die Kreishandwerkerschaft „nicht nichts mache. Wir stehen im Dialog mit Politikern. Und das nicht erst seit gestern, sondern seit Jahre.““ Der Bezirk Donau-Neckar habe 4800 Handwerksbetriebe. Die ersten Betriebe hätten jetzt den ersten Schritt gemacht, so Rapp. Er ermutigte die anwesenden Firmen, ihre jeweiligen Obermeister wachzurütteln.

Protestaktion bei Fluck Holzbau

Beim bundesweiten Aktionstag des Zentralverbundes des Deutschen Handwerks setzte auch die Firma Fluck Holzbau in Blumberg-Riedböhringen am Freitagvormittag mit einer Protestaktion ein Zeichen.

Angeregt und inspiriert durch die Aktionen der Landwirte wies man auf die Missstände der eigene Branche hin und positionierte sich klar. Für Zimmermeister und Geschäftsführer Florian Fluck ist aufgrund der überzogenen Bürokratisierung und immer neuen Vorgaben die Grenze längst überschritten.

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Egal ob gestiegene Energiekosten, Gesamtbelastung durch Steuern und Abgaben, fehlende Planarbeit oder Wertschätzung der eigenen Arbeit: Er sieht sich von der Politik vollkommen im Stich gelassen. „Die Politik schafft es nicht, der Bürokratie Herr zu werden“, schimpft er.

Mit einem gemeinsamen Protest macht Holzbau Fluck auf die Missstände im Handwerk aufmerksam (von links): Quirin Säger, Marc Steiner, ...
Mit einem gemeinsamen Protest macht Holzbau Fluck auf die Missstände im Handwerk aufmerksam (von links): Quirin Säger, Marc Steiner, Katharina Martin, Sarah Bank, Marleen Fluck, Franz Jokesch und Geschäftsinhaber Florian Fluck. | Bild: dlx blu Protestaktion Fluck Holzbau.JPG

Aufgrund der Gesamtbelastungen durch Abgaben oder Dokumentationspflichten bis hin zu einer steigenden Misstrauenskultur brenne es für die Handwerksunternehmen an allen Ecken und Enden. „Ich bin klar der Meinung, dass wir nicht nur im Handwerk von der aktuellen Regierung im Stich gelassen werden“, war aus seiner ausführlichen Dokumentation zu entnehmen.

Wohnungsbau zeige Fehlentwicklung an

Mit dem klaren Appell, dass in der Politik endlich gehandelt werden müsse und Planarbeit und Verlässlichkeit wieder einziehen müssen, spiegelt Fluck nach seiner Einschätzung das Meinungsbild vieler Handwerksbranchen wider. Dass die Regierung ihre Neubauziele um über 50 Prozent verfehlt habe, führte Fluck als ein weiteres Beispiel für die aktuelle Fehlentwicklung auf. Der Wohnungsbau müsse wieder mehr unterstützt werden, sagte er. Mit der Streichung von Förderprogrammen sieht er die Politik auf einem vollkommen falschen Weg.

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