Es klingt wie ein Ausrufezeichen: der-wolf-im-revier. Eine Manifestation. Das Tier hat einen festen Platz und behauptet ihn. Auf die Region bezogen ist es GW4389m, der auf der Baar amtlich als sesshaft gemeldete Wolfsrüde. Aber braucht der auch eine E-Mail-Adresse?
Wohl eher nicht. Geht auch gar nicht, denn die gehört dem Wahlkreisabgeordneten Guido Wolf.
Guido Wolf hängt an seiner Adresse
Aber reibt sich Guido Wolfs Ausrufezeichen nicht mit der neuen Realität? Müsste der CDU-Landtagsabgeordnete nicht seine Adresse ändern? Vielleicht in „zwei-wölfe-im-revier“, „ich-und-er-im-revier“ oder „der-andere-und-ich-im-revier“.
Guido Wolf lehnt das vehement ab: „Auf keinen Fall. Es ist ja noch nicht bewiesen, dass es einen zweiten Wolf im Revier gibt.“ Und zudem: Der Fellwolf zeige sich ja gar nicht, keine Gefahr also.
So möchte er an seiner Mailadresse festhalten. „Die habe ich seit dem ersten Tag meiner ersten Landtagskandidatur“, sagt er. 2006 wurde sie im Zuge der Werbekampagne geboren. Für die Leute sei sie wohltuend anders, steche heraus. Und auch Wolf selbst hat sie schätzen gelernt. „Es ist vor allem eine, die ich mir gut merken kann“, fügt er schelmisch an.
Bei Recherche ist Umleitung eingebaut
Natürlich hat er auch eine namensbezogene und eine Landtags-Adresse für die E-Post. Aber „der-wolf-im-revier“ geht, wenn der Abgeordnete nach seiner Adresse gefragt wird, doch mit einer gewissen Freude über die Zunge. Wer sich über die Aktivitäten des Abgeordneten informieren will, aber dessen Namen mal eben vergessen hat, kann ihn mit www.der-wolf-im-revier.de suchen. Man wird dann auf die offizielle Abgeordnetenseite umgeleitet.
Wer nur nach „Der Wolf im Revier“ googelt, landet übrigens schnell auf einer jagdbezogenen Debatte mit der Frage, ob der Wolf Schalenwild-Reviere leerfrisst. Zu deutsch: Ob er anteilmäßig zu viele Rehe auf der Speisekarte führt.
Doch zurück zur E-Mail an sich. Sie nimmt den größten Teil der Abgeordneten-Korrespondenz ein, die Post wird von seinen beiden Büroleiterinnen in Tuttlingen und Stuttgart nach Wichtigkeit und Antwortturnus sortiert, vom Chef aber zuerst allesamt am Smartphone gelesen. Das hilft, den Überblick zu bewahren. „Eine E-Mail, die ich gelesen habe, vergesse ich nicht“, sagt Guido Wolf. Und wenn sie ihm nach Tagen in den Kopf schießt, mit der Frage, ob er sie denn schon beantwortet hat.
Briefe sind durchdachter
Etwas Besonderes seien Briefe. Etwa als Ausdruck von Anerkennung oder Kritik, gerne auch im Nachgang eines persönlichen Gesprächs im Wahlkreisbüro. Briefe flattern seltener in die Büros als E-Mails. Sie seien eher durchdachter, E-Mails manchmal aus der Hüfte geschossen, unterscheidet Wolf. Eine Nacht über den Inhalt zu schlafen, wäre nicht schlecht gewesen.
Und was hält der Wolf – Guido, nicht GW438m – selbst von der Diskussion ums wilde Tier? „Unabhängig von meinem persönlichen Schutzstatus“, wie der CDU-Abgeordnete witzelt, sei er aber, ganz ernst, schon immer der Meinung gewesen, dass man „sogenannte Problemwölfe im Einzelfall entnehmen können muss“.
Was ein etwas vornehmer Begriff für den Abschuss sei. Nicht, dass man ohne Not dem Tier ans Leder wolle. Aber die geänderten europäischen Rahmenbedingen gäben hier mehr Handlungsspielräume.
Für den neuen Baaremer Wolf gelte noch die Unschuldsvermutung. „Die Frage ist ja, ob er bleibt. Immerhin bewegen sich diese Tiere gerne fort.“ Einen gewissen Konkurrenzdruck spürt der Abgeordnete, der seine einzige echte Wolfbegegnung aus einer „todesmutigen Fütterung“ im Gehege des Freizeitparks Tripsdrill auflistet, gleichwohl.
Die eigene Identität in Gefahr?
Er verweist auf den Code des Baaremer Wolfes. GW438m. GW wie Guido Wolf. Da hat man den Verdacht eines Angriffs auf die eigene Identität, meint Guido Wolf. Hoffentlich verstärkt der sich nicht. In Baden-Württemberg sind aktuell mit den Wolfsrüden GW852m, GW1129m, GW2672m sowie GW4389m nun insgesamt vier sesshafte Wölfe gelistet.