Ständig meckern Menschen über die öffentlichen Verkehrsmittel im Schwarzwald: Die Bahn kommt zu spät, der Bus ist zu voll. Aber ist das wirklich so ein Horrortrip? Wir begeben uns auf Busfahrt und fragen in Villingen-Schwenningen und Umgebung nach.

Mehr Mut zum ÖPNV

Linie 660 von Villingen nach Königsfeld. Es ist außerhalb der Stoßzeiten, ein Donnerstag. Der große Gelenkbus kommt pünktlich um 10.10 Uhr. Darin befinden sich gerade einmal fünf Personen.

Eine davon ist Ingrid Wöhrle. Sie sitzt in einem Viererplatz auf dem Weg von Villingen nach St. Georgen. Oft fahre sie Bus, das sei ihr lieber. Denn die Parkplatzsuche mit dem Auto empfinde sie manchmal als schwierig, erzählt sie mit einem Lächeln.

Ingrid Wöhrle aus Villingen ist zufrieden mit dem örtlichen ÖPNV.
Ingrid Wöhrle aus Villingen ist zufrieden mit dem örtlichen ÖPNV. | Bild: Vivienne Joos

Auf die Frage, ob der Bus für sie eine gute Alternative zum Auto sei, antwortet sie „Auf jeden Fall. Die Hauptstrecke ist ganz gut und auch andere Verbindungen haben sich wohl verbessert. Nach St. Georgen ist es unheimlich geschickt. Es ist aber noch ausbaufähig.“

Sie selbst habe für längere Zeit beruflich in München gelebt. Dort kommt die Bahn alle zehn Minuten, erzählt sie begeistert. Am Villinger Bahnhof hat sie auch die Möglichkeit mehrmals pro Stunde nach St. Georgen zu kommen – mit dem Bus oder mit der Regionalbahn.

Wöhrle ist sehr zufrieden mit den Bussen und ihrer Pünktlichkeit. „Bei einem Unwetter kamen sie schonmal zu spät. Aber sie sind trotzdem gefahren, trotz Unwetter!“, sagt Wöhrle. Laut der Rentnerin brauche es mehr Bereitschaft der Menschen auf dem Land, den ÖPNV zu nutzen.

Deutschlandweit lässt sich bereits eine positive Entwicklung beobachten. In einer Pressemitteilung vermeldet das Statistische Bundesamt einen Zuwachs von fünf Prozent der Fahrgäste im Linienverkehr mit Bussen und Bahnen im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr. Ein Grund dafür sei das Deutschlandticket, welches im Mai 2023 eingeführt wurde und seitdem zu Fahrgastzuwachsen geführt habe.

Nur wenige Fahrgäste im Bus

An einem Montag ist der Bus der Linie 610 von Villingen nach Öfingen kaum zur Hälfte gefüllt. Jeder Fahrgast findet problemlos einen Sitzplatz. Der Bus leert sich stetig und es steigt niemand mehr zu. Tatjana Nekrasevic fährt bis zum Zwischenstopp Bad Dürrheim. Sie fahre häufig Bus – sei es zur Arbeit oder in ihrer Freizeit. Manchmal komme es vor, dass dieser sich verspätet. Einmal sei er überhaupt nicht gekommen. Insgesamt zeigt sie sich jedoch zufrieden mit dem Angebot: „Ich habe keinen Führerschein, für mich ist es eine sehr gute Alternative.“

Vormittags befinden sich oftmals nur wenige Personen an den Haltestellen.
Vormittags befinden sich oftmals nur wenige Personen an den Haltestellen. | Bild: Vivienne Joos

Auch kleinere Ortschaften werden befahren

Am Busbahnhof in Königsfeld stehen um 10.30 Uhr hauptsächlich Schüler – nur wenige erwachsene Personen sind an der Haltestelle. Und das, obwohl das Angebot umfangreich ist: Von Villingen nach Königsfeld fährt der Bus mindestens alle 30 Minuten. Dort kommen Fahrgäste wiederum stündlich nach Niedereschach. Der Bus fährt durch mehrere kleinere Ortschaften, darunter Erdmannsweiler, Fischbach und Mariazell. Als zwei Schülerinnen den Bus in Fischbach verlassen, ist er leer. Bis nach Niedereschach steigt niemand mehr zu.

Niedereschachs Bürgermeister Martin Ragg zeigt sich auf Nachfrage stolz auf das „sehr ansprechende und durchdachte Busangebot“, das durch die Nahverkehrskonzeption des Schwarzwald-Baar-Kreises geschaffen wurde. Er kenne ein paar Bürgerinnen und Bürger, die dadurch konsequent auf den ÖPNV umgestiegen seien. „Andere wiederum fühlen sich gestört durch ‚zu viele leere Busse‘, die durch unseren Ort fahren“, meint der Bürgermeister. Die Gründe für die geringe Auslastung lässt er jedoch offen.

Die geplanten Einsparungen beim Busverkehr empfindet Ragg als „ärgerlich“. Laut ihm wurde in den vergangenen Jahren dem Klischee, auf dem Land gebe es keinen guten ÖPNV, erfolgreich entgegengetreten. Er betont den großen Aufwand und das Engagement, das dafür aufgebracht wurde. „Auch unter Klimaschutzgesichtspunkten ist dies der richtige Weg“, so Ragg.

Alternative zum Führerschein

An der Bushaltestelle Altes Rathaus in Niedereschach erzählt Julia Jest von ihren Erfahrungen mit dem ÖPNV. Um 11.30 Uhr ist sie gerade auf dem Rückweg von ihrem Arbeitsort nachhause. Die Villingerin fährt von Montag bis Freitag mit der Linie 650 und hat nur einen Wunsch: „Es wäre schön, wenn es mehr Busse vor sechs Uhr morgens gäbe.“

Ansonsten habe sie keine Probleme mit dem bestehenden Angebot. Momentan sei es eine gute Option, da sie keinen Führerschein besitze. Trotzdem möchte sie diesen in Zukunft machen. Bisher sei er ihr aber zu teuer gewesen. Zudem sind die Busse immer pünktlich und Ausfälle hat es nie gegeben, meint Jest zufrieden und steigt in Villingen aus.