In Sachen Gleichberechtigung ist vieles erreicht worden. Braucht es da eigentlich noch einen Frauentag? Wir haben acht Frauen aus der Region diese Frage gestellt.
Die Schulleiterin: Magnetisches Prinzip stärkt die Frauen
„Ich finde schön, dass es ihn gibt“, sagt Simone Duelli-Meßmer. Die Oberstudiendirektorin leitet das Gymnasium am Hoptbühl in VS-Villingen. „Für mich steht er für gleichwertige Teilhabe von Frauen am gesellschaftlichen Leben.“ Seit Einführung des Frauentags habe sich wahnsinnig viel entwickelt.

Der Aktionstag trage dazu bei, dass engagierte Frauen um den Termin herum Veranstaltungen organisieren. Die Schulleiterin spricht dabei von einem magnetischen Prinzip. „Weil die Frauen dadurch mehr Möglichkeiten sehen, sich zu stärken, aber auch, sich zu beteiligen.“
Die Beraterin: Vieles ist erst einen Wimpernschlag her
Es gibt die Unterschiede zwischen Frau und Mann ganz klar überall im Alltag zu erkennen, sagt Angela Donno. Sie ist Geschäftsführerin des Vereins Grauzone in Donaueschingen, der eine spezialisierte Fachberatungsstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt im ganzen Kreisgebiet ist. Sie spricht davon, dass die Bluse bei der Reinigung immer mehr kostet als das Hemd.

Braucht es deshalb einen Weltfrauentag? Auch, aber für Donno gibt es andere, schwerer wiegende Gründe: „Es gibt eine ganz klare Zahl: Bei 98 Prozent aller Fälle sexualisierter Gewalt gibt es eine männliche Tatperson.“ Für eine Frau sei es wesentlich gefährlicher, allein im Parkhaus unterwegs zu sein, als für einen Mann.
Die Pfarrerin: Vor Gott sind alle gleich
„Einen Weltfrauentag braucht es leider immer noch“, sagt Lisa Bender, Pfarrerin in der evangelischen Stadtgemeinde Villingen. Denn eine Ungleichberechtigung zwischen Mann und Frau gebe es ganz eindeutig. Etwa dadurch, dass viele Produkte auf die männliche Anatomie genormt seien, sagt Bender. „Bei Gurten im Auto ist das ja schon gefährlich.“ Oder im Pharmabereich, wo Medikamente eher auf den Mann als auf die Frau abgestimmt seien.

Der Tag sei dafür da, sich starkzumachen für Frauen, zu sagen, warum es Ungleichhaut gebe und was man dagegen tun könne. „Die kirchliche Sichtweise ist, dass Gott Mann und Frau gleich geschaffen hat“, sagt Bender.
Die Stadträtin: Es gibt noch massig Baustellen
Vor 20 Jahren wurde in Donaueschingen das Frauenforum ins Leben gerufen. Zu den Gründerinnen zählt auch Sigrid Zwetschke. Die SPD-Stadträtin und ihre Mitstreiterinnen organisieren in Donaueschingen die Veranstaltungen rund um den Weltfrauentag. „Jeden dritten Tag stirbt in Deutschland eine Frau durch die Hand eines Mannes“, sagt Zwetschke.
Bei der Gleichberechtigung sieht sie noch „massig Baustellen“. So verdienten Frauen für die gleiche Arbeit meist weniger. „Frauen in Führungspositionen sind nicht die Regel und es ist immer noch schwierig, dass in einer Beziehung beide Partner mit den gleichen Aufgaben betraut werden“, so Zwetschke.
Die IHK-Präsidentin: Vereinbarkeit muss besser werden
Birgit Hakenjos ist Präsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwarzwald-Baar-Heuberg. Sie sagt: „Wir müssen bessere Möglichkeiten für die Beschäftigung von Frauen schaffen. Zu viele kehren nach der Elternzeit nicht oder nur mit geringem Umfang in den Beruf zurück, obwohl ihre Qualifikation dringend gebraucht wird.“

Für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf insbesondere brauche es ein verlässliches, flexibles und gut ausgebautes Kinderbetreuungsangebot. Und sie fordert: „Darüber hinaus benötigen wir ein modernes Einkommenssteuerrecht, das Frauen stärkere Anreize bieten sollte, ins Berufsleben zurückzukehren.“
Die Unternehmerin: Hinter den Kulissen sieht es oft anders aus
Tanja Hezel war bis vor Kurzem Geschäftsführerin eines Recyclingunternehmens in Mönchweiler. „Ich finde diesen Tag außerordentlich“, sagt sie. „Auch wenn es in Deutschland den Anschein hat, dass wir dem Thema Gleichberechtigung sehr offen gegenüberstehen, ist es hinter den Kulissen oftmals bedauerlicherweise nicht der Fall.“

„Ich bin allerdings der Meinung, dass beide Geschlechter einen viel größeren Nutzen davon haben, sich zu ergänzen und zu unterstützen, statt zu unterdrücken“, sagt die Unternehmerin, die ihren Abschluss als Master of Business Administration (MBA) gemacht hat.
Die Frauenrechtlerin: Blumenstrauß reicht nicht
„Es braucht einen Tag, an dem Impulse gesetzt werden“, sagt Gabriele Höck. Sie ist Präsidentin der Soroptimistinnen Villingen-Schwenningen – berufstätige Frauen, die sich für die Bedürfnisse von Mädchen und Frauen engagieren. „Es ist ein wichtiger Tag, an dem es uns darum geht, auf Missstände aufmerksam zu machen.“ Mit einem Blumenstrauß vom Mann sei es da nicht getan.

„Es rührt mich, wenn alle Frauen auf der Welt aufstehen und sagen, es gibt noch viel zu tun. Ich finde das sehr wichtig.“ Gleichzeitig sei der Tag auch ein Anlass für Frauen, sich selbst zu feiern, sagt Höck.
Die Wissenschaftlerin: Der Tag wurde hart erkämpft
Birgit Fritz ist Akademische Mitarbeiterin der Fakultät Medical and Life Sciences an der Hochschule Furtwangen University. „Ich denke, der Weltfrauentag ist nach wie vor wichtig, da es immer noch keine umfassende geschlechtliche Gleichstellung gibt“, sagt sie.

„Der Tag wurde hart erkämpft und es wäre durchaus schön, wenn diese Aktionen auch hier nicht mehr nötig wären, weil es eine tatsächliche Gleichberechtigung gäbe, keinen Gender-Pay-Gap, keine sexualisierte Gewalt und keine maskuline Dominanz in so vielen Bereichen“, sagt Fritz.