Sie ist meistens rechteckig, besteht aus hochwertigem Papier und zahlreichen chemischen Stoffen und Farben. Die derzeitige Serienbriefmarke ist 21,5 Millimeter breit, 30,13 Millimeter hoch und wird seit jeher in der Bundesdruckerei gefertigt. Auf der ganzen Welt gibt es Sammler, die seltene Stücke suchen, kaufen, verkaufen oder tauschen. Auch in St. Georgen haben sich Liebhaber der Szene zusammengetan, um über Briefmarken zu fachsimpeln. Es war, ist und bleibt eine Suche – eine Suche nach dem großen Schatz.

"Früher waren besondere Briefmarken eine Wertanlage, heute ist das nicht mehr so", beschreibt Hans-Rüdiger Kohn, während er über die gute alte Zeit laut nachdenkt. Die Zeiten ändern sich eben, dagegen könne man nichts tun. "Wir leben aber im Hier und Jetzt. Uns macht das Hobby jetzt Spaß. Deshalb denken wir eigentlich nicht darüber nach, ob und wann es den Verein nicht mehr geben sollte", sagt Kohn. Irgendwann – das ist sicher – werden auch sie die ausgestorbenen Schicksale der Briefmarkensammelvereine aus Triberg, Trossingen oder Villingen mit Sicherheit teilen.

Schon in seiner Schulzeit ist Kohn auf die Briefmarke gekommen. Damals ist Sammeln Trend gewesen, "jeder hat mitgemacht – auch ich." Gelernt hat er von einem alten Hasen im Geschäft. "Wir hatten einen Lehrer an der Robert-Gerwig-Schule", erinnert sich Kohn, "der eine AG zu den Briefmarken gegründet hat. Bei dem haben wir Kinder damals gelernt, wie man richtig sammelt." Und dieses Sammeln ist gar nicht so einfach, wie die meisten wohl denken.

Ordnung muss sein: Feinsäuberlich sind die Marken hier eingeheftet.
Ordnung muss sein: Feinsäuberlich sind die Marken hier eingeheftet. | Bild: Küster, Sebastian

Briefmarken haben viele Unterscheidungsmerkmale, die ein Laie nicht kennt: angefangen mit Fehldrucken, Fehlfarben und gestempelten oder ungestempelten Ausgaben, bis hin zu verschiedenartiger Gummierung der Briefmarkenrückseite.

Wenn der Stempel auf dem frankierten Brief keinen Wert hat, muss die Marke vom Papier gelöst werden. Dafür wird der Brief in lauwarmes Wasser gelegt, damit sich die Briefmarke löst. Damit sie sich anschließend nicht verformt, wird sie für einige Tage zwischen Büchern gepresst. Danach wird sie in ein Briefmarken-Sammelalbum eingeheftet.

"Die Briefmarken der heutigen Zeit sind für uns uninteressant, weil sie sehr häufig vorkommen", sagt Hans-Rüdiger Kohn. Für seltene, alte Briefmarken geben die Sammler hingegen gerne Geld aus. Kohn war lange in der Feuerwehr aktiv und beschäftigt sich deshalb am liebsten mit Motiven der Floriansjünger. Ein Mal im Jahr trifft er sich sogar mit einem Expertenteam aus ganz Europa, das sich für diese spezielle Leidenschaft begeistert. "Ich habe ein ganzes Zimmer voll mit Briefmarken. Das geht in die Millionen. Es sind so viele, dass ich bisher nicht alle unter die Lupe nehmen konnte", erklärt Kohn. Im Internet, oder bei großen Firmen, bestellt er sich kiloweise alte Briefumschläge und flüstert mit einem Lächeln: "Es könnte schon sein, dass sich da ein wertvoller Schatz versteckt. Die Chance darauf ist aber verschwindend gering", sagt er. Trotzdem mache für ihn diese Suche nach dem einen goldenen Fund den Reiz des Hobbys aus.

Der Briefmarkensammelverein wurde im Jahr 1931 gegründet. Wie viele Gründungsmitglieder die Gemeinschaft hatte, kann Kohn nicht mehr rekonstruieren. In der Festschrift zum 75-jährigen Vereins-Bestehen steht, dass man sich kurz vor der Gründung noch in Privatwohnungen und später im ehemaligen Café Kammerer zum Tausch getroffen hatte. Es seien nur gestempelte Marken gesammelt worden, für postfrische hätten die meisten kein Geld übrig gehabt.

Michaela März ist im Vergleich zu Kohn und den anderen erst seit Kurzem im Briefmarkensammelverein aktiv. Sie beschäftigte sich zunächst gezwungenermaßen mit den Postwertzeichen, wie sie berichtet: "Ich habe von meinem Vater ganz viele geerbt. Dann habe ich mich damit natürlich beschäftigt, kam in die Gruppe, um mich zu informieren und bin dann hier hängen geblieben." Zwei Mal im Monat treffen sich die Vereinsmitglieder, um sich über ihr Hobby auszutauschen. "Man lernt hier nicht nur viel über die Briefmarken selbst, sondern auch über Geografie und Geschichte. Das macht das Sammeln auch aus", erklärt März, die sich bei den vollen Alben der langjährigen Sammler gerne bedient, wenn sich das ein oder andere Exemplar doppelt.

Nicht nur Briefmarken werden von interessierten Sammlern als kleine Schätze gesammelt. Einige haben sich den Postkarten verschrieben. Auch hier werden verschiedenste Motive gesucht, gesammelt und getauscht. Herbert Selgrad ist auf eine seiner Postkarten besonders stolz. 1954, das Wunder von Bern, Wankdorf-Stadion, Finale der Fußballweltmeisterschaft. "Ich war selbst live dabei, als wir Weltmeister wurden und habe die abgestempelte Karte als Erinnerung mitgebracht", sagt er. Wie viel genau sie heute Wert ist, könne Selgrad zwar nicht sagen, für ihn persönlich bedeute sie aber sowieso mehr, als es Geld jemals Wert sein könnte.

Herbert Selgrad zeigt besondere Postkarten. Unter anderem eine vom WM-Finale 1954, er war live dabei.
Herbert Selgrad zeigt besondere Postkarten. Unter anderem eine vom WM-Finale 1954, er war live dabei. | Bild: Küster, Sebastian