In der Zeit, als es noch keinen elektrischen Strom gab, dienten die aufgewickelten Kerzenstränge, Wachsstöcke genannt, als Lichtquelle. Darüber würde man heute kaum noch sprechen, wenn sich die Wachsstöcke nicht zu einem beliebten religiösen und weltlichen Geschenk entwickelt hätten. Johannes Schön aus St. Georgen sammelt die Objekte seit vielen Jahren und zeigte und erklärte sie nun im Tennenbronner Heimathaus. Die Besucher konnten auf Texttafeln Wissen über die Formen und Verziertechniken erlangen.

Gegenüber einer Kerze hatte der Wachsstock wesentliche Vorteile: Man brauchte keinen Kerzenhalter, konnte ihn gut in die Tasche stecken und er hatte eine lange Brenndauer. Wachsstöcke leuchteten daheim und im Gotteshaus. Bei den Frühmessen oder abendlichen Rosenkränzen stellte man sie auf den Betstuhl und im Schein des Kerzenlichts wurde im Gebetbuch gelesen. In der kalten Jahreszeit konnte man an der Flamme die Finger wärmen.

Maria Lichtmess, der 2. Februar, ist als Fest seit dem fünften Jahrhundert bekannt und beschließt nach 40 Tagen die Weihnachtszeit. Mit einer Lichterprozession wurden Wachsstöcke und Kerzen geweiht, die die Gläubigen von der Geburt bis zum Tod als Tauf-, Kommunion-, Braut- und Sterbekerze begleiteten. Aber auch in Gefahren wurden Kerzen angezündet, etwa bei Gewitter oder Krankheit.

In der bäuerlichen Welt hatte Maria Lichtmess eine andere Bedeutung. Die Mägde und Knechte erhielten ihren Jahreslohn und der Bauer teilte mit, ob sie weiter bei ihm arbeiten konnten. Wachsstöcke waren Geschenke für gute Dienste. Manche Magd erhielt vom Knecht eines zum Dank für das Ausschütteln seines Strohsacks oder das Bettmachen. Verheiratete Frauen stellten Wachsstöcke im Herrgottswinkel oder im Aussteuerschrank aus. Die meisten waren mit religiösen Motiven verziert und wurden zur Weihe auf eine Wallfahrt mitgenommen. Es gab aber auch weltlichen Zierrat: Ornamente, Blumen oder ein Eisernes Kreuz für einen Kriegsteilnehmer. In der Blütezeit um 1900 wurden Wachsstöcke zu allen Anlässen geschenkt, als Dank, zur Hochzeit und Taufe oder zu Weihnachten. Außerdem gab es sie als Wallfahrtsandenken. Das älteste Stück von Johannes Schön trägt die Aufschrift „Zur Erinnerung an den 29. Juli 1872“.

Die Ausstellung ist am Sonntag, 3. Dezember, im Tennenbronner Heimathaus ein zweites Mal zu sehen.