Kompliment, Sie sehen richtig gut aus. Waren die Einheiten im Trainingslager zu lasch?
Christian Günter: (lacht) Überhaupt nicht. Trainingslager ist für Fußballer nicht das Schönste und man nimmt die täglichen Steigerungen im Programm auch wahr. Aber mir geht es richtig gut. Alle Fitnesswerte sind total positiv. Ich habe die lange Freizeit zwischen Saisonende und Trainingsauftakt zu einem ausgiebigen Urlaub mit der Familie in Südtirol genutzt...
.... und haben da festgestellt, dass das Leben als Papa von zwei kleinen Töchterchen auch sehr anstrengend sein kann?
Christian Günter: Allerdings. Da wird man demütig. Es ist sagenhaft, was meine Ehefrau Katrin das Jahr über leistet.
Und woher kommt nun die Früh-Fitness?
Christian Günter: Mein Körper hat sich total regeneriert. Und ich habe auch in der Freizeit viele Trainingseinheiten geschoben.
Das ist Ihre Reaktion darauf, dass Sie in der Schlussphase der vergangenen Saison sechsmal zusehen mussten, wie Jordy Makengo auf Ihrer Position startete?
Christian Günter: Zunächst mal: Das Thema wurde außen größer gemacht, als ich es wahrgenommen habe. Klar, man ist schon verwöhnt, wenn man über Jahre hinweg fast immer von Anfang an spielen durfte. Aber Jordy und auch ich haben im Training immer alles gegeben und am Ende ist es die Entscheidung des Trainers. Julian (Schuster; die Red.) hat sich dann für Jordy entschieden.
Das klingt so einfach. Hat Sie das nicht gewurmt?
Christian Günter: Fußball ist ein Teamsport, da gibt es auf vielen Positionen ein Hauen und Stechen. Es ist dann ja auch keine Entscheidung gegen einen Spieler, sondern vielmehr eine für den anderen. Wichtig ist, dass die Entscheidungen des Trainers angenommen werden und dem Team auch von der Bank maximale Unterstützung gegeben wird. Ich glaube, das habe ich getan.
Dafür hat Sie Trainer Schuster auch ausdrücklich als Vorbild gelobt. Jetzt wollen Sie aber wieder zurück aufs Spielfeld. Sie sprechen von maximalem Druck, den Sie ständig ausüben wollen. Was muss man darunter verstehen?
Christian Günter: Zu einhundert Prozent jeden Tag Gas geben, in jedem Training ans Limit gehen, ausnahmslos. Das macht Jordy auch, aber wenn wir uns gegenseitig anstacheln, uns gegenseitig dadurch verbessern, dann ist das doch gut für uns Spieler, gut für den Trainer und gut für die Mannschaft. Harten Kampf um die Plätze gibt es bei uns doch inzwischen nahezu auf allen Positionen. Und am Ende können immer nur elf anfangen.
Und fünf im Laufe der 90 Minuten dazu kommen. Dafür ist der momentane Kader aber noch zu groß?
Christian Günter: Ich denke schon, dass sich noch etwas tun wird.
Sie meinen Abgänge? Weiß der Kapitän mehr?
Christian Günter: Nein, auf keinen Fall. Ich führe ja keine Transfergespräche (lacht). Das ist allenfalls die Sache der Spieler, die uns vielleicht noch verlassen wollen.
Ein großer Kader ist angesichts der Dreifachbelastung Bundesliga, DFB-Pokal und Europa League sicher eine gute Sache. Gibt es denn eine Hierarchie der Wettbewerbe?
Christian Günter: Die Basis ist die Bundesliga, der Pokal immer eine große Chance auf einen Erfolg und die Europa League eine außergewöhnliche Möglichkeit, tolle Erlebnisse zu machen. Acht Spiele, davon vier auswärts, vier Reisen in hoffentlich vier unterschiedliche Länder, da werden bestimmt auch Kracher dabei sein. Da denkt dann auch niemand von uns an Dreifachbelastung. Auf jeden Fall wollen wir in jedem Wettbewerb so gut wie möglich abschneiden.
Wo will der SC Freiburg hin in der Bundesliga? Das Saisonziel Klassenerhalt wie in der Vergangenheit wäre doch reine Tiefstapelei.
Christian Günter: Das hat gar nichts mit Tiefstapelei zu tun. Wir haben doch in jüngerer Vergangenheit Beispiele gesehen, wie schnell es schwierig werden kann. Heute Qualifikation für die Champions League, morgen Kampf um den Klassenerhalt oder nur noch Mittelplatz in der Liga. Aber wir nennen unser Ziel inzwischen anders.
Und das wäre?
Christian Günter: Wir sagen, dass wir uns die Liga verdienen wollen. Das trifft‘s besser auf den Punkt und hört sich auch besser an.
Jetzt noch persönlich zu Ihnen. Sie sagen, dass Sie fit sind und vermitteln auch den Eindruck. Und Ihr verletzter Arm, wie geht es dem? (Günter musste im Sommer und Herbst 2023 zweimal nach Brüchen operiert werden, beim zweiten Mal wurde entdeckt, dass sich eine bakterielle Infektion eingenistet hatte; die Red.)?
Christian Günter: (ernst) Hundertprozentig wird es nicht mehr werden. Ich habe Bewegungseinschränkungen, einige Kraftübungen kann ich nicht mehr machen und ich fühle an vielen Stellen nicht mehr richtig. Aber ich kann mit meinen Kindern spielen und Fußball spielen auch. Sagen wir es so: Ich bin im Hier und Jetzt und will gar nicht mehr darüber nachdenken, was alles hätte passieren können.
Und Sie greifen als Fußballer weiter an.
Christian Günter: Genau. Ich will auf den Platz, mit allem Einsatz und vor allem mit Ehrgeiz. Den werde ich nicht verlieren. Und wenn doch, dann wäre es ja ohne Sinn und an der Zeit, sofort aufzuhören.