Es ist rund 380 Seiten dick, bietet viele Informationen rund um Villingen-Schwenningen, über Schwimmbäder und Denkmäler, die historische Villinger Innenstadt sowie Vereine und Freizeiteinrichtungen: das Bürgerbuch.
Namens-, und Straßenverzeichnis
Daneben bietet der Wälzer aber auch Informationen, die so manchem Bürger gar nicht recht sein dürften. Denn wer keinen schriftlichen Widerspruch bei der Meldebehörde eingelegt hat, wird darin nicht nur im alphabetischen „Namensverzeichnis Villingen-Schwenningen„ aufgeführt. Im Straßenteil kann gleichwohl recherchiert werden, wer alles unter einem Dach lebt – zumindest, wenn die betroffenen Personen das 18. Lebensjahr vollendet haben.
Kritik von Datenschützern
Datenschützer sehen Einwohnerbücher schon seit Längerem kritisch, vor allem, weil ein so genanntes Opt-Out nötig ist, um in den Büchern nicht aufgeführt zu werden. Der Begriff aus dem Marketing besagt, dass einer Person Werbung zugesandt werden kann oder persönliche Daten gespeichert werden, sofern der Betroffene dem nicht aktiv widersprochen hat. Das heißt im Umkehrschluss: Wer einfach gar nichts macht, wird – beginnend mit der Volljährigkeit – im Einwohnerbuch mit Familiennamen, Vornamen, Adresse, und womöglich vorhandenem Doktorgrad genannt.
Wer wohnt in einem Haus?
Dass Frau X und Herr Y im selben Haus in der Z-Straße wohnen, klingt erst einmal nicht besonders spektakulär und schützenswert. Was aber, wenn Frau X nicht möchte, dass man herausfinden kann, dass sie mit Herrn Y zusammen lebt, weil ihr einstiger Lebensgefährte sie stalkt und verfolgt
Rund 3000 Widersprüche
Längst nicht alle Bürger sind damit einverstanden, im doppelstädtischen Bürgerbuch gelistet zu sein. „Aktuell wurde bei insgesamt 3170 Personen im Melderegister eine Presse- beziehungsweise Adressbuchsperre eingetragen“, sagt Madlen Falke von der Pressestelle der Stadt.
Alters- und Ehejubilare
Pressesperren beziehen sich auf Alters- und Ehejubilare: ab dem 70. Lebensjahr beziehungsweise ab dem 50. Hochzeitstag werden die Daten an die örtliche Presse weitergegeben. Alle Sperren – persönlich, schriftlich oder per E-Mail – gelten bis auf Widerruf. Jährlich machen etwa 100 Personen von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch, sagt Madlen Falke. In den meisten Fällen würden dann Presse-, Adressbuch- und Parteisperre gleichzeitig beantragt.
Auch Parteien fragen ab
Nicht nur das Bürgerbuch gibt Auskunft über Personen. Auch die Meldebehörde darf Auskunft geben, beispielsweise an Parteien. Zwar mit Einschränkungen, aber sie darf. Festgeschrieben ist das im Paragraf 50 des Bundesmeldegesetzes. So ist es beispielsweise möglich, in den sechs Monaten vor einer Wahl oder Abstimmung bestimmte Altersgruppen abzufragen, etwa Erstwähler.
Geburtsdaten sind tabu
Die Geburtsdaten dürfen dabei nicht mitgeteilt werden, ebenso wenig wie die Daten aller Wahl- oder Stimmberechtigten. Umsonst ist das nicht: Die Gebühr für Gruppenauskünfte richte sich grundsätzlich nach dem Zeitaufwand und betrage rund 120 Euro, sagt Madlen Falke. Im Rahmen der Europa- und Kommunalwahl seien Gruppenauskünfte von nur einer Partei angefordert worden. Auch Unternehmen können Daten abfragen. Hierfür muss aber ein öffentliches Interesse bestehen.
Private Anfragen möglich
Grundsätzlich kann sich jeder an die Meldebehörden wenden, etwa, um ein verschollenes Familienmitglied zu finden. Das nennt sich dann „einfache Melderegisterauskunft“. Auch sind Auskunftssperren möglich: Etwa, wenn durch eine Auskunft „Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann“, wie es im Gesetzestext heißt. Dann kann auf Antrag oder von Amts wegen eine Sperre erlassen werden.
Widerspruch
Die Verbraucherzentrale bietet auf ihrer Internetseite zahlreiche Musterschreiben in korrekter Form an, darunter auch eines, mit dem man Widerspruch gegen die Datenweitergabe durch die Meldebehörde einlegen kann. Dazu muss man lediglich den Text aus dem hinterlegten PDF-Dokument in ein Textverarbeitungsprogramm wie Word, Pages oder Open Office kopieren, diesen mit den korrekten Adress- und Absenderdaten ergänzen und an die jeweilige Kommune schicken.
Das Musterschreiben ist hier zu finden:
https://www.verbraucherzentrale.de/sites/default/files/migration_files/media217221A.pdf