Acht Monate Afghanistan, vier Monate Tanzania und jetzt drei Monate Haiti. Die Villinger Kinderärztin Gudrun Adams bricht innerhalb von zwei Jahren am Sonntag zu ihrem dritten Hilfseinsatz auf. Dieses Mal ist das Ziel Port-au-Prince. In Haitis Hauptstadt betreibt die humanitäre Organisation "Ärzte ohne Grenzen" eine Container-Klinik für 400 bis 500 Frauen mit Risikoschwangerschaften. Daran angeschlossen ist eine Geburten-Abteilung, das künftige Hauptbetätigungsfeld von Adams.
Wenn sie von ihrem Engagement erzählt, dann geht einen Ruck durch ihren Körper: Man könnte schnell vergessen, dass die lebenslustige Frau dieses Jahr 65 wird und dass die Herausforderungen enorm sind: Wochenarbeitszeiten bis 55 Stunden im kriegszerrissenen Afghanistan waren die Regel und auch auf der Karibikinsel rechnet sie damit, dass sie auf mehr als eine im Vertrag festgeschriebene 40 Stunden-Woche kommt. Als "körperlich heftig", schildert sie ihre Einsätze bisher, aber dennoch hat sie sich wieder bei "Ärzte ohne Grenzen" gemeldet. Es sei anstrengend und gleichzeitig unendlich bereichernd – "es bringt mir so viel". Daher bricht sie wieder mit vielen Erwartungen und einem Reisegepäck von nur 20 Kilo, mit Stethoskop und Ohrspiegel ausgerüstet, in die Karibik auf.
Die Villingerin, die lieber französisch als englisch spricht, hat sich für das Land auch wegen der Sprache entschieden. Sie freut sich darauf, denn der VHS-Lehrer, der ihre Sprachkenntnisse in der Doppelstadt aufpolierte, ist Haitaner und so hat sie auch einige Adressen seiner Familienangehörigen mit dabei. Sie weiß, dass das Land einst zu den reichsten Kolonien Frankreichs gehörte und jetzt zu den ärmsten Ländern der Region zählt. Sie weiß, dass Patienten sterben, die hier "ohne große Probleme überleben würden." Aber sie wird auch vielen Säuglingen helfen, auch wenn ihr nicht die modernen Geräte wie in Deutschland zur Verfügung stehen. So kann sie nicht auf eine Beatmungsmaschine für Frühchen zurückgreifen, sondern muss ein Gerät nutzen, dass Sauerstoff aus der Luft gewinnt.
Der Aufgabe fühlt sie sich dieses Mal in besonderem Maß gewachsen, arbeitete sie doch in den Kinderkliniken von Villingen und Augsburg, bevor sie Friedrich Bettecken, der beliebte und im vergangenen Jahr verstorbene Leiter des Kinderkrankenhauses, in die Zähringerstadt zurückholte. Hier war sie als Oberärztin tätig – unter anderem mit dem Schwerpunkt Neonatologie, also befasst mit der Behandlung von Frühgeborenen und kranken Säuglingen. Danach betrieb sie sie von 1993 bis 2014 eine Kinderarzt-Praxis in der Färberstraße.
Schon damals spendete sie regelmäßig für "Ärzte ohne Grenzen" und der Schritt, sich der Organisation anzuschließen, lag nahe. Jetzt für ihren dritten Aufenthalt sollte sie in ein Flüchtlingslager in den Libanon geschickt werden, doch ihre Wahl fiel auf Haiti. Die geliebte Bratsche wird sie nicht mitnehmen, dazu sei das Klima zu tropisch-feucht. Doch das E-Book und ein Buch von Frank Schätzing wird nicht fehlen. Zwar hilft Adams nicht in einem Kriegsgebiet, doch die Kleinkriminalität in dem bitterarmen Land, das nach dem Erdbeben 2010 in die Schlagzeilen geriet, ist hoch. Dennoch hofft sie, dass sie an ihrem freien Tag reisen kann und noch etwas vom Land sieht. Nicht völlig ausgeschlossen ist es, dass sie erneut ihren Dienst verlängert.
Ärzte ohne Grenzen
Ärzte ohne Grenzen leistet medizinische Hilfe in Ländern, in denen das Überleben von Menschen durch Konflikte, Epidemien oder natürliche Katastrophen gefährdet ist. Die Organisation der mutigen Mediziner, die weltweit im Einsatz sind, genießt einen hervorragenden Ruf. Wer die Arbeit der Villinger Medizinerin Gudrun Adams unterstützen möchte, sollte hier spenden, das ist ihr eigener Wunsch: Auf dieser Internetseite finden Sie die wichtigsten Informationen und das Spendenkonto der Hilfsorganisation: www.aerzte-ohne-grenzen.de