Beim routinemäßigen Blick in die Babyklappe im St. Franziskusheim in Schwenningen zuckt Joachim Spitz von der ProKids-Stiftung auf einmal wie elektrisiert zusammen. „Die Unterlagen sind weg“, sagt er zur Nicole Kretzschmar, der Leiterin des Seniorenheims.

Möglicherweise wurden sie entnommen von einer schwangeren Frau, die sich in einer verzweifelten Notlage befindet und überlegt, ob sie ihr Kind hier abgeben soll. Ein naheliegender Schluss. „Wir hatten in letzter Zeit zwei Fehlalarme“, fällt Nicole Kretzschmar dazu spontan ein.

So sieht die Babyklappe im Innern des St. Franziskusheims aus. Sie ist durch einen Schrank in einem Vorratsraum eingefasst. Wird ein ...
So sieht die Babyklappe im Innern des St. Franziskusheims aus. Sie ist durch einen Schrank in einem Vorratsraum eingefasst. Wird ein Kind von außen hineingelegt, geht im Haus ein Alarm runter und Mitarbeiterinnen kümmern sich um den Findling. Hier Joachim Spitz, der Initiator der Babyklappe, mit Nicole Kretzchmar, der Leiterin des St. Franziskusheims. | Bild: Stadler, Eberhard

Wenn eine Person eine solche Information aus der Klappe holt, beschäftigt sie sich möglicherweise mit solchen Überlegungen. Joachim Spitz, der Initiator der Babyklappe und Vorsitzender des Pro-Kids-Stiftungsrates, will dies nicht ausschließen. Zumal die Erfahrung lehrt, dass rund alle zwei Jahre ein Säugling anonym in die Babyklappe am Seiteneingang des St. Franziskusheims gelegt wird. Bereits sechs Mal war dies der Fall. Ein siebtes Mal scheint nur eine Frage der Zeit.

Sie könnte es aussehen, wenn eine Mutter ihr Kind in die Babyklappe gelegt. Dieses Archivbild wurde vor einigen Jahren gestellt.
Sie könnte es aussehen, wenn eine Mutter ihr Kind in die Babyklappe gelegt. Dieses Archivbild wurde vor einigen Jahren gestellt. | Bild: Joachim Spitz

Daher ist Joachim Spitz erleichtert, dass die Sanierungsarbeiten an der Gebäudefassade des Franziskusheims beendet sind. Wochenlang war die Fassade mit einem Gerüst abgedeckt. Das Hinweisschild auf die Babyklappe an der Hausfront war damit nicht mehr richtig erkennbar. „Jetzt ist wieder alles um die Klappe herum klar sichtbar, gepflegt und sauber“, freut er sich.

Die Babyklappe am St. Franziskusheim befindet sich in diesem Schrank mit dieser Beschriftung.
Die Babyklappe am St. Franziskusheim befindet sich in diesem Schrank mit dieser Beschriftung. | Bild: Stadler, Eberhard

Der Unternehmer, der vor Jahren auch die Pro-Kids-Stiftung ins Leben gerufen hat, um bedürftigen Kindern zu helfen, will keine Mutter und keinen Vater dazu animieren, ihr Kind in eine Babyklappe zu legen. Ihm ist es aber wichtig, dass die Existenz dieser Einrichtung als „ultima ratio“ bekannt ist. Damit kein Kleinkind sterben muss, nur weil eine Mutter vielleicht keinen Ausweg wusste.

Joachim Spitz ist stolz, dass er die Babyklappe im Jahr 2010 initiiert hat. Sechs Kinder wurden damit möglicherweise das Leben gerettet.
Joachim Spitz ist stolz, dass er die Babyklappe im Jahr 2010 initiiert hat. Sechs Kinder wurden damit möglicherweise das Leben gerettet. | Bild: Stadler, Eberhard

Die Lage der Babyklappe in der Neckarstraße 71 hält er für sehr gut, da sie diskret ist. „Ich bin mega dankbar, dass die Stiftung Heiligenbronn, die das Franziskusheim führt, uns diese Einrichtung ermöglicht hat“, sagt Joachim Spitz.

Blick auf das Franziskusheim in der Neckarstraße 71 in Schwenningen. Die Fassade des Seniorenpflegeheims wurde erneuert.
Blick auf das Franziskusheim in der Neckarstraße 71 in Schwenningen. Die Fassade des Seniorenpflegeheims wurde erneuert. | Bild: Stadler, Eberhard

Wenn tatsächlich der Fall eintritt, dass ein Baby anonym in der Klappe gelegt wird, geht im Pflegeheim St. Franziskus ein Alarm runter. Das Heimpersonal, so berichtet Heimleiterin Nicole Kretzschmar, ist auf diesen Fall vorbereitet und weiß, was es zu tun hat. Anschließend geht das Kind in die Obhut des Rettungsdienstes und des Klinikums.

An der Babyklappe hängen diese Handlungs- und Ablaufanweisungen für das Personal des St. Franziskusheims und für andere Helfer.
An der Babyklappe hängen diese Handlungs- und Ablaufanweisungen für das Personal des St. Franziskusheims und für andere Helfer. | Bild: Stadler, Eberhard

Später erfolgt die Unterbringung in einer Pflegefamilie, bevor das Kind zur Adoption freigegeben wird. Die Adoptionsfamilien, so hat Spitz erfahren, „gehen damit offen um und erzählen es den Kindern“.

Nach seiner Kenntnis geht es den sechs Kindern bestens: „Sie wachsen toll auf, denn die Adoptiveltern haben lange darauf gewartet“. Für ihn sind es Glücksbotschaften: „Genau deshalb haben wir es gemacht: Damit sie ein gutes Leben haben können.“

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